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Nidwalden

Jubiläum im Jubiläumsjahr: 125 Mal in einem Jahr zu Fuss aufs Stanserhorn

Wenn das Wort «Wiederholungstäter» auf jemanden zutrifft, dann auf Simon Müller. Vergangene Woche war er bereits das 125. Mal auf dem Stanserhorn. Zu Fuss! Langweilig wird ihm sein Lieblingsberg nie.
Simon Müller ist dieses Jahr 125 Mal aufs Stanserhorn gewandert. (Bild: PD)
Jürg Balsiger, Direktor der Stanserhorn-Bahn (rechts), gratuliert Simon Müller nach seiner 125. Ankunft auf dem Stanserhorn. Bild: PD

Marion Wannemacher

Marion Wannemacher

Am Freitag hat er es getan, am Donnerstag und am Wochenende sowieso. Die Rede ist von Simon Müller, der eine Leidenschaft hat, die er nicht mit vielen teilt. Er wandert mit Vorliebe aufs Stanserhorn. Und das bei Wind und Wetter. Vergangenen Montag war sein 125. Mal. Für dieses Jahr.

«Jemand von der Bergbahn stachelte mich an. Dieses Jahr sei doch 125-Jahr-Jubiläum, dann könnte ich doch auch 125 Mal aufs Stanserhorn steigen.» Am 9. Oktober hatte der gertenschlanke Berggänger seine 100. Tour bewältigt. «Eigentlich dachte ich, das ist nicht mehr zu schaffen.» Aber Müllers Ehrgeiz war geweckt. Und es gelang ihm.

Heftige Stürze auf den ersten Touren

Seit 2012 hat der drahtige 75-Jährige aus Stansstad den Berg auf seinem Plan. Auslöser war eine Operation, bei der ihm wegen eines Leiomyosarkoms (Weichteilkrebs) der äussere Muskel des rechten Oberschenkels amputiert wurde. Die behandelnde Ärztin sagte damals zu ihm: «Sie werden gehen können, aber schlecht.» Keine Option für den leidenschaftlichen Flieger und Velofahrer. Er beschloss, aufs Stanserhorn zu wandern. «Am Anfang lag ich alle drei bis vier Meter am Boden», erinnert er sich. «Darunter waren auch gefährliche Stürze.» Er musste sich das Gehen neu einprägen, bewusst die Bewegungen lernen.

Wo jeder andere aufgegeben hätte, fühlte sich Simon Müller erst recht herausgefordert. «Vogel friss oder stirbt» sei sein Motto gewesen. Dreieinhalb Monate nach der Operation hatte er es zum ersten Mal aufs Stanserhorn geschafft. Heute ist der 75-Jährige gesund. Er gilt als geheilt.«Ich habe einfach nicht locker gelassen», sagt er und: «Der Berg hat seine Kraft», ist er fest überzeugt. «Die habe ich voll genutzt.»

Wenn er vom Stanserhorn spricht, dann mit grosser Ehrfurcht. Am Ende des Gesprächs bittet er: «Schreiben Sie nicht über mich, sondern über den Berg.» Pro Jahr legt Müller etwa 350000 Höhenmeter zurück. Seit diesem Jahr nutzt er auf dem Weg nach oben Stöcke. «Herunter ‹springe› ich», erzählt er. Seine Bestzeit hinauf liegt bei 1 Stunde und 42 Minuten, herunter etwa gleich. Der Stanserhornlauf komme für ihn nicht in Frage. «Da wäre ich der Letzte», ist er sich sicher. Er geht allein. Oben angelangt ist der Berggänger umso gesprächiger. «Viele lästern über die ‹Lackschuh-Touristen›», erzählt er. Der pensionierte Informatiker erklärt den Gästen die einzelnen Gipfel.

«Einen schöneren Ort auf der ganzen Welt als das Stanserhorn gibt es nicht», schwärmt er. Im Frühling habe der Berg eine wunderschöne Flora, sehe alle zwei Wochen anders aus. «Ich habe das Gefühl, die Chemie stimmt zwischen mir und dem Berg». Augenzwinkernd fügt er hinzu: «Ich mache immer ein bisschen Werbung.» Er sei sicher auf vielen Ferienbildern, schmunzelt er.

Wenn die Bergbahnen Saisonschluss haben, geht der leidenschaftliche Berggänger sicher nicht in den Winterschlaf. Eine genaue Vorbereitung gehört aber für ihn zu jeder Tour. Müller konsultiert Lawinen-Bulletins und den Wetterbericht, hört auf die Ratschläge der Wegbauer und Bergbähnler. Und dennoch, er hat am Berg auch schon heikle Situationen erlebt: Einmal habe er die falschen Schuhe angehabt und konnte die Steigeisen nicht anlegen, wegen eines Temperatursturzes war es eisglatt. Er rutschte ab und konnte sich nach einem Sturz von sechs Metern gerade noch an einem Zweig festhalten. Es war an diesem Tag nicht der letzte Sturz. Wie durch ein Wunder kam er irgendwann doch noch unten an.

Begegnungen mit Rind, Schaf und Hund

Auch mit Tieren hat Simon Müller schon viel erlebt. Im Sommer zählt er immer wieder die Rinder und schaut, ob sie Wasser haben. Vergangenen Spätherbst konnte er ein Schaf retten, das sich im Draht verfangen hatte. Und einmal traf er im Ahorn im Schnee einen Hund, der seit drei Tagen als vermisst gemeldet worden war. Dieser frass ihm seinen Proviant weg, den Simon Müller doch selbst so dringend benötigt hätte. Nach einem Anruf bei der Polizei entschloss er sich, ihn mit hinunterzunehmen. «Der Hund bahnte für mich sogar», erzählt er. Kaum im Tal, haute er wieder ab, bevor ihn sein Besitzer in Empfang nehmen konnte.

An die 550 bis 600 Mal habe er ihn schon bestiegen. «Es zählt nur, wenn ich ganz oben bin», räumt er ein. Seine Ärztin habe ihm geraten, einen Gang runterzuschalten, lässt der gebürtige Luzerner wissen. Das sieht er so für sich nicht. «Vielleicht schaffe ich dieses Jahr sogar noch die 140. Tour.»

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