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Luzern

Kanton Luzern lockert Gülle-Regeln für den Winter

Nach nur einem Jahr mit strengem Regime dürfen Luzerner Bauern ihre Jauche im Winter wieder früher ausbringen. Der Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverband begrüsst die Lockerungen.
Auf gefrorene, durchnässte oder mit Schnee bedeckte Böden dürfen Landwirte weder Gülle noch Mist ausbringen.  (Symbolbild: Arno Balzarini/Keystone)

Lukas Nussbaumer

Während der Vegetationsruhe dürfen Landwirte grundsätzlich weder Gülle noch Mist ausbringen. Haben die Pflanzen in dieser Zeit jedoch einen Nährstoffbedarf, sind Ausnahmen möglich. Wann die Vegetationsruhe als unterbrochen gilt, hat der Kanton Luzern im November 2019 in einer «Checkliste für den Umgang mit Hof- und Recyclingdüngern» exakt definiert. Nun hat er diese Regeln nach nur einem Jahr Gültigkeit bereits gelockert, wie die Dienststelle Landwirtschaft und Wald in einem Newsletter mitgeteilt hat.

So dürfen Luzerner Landwirte neu auf Äckern mit gut entwickeltem Wintergetreide und Raps schon ab dem 15. Februar Gülle ausbringen – und nicht erst ab März. Für Wiesen und Weiden wird das Gülleverbot auf die Zeit zwischen dem 1. Dezember und dem 1. März eingegrenzt, ausser die Tagesmitteltemperatur liegt im Durchschnitt während mindestens sieben aufeinanderfolgenden Tagen bei über 5 Grad. Dann ist die Vegetationsruhe beendet und der Austrag von Gülle ist möglich.

Der Zeitpunkt für den Einsatz von Mist und Kompost wurde ebenfalls nach vorne geschoben: vom 1. März auf den 1. Februar. Auch für diese Hofdünger können zwischen dem 1. Dezember und dem 1. Februar keine besonderen Bedürfnisse des Pflanzenbaus geltend gemacht werden.

Bauernverband übte massiven Druck aus

Die Lockerungen nähren die Vermutung, die Dienststelle Landwirtschaft und Wald habe dem Druck des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbands nachgegeben. Dieser kritisierte das erste Merkblatt in der Fachpresse hart und sprach von «naturfremden Vorschriften». Insbesondere das Gülleverbot vor dem 1. März stiess dem Verband sauer auf. Dadurch werde jegliche Flexibilität verhindert, weil das Ausbringen von Gülle und Mist bei milden Temperaturen im Februar generell verboten sei, liess sich der damalige Präsident Jakob Lütolf zitieren.

Franz Stadelmann, Fachbereichsleiter Natürliche Ressourcen bei der Dienststelle Landwirtschaft und Wald, bestätigt den Aufruhr in Bauernkreisen und sagt, es habe «massive Kritik» gegeben. Von einem Einknicken könne aber nicht die Rede sein. «Nach einem ersten Wurf müssen Feinjustierungen möglich sein. Und das haben wir nun gemacht.» So sei die Vorverlegung auf den 15. Februar für das Güllen von Getreide- und Rapsfeldern von der Forschung empfohlen. «Es würde ja keinen Sinn machen, diese Äcker mit Kunstdünger zu versorgen, wenn Gülle vorhanden ist und die Witterungs- und Bodenbedingungen die Ausbringung erlauben», sagt Stadelmann.

Auffällig ist, wie unterschiedlich die Kantone das Ausbringen von Gülle und Mist im Winter regeln. Den Grundsatz des Verbots während der Vegetationsruhe, wo Pflanzen keinen Stickstoff aufnehmen können, kennen alle zuständigen Ämter und Dienststellen. Die meisten verzichten jedoch auf das Festlegen von Terminen, darunter die restlichen Zentralschweizer Kantone, aber auch Zürich oder Aargau. Für den promovierten Agronomen Franz Stadelmann machen diese unterschiedlichen Vorgaben jedoch Sinn. Schliesslich sei die Tierdichte in den einzelnen Regionen verschieden hoch.

Bauern sprechen von Richtigstellungen und nicht von Lockerungen

Bei den Bauern kommt die neue Checkliste besser an als die alte. Stefan Heller, Geschäftsführer des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbands, spricht jedoch nicht von Lockerungen, sondern von «fachlich begründeten Richtigstellungen».

Heller zweifelt etwas an der Methodik der Temperaturregeln. So hätten Landwirte aufgrund der alten Checkliste während der überdurchschnittlich warmen Weihnachtstage im vergangenen Jahr Gülle ausbringen dürfen – «etwas, das nun wirklich niemand will». Zudem gebe es im Kanton Luzern nur sechs Temperaturmessstandorte, was zu Rechtsunsicherheiten führe.

Welche Messstelle etwa für Luthern oder das Entlebuch gelte, sei im landesweit einzigartig detailliert ausgestalteten Merkblatt nicht definiert worden. Das habe denn auch zu mehr als einer Handvoll Anzeigen geführt, die bei einem Landwirt zu Bussen und Unkosten von über 7000 Franken geführt hätten. Neben einer Busse müssen die Angezeigten auch eine Kürzung der Direktzahlungen hinnehmen.

Erneut wenig Gewässerverunreinigungen wegen Gülle

Nach Gesprächen mit der Dienststelle für Umwelt und Energie sowie der Umweltschutzpolizei, die zu einer Änderung der Checkliste geführt hätten, könne er nun bilanzieren:

«Mit den angepassten Regeln können die Bauern leben.»

Wie die Dienststelle Landwirtschaft und Wald befänden sich auch die Landwirte stets im Spannungsfeld der unterschiedlichen Interessen von Umweltverbänden, Fischern, Jägern und den Dienststellen des Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartements. Das brauche manchmal schon viel Kraft, sagt Heller. Und betont: «Weil die Positionen derart verschieden sind, ist ein gesunder Dialog umso wichtiger.»

Neben den angepassten Gülle-Checkliste können die Bauern Ende dieses Jahres einen zweiten Erfolg verbuchen: Die Zahl der Gewässerverunreinigungen durch Gülle ist mit 19 erneut sehr tief. Noch 2013 war sie mit 35 fast doppelt so hoch. Für Heller sind diese tiefen Zahlen «ein Resultat der Anstrengungen, welche die Bauern in den letzten Jahren unternommen haben».

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