Marion Wannemacher
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Fröhliches Gelächter schallt aus der Wohnung im ersten Stock in der Kreuzstrasse. Die gute Stimmung der Gruppe ist nicht zu überhören. Gerade haben Margrit von Wyl und Martha gemeinsam gekocht. Beatrice Omlin hat währenddessen mit Hans und Roland Musik gehört und mit ihnen den «Schacher Seppli» gesungen. Jetzt schreiben sie den Menuplan fürs nächste Treffen. Auf den ersten Blick könnte man meinen, in der gemütlich eingerichteten Wohnung mit Stube, Schlafzimmer, Büro und Mehrzweckraum wohnt eine aufgestellte Senioren-WG. Es ist aber die Tagesstätte «Vergiss mein nicht», die gerade ihren Betrieb aufgenommen hat.
Eine Auszeit vom Alltag versprechen die beiden Pflegefachfrauen Margrit von Wyl und Beatrice Omlin ihren Tagesgästen. Heute sind Martha und Hans aus Obwalden sowie Roland aus Nidwalden da. Roland Barmettler hat sich entschieden, offen zu seiner Krankheit zu stehen, und möchte mit vollem Namen genannt werden. Alle drei leiden unter einer Demenzerkrankung. Wenn der Buochser über diese erzählt, wird schnell klar, wie tragisch ihn diese getroffen hat. Lachen und Weinen liegen an diesem Nachmittag nahe beieinander. Martha und Hans blicken schweigend zu Boden, sie wissen, wovon er redet.
Niederschwelliges Angebot zur Entlastung Angehöriger
Versorgt werden sie jeweils daheim von Familienangehörigen. Rund um die Uhr sind diese für sie da. Doch wer entlastet sie wenigstens für die Dauer von einem Tag? «In Ob- und Nidwalden gibt es keine private Institution mit einem solchen Angebot, die nicht einem Heim angegliedert ist», sagt Margrit von Wyl. Die Tagesstätte sei niederschwellig, erklärt Beatrice Omlin. Bereits am vergangenen Wochenende sei die Resonanz sehr positiv ausgefallen. Verschiedene Betroffene haben den Tag der offenen Tür genutzt und die Tagesstätte besichtigt. Viele bekundeten Interesse am Angebot. Und sogar eine spontane Anmeldung gab es.
Margrit von Wyl ist diplomierte Pflegefachfrau HF, Beatrice Omlin ausgebildete Demenzexpertin. Beide haben sich ein Jahr lang auf diesen Tag vorbereitet, um eine private Tagesstätte für Menschen mit Demenz zu gründen. Beide Kantone mussten diese bewilligen, ein Businessplan musste aufgestellt und schliesslich eine geeignete Wohnung gefunden werden. Kein einfaches Unterfangen, wie sich herausstellte. Potenzielle Vermieter hätten sie als Business betrachtet, möglicherweise spielten auch Berührungsängste mit Demenzbetroffenen eine Rolle, mutmassen die beiden Frauen.
«Herzblutprojekt» mit Ausbaupotenzial
Mittlerweile liegt eine Kostenzusage von Krankenkassen und Obwaldner Gemeinden für die Restfinanzierung vor. In Nidwalden sei man noch dran, einen einheitlichen Tarif auszuhandeln, berichtet Margrit von Wyl. Sechs Plätze bietet die Tagesstätte von Montag bis Freitag, jeweils von 9 bis 17 Uhr. Zurzeit ist die Tagesstätte jeweils dienstags und donnerstags geöffnet. Das Angebot richtet sich nach der Nachfrage und ist erweiterbar.
Beatrice Omlin nennt ihre Tagesstätte ein «Herzblutprojekt» und spricht damit Margrit von Wyl aus der Seele. Ihr Pensum im Pflegeheim Viva Luzern Eichhof, wo sie das Demenz-Café für Angehörige leitet, hat sie um 20 Prozent heruntergefahren. Ihr Ziel sei es, ganz in Kägiswil zu arbeiten. Magrit von Wyl hat ihre Stelle in Malters, wo sie zuletzt in der Tagesbetreuung Immomänt arbeitete, aufgegeben und arbeitet zusätzlich in einem Nebenjob.
Mittlerweile inspizieren Martha, Hans und Roland den idyllischen Garten, bewundern die früchtetragende Bananenstaude, geniessen das südliche Flair von Tessiner Palmen, Orangen- und Zitronenbäumchen und schnuppern am Rosmarin. Auf die Frage, wie es ihnen in der Tagesstätte gefällt, gibt es nur lobende Worte. «Das Beste, was mir passieren konnte», sagt Roland euphorisch. «Mir gefiel bisher alles, die Freundlichkeit von den beiden Damen und den Herren, es passt», lautet das Urteil von Martha. Es sei familiär hier, sind sich alle einig. Sie werden wiederkommen. Immer am Dienstag.