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Nidwalden

Kantischüler Navid Kerber steht mit einem Bein im Final von Schweizer Jugend forscht

Er sieht selbst sehr schlecht und schreibt deshalb viel zum Thema Kurzsichtigkeit. Sogar Optiker schenken ihm Beachtung. Mit seiner Maturaarbeit steht er nun kurz vor dem nationalen Durchbruch.
Navid Kerber am Kollegium St.Fidelis in Stans.  (Bild: Kristina Gysi
(Stans, 3. Februar 2021))

Kristina Gysi

Navid Kerber sieht nicht so gut, wie die meisten Menschen. Er ist sehr kurzsichtig. Das beschert dem jungen Mann viel Arbeit, – aber im sehr positiven Sinn. Der 17-jährige Schüler des Kollegium St.Fidelis hat eine Maturaarbeit über Kurzsichtigkeit geschrieben, die schon fast im Finale des nationalen Wettbewerbs der Stiftung Schweizer Jugend forscht steht. Ganz soweit ist es aber noch nicht.

Denn zunächst wird die eingeschickte Arbeit entweder abgelehnt, oder sie kommt in die nächste Runde. Diese Hürde hat der Schüler geschafft. Für die Teilnahme im Finale gibt es drei Möglichkeiten, erklärt er:

«Entweder wird sie abgelehnt, angenommen, oder bedingt angenommen, so wie bei mir.»

Soll heissen: Er muss noch mal ran. Nach einem Expertengespräch im Rahmen von Schweizer Jugend forscht war klar, dass die Arbeit gut ist – für das Finale braucht sie aber noch den nötigen Feinschliff. Bis zum 12. März hat Navid Kerber nun Zeit, sie anhand der gegebenen Kriterien zu überarbeiten. Zwar sei er froh gewesen, als die Maturaarbeit am 12. Oktober endlich fertig und abgegeben war, jetzt aufhören will er trotzdem nicht:

«Es wäre schade, das Projekt nicht weiterzuverfolgen. Ich werde in den Ferien erneut daran arbeiten und das Dossier noch einmal einreichen.»

Bruch mit dem Tabu der Kurzsichtigkeit

Navid Kerbers Arbeit behandelt ein Thema, das den Kantischüler seit seinem neunten Lebensjahr begleitet. Mit seiner Kurzsichtigkeit von minus sechs Dioptrien sieht er eigentlich nur gerade das scharf, was sich knapp vor seiner Nase befindet.

Alles dahinter sieht aus, als hätte jemand einen Weichzeichnen-Filter darübergelegt. «Photoshop in real life» sozusagen. «Die Kurzsichtigkeit ist ein immer grösser werdendes Problem, dem viel zu wenig Beachtung geschenkt wird», sagt er. Dem möchte der junge Mann mit seiner Maturaarbeit entgegenwirken.

In seiner Arbeit zeigt er auf, wie sich das Lernen und der Aufenthalt in der Natur auf die Sehfähigkeit von Jugendlichen niederschlagen. In drei verschiedenen Schulen machte er dazu eine Umfrage und wertete die Resultate aus. Das Ergebnis: Die Schüler des Kollegi in Stans sehen am schlechtesten. Es folgen die Gärtner-Lehrlinge der Berufsschule Sursee, dann die Schüler der Sportmittelschule Engelberg. Kerber überrascht es nicht: «Die Umfrage zeigt das, was ich bereits vermutet habe», sagt er. «Jugendliche, die sehr viel lernen, sehen tendenziell schlechter als jene, die sich oft in der Natur aufhalten.» Erklären kann er den Trend auch gleich:

«Tageslicht setzt im Auge Dopamin frei.»

Und er fährt fort: «Dieses führt dazu, dass das Augenlängenwachstum gehemmt wird und sich so seltener oder langsamer eine Kurzsichtigkeit einstellt.» Im Laufe des Gesprächs wird immer klarer, wie sehr das Thema den Kantischüler umtreibt. Eine von ihm eigens kreierte Broschüre liegt derzeit bei drei Optikern in Stans auf. «Das Ziel davon ist, die Kurzsichtigkeit mehr an die Öffentlichkeit zu bringen», sagt er.

«Leider wissen viel zu viele Menschen viel zu wenig über dieses Thema.»

Es werde vernachlässigt – nicht zuletzt, weil die verschiedenen Fachgebiete wie Optiker, Augenärzte und Brillenmacher nicht gut genug zusammenarbeiten würden. Dabei sei die Kurzsichtigkeit jetzt schon sehr aktuell: «In einigen Regionen Asiens sind unter Absolventinnen und Absolventen von Hochschulen bereits 9 von 10 Menschen kurzsichtig. Über 90 Prozent also.» In Europa liege man ungefähr zwischen 40 bis 60 Prozent. Handeln sollte man aber schon jetzt: «Es ist aber sicher besser, einen Schritt voraus zu sein», so der 17-Jährige.

Für eine Freundin reicht die Zeit nicht

Was seine Zukunft nach Abschluss der Matura betrifft, hat der Schüler mindestens einen konkreten Plan: «Ich habe mich für den Numerus clausus angemeldet», sagt er. Medizin soll es werden. Seine Mutter sei Augenärztin, aber das komme für ihn eher nicht in Frage: «Das wäre mir wahrscheinlich etwas zu viel Feinarbeit. Lieber etwas Gröberes.» Mehr wisse er aber noch nicht.

Seine eigene Kurzsichtigkeit bedeutet aber nicht, dass Navid Kerber ein Stubenhocker ist, dessen Nase ununterbrochen in einem Buch steckt. Im Gegenteil: «Ich trainiere fünf bis sechsmal die Woche Leichtathletik. Dafür finde ich eigentlich immer Zeit», sagt er. Videospiele seien weniger seins: «Wir haben weder einen Fernseher noch eine Playstation zu Hause», erzählt er. Aber er spiele Klavier – als Ausgleich zur Schule und dem Sport. Zeit für seine Freunde habe er auch. Und für eine Freundin? Navid lacht: «Na ja, dafür wäre die Zeit dann wohl doch eher zu knapp.» Ganz ernst zu meinen scheint er es aber nicht.

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