Philipp Unterschütz
Philipp Unterschütz
«11'111 Stimmen. Natürlich erinnere ich mich, schliesslich werde ich heute noch auf die ‹Schnapszahl› angesprochen.» Baudirektor Josef Hess schmunzelt. Es war aber nicht einfach eine «Schnapszahl», sondern es war mit Abstand das beste Ergebnis für die Obwaldner Regierungsratswahlen 2018. Damals war Josef Hess nach stiller Wahl gerade mal gut acht Monate im Regierungsrat und musste sich als Parteiloser bereits der Wiederwahl stellen. Nun tritt er erneut an und hofft auf ein gutes Resultat. «Viele Stimmen verleihen politisches Gewicht, man spürt den Rückhalt der Bevölkerung. Es ist ein ehrlicher Ausdruck davon, wie viele Leute finden, ich solle weiter regieren», sagt der 61-jährige Baudirektor.
Sein Büro im Sarner Haus des Waldes würde man eigentlich grösser erwarten, auch die Ausstattung ist zweckmässig einfach. An der Wand hängt ein Bild vom Ende der Welt in Engelberg, wo er aufgewachsen ist. Daneben hängen sein Diplom als Forstingenieur ETHZ und die Zertifikate seines Doktorats im Bereich Forst- und Umweltwissenschaften mit seiner Arbeit über Naturrisiken in der Schweiz sowie auch des Doktorats in Verwaltungsrecht an der Uni Luzern. In einer Motion zur Departementsverteilung im Sommer 2018 wurde denn auch erwähnt, dass Baudirektor Josef Hess aufgrund seiner Ausbildung und beruflichen Erfahrung – er war unter anderem auch mehrere Jahre Vizedirektor beim Bundesamt für Umwelt – der einzige Obwaldner Regierungsrat sei, der wirklich dem richtigen Departement vorstehe. Sollte er wieder gewählt werden, ist ein Departementswechsel für ihn denn auch kein Thema: «Ich bin sicher, dass ich mit meinen Fähigkeiten und meiner Berufserfahrung hier im Bau- und Raumentwicklungsdepartement Obwalden am besten dienen kann.»
Kommunikationsstil ist entscheidend
Zu seiner bisherigen Amtstätigkeit meint Josef Hess:
«Ich glaube, ich habe vieles richtig gemacht. Auch wenn es Situationen gab, wo man die Erwartungen nicht erfüllen kann, wie manchmal bei Baubewilligungsverfahren.»
Und auch wenn es den einen oder anderen «Rempler» in seiner Amtszeit drin gehabt hätte, «sind bei den grossen Projekten dank der hervorragenden Unterstützung meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter grosse Fortschritte erzielt worden.» Als Beispiele erwähnt Hess den genehmigten Richtplan, den Hochwasserschutz im Sarneraatal, die Immobilienstrategie, das Gesamtverkehrskonzept oder auch die Regelung der Zukunft des Kraftwerks Obermatt. Weitere Erfolge sind die Überwindung der Bundesaufsicht bei den Baubewilligungsverfahren oder generell das beschleunigte Tempo der Verfahren. «Früher hatte ich viel mehr aufgeregte Planer oder Bauherren am Telefon.»
Wer sich in Obwalden umhört, stellt schnell fest, der Baudirektor ist beliebt. Auf die Frage, warum das so sei, meint er, dass es vielleicht auch an seiner Art der Kommunikation liege. Er gehe auf die Leute zu und erkläre ihnen die Sachverhalte transparent. Besonders im Kantonsrat fällt dieser Stil auf. Obwohl beispielsweise im Oktober 2020 nach der Bekanntgabe von fast 30 Millionen Franken Mehrkosten beim Hochwasserschutz mit einem Aufschrei der Empörung zu rechnen war, blieb dieser aus. Josef Hess hatte die Parlamentarier vor der Sitzung auf die Baustelle eingeladen und ihnen dort die Probleme aufgezeigt. Und die beeindruckten Kantonsräte zeigten schliesslich Verständnis. «Ich versuche immer, intern zuerst die Kosten zu drücken und auszureizen, was möglich ist. Aber irgendwann kommt dann der Punkt, wo man es den Leuten transparent erklären muss. Und das in einer Sprache, die sie verstehen.»
Vorbereitung braucht Zeit, aber lohnt sich
Ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg ist auch die Dossiersicherheit. Nur selten kommt es im Parlament oder auch bei journalistischen Anfragen vor, dass er die Antwort nicht aus dem Stegreif geben kann, wie unsere Redaktion weiss.
«Ich überlege mir bei jedem Geschäft, <was löst das aus, was würde ich fragen?> Und ich bereite mich entsprechend darauf vor.»
Doch das Reinknien in die Geschäfte braucht Zeit. Seine Arbeitswoche habe oft 60 Stunden und mehr, sagt Hess, der mit nur fünf bis sechs Stunden Schlaf auskommt. Viele Dossiers liegen thematisch aber auch seinem persönlichen Berufsumfeld nahe. «Mein Erfahrungsschatz erlaubt es mir, schneller reinzukommen. Aber letztlich braucht es vor allem Freude und Begeisterung am Amt. Wenn es einem stinkt, dann sind schon 30 Stunden zu viel.» Dass er ein beträchtliches Durchhaltevermögen hat, zeigt auch die Tatsache, dass er im Juli 2020 den letzten, und damit alle 48, 4000er-Gipfel der Schweizer Alpen bestiegen hat.
Und noch etwas fällt bei Josef Hess auf. Sei es in der persönlichen Begegnung oder in einer Parlamentsdebatte, immer wieder blitzt Humor auf, streut er schalkhafte Bemerkungen ein oder übt sich in Selbstironie. Man müsse wirklich nicht immer alles todernst nehmen, meint Hess, aber man dürfe die Dinge nicht ins Lächerliche ziehen. «Selbstironie entspannt mich. Wenn ich sie nicht mehr habe, merke ich, dass ich angespannt bin. Es braucht etwas Humor und eine gewisse Lockerheit, um gute Lösungen zu finden.»
Der Velofahrer will bessere Velowege
In der kommenden Legislatur warten einige grosse Brocken im Bau- und Raumentwicklungsdepartement, die Josef Hess natürlich gerne weiter vorantreiben möchte: die Sanierung und Erweiterung der Psychiatriegebäude in Sarnen, der Abschluss des Hochwasserschutzprojektes im Sarneraatal, der Beginn der Bauarbeiten am eigentlichen Kaiserstuhltunnel, das Konzept zur Energie- und Klimafrage, die Revision der Nutzungsplanung der Gemeinden oder das Gesamtverkehrskonzept.
Nicht zufrieden ist Josef Hess, der selber passionierter Velofahrer ist und in den vergangenen zweieinhalb Jahren 18'000 Kilometer abgefahren hat, mit dem Zustand der Velowege. «Hier herrscht Handlungsbedarf, ich möchte auf der Strecke Sarnen–Kerns in der nächsten Legislatur das Band zur Eröffnung durchschneiden.» Auch auf seinem Arbeitsweg Sarnen–Alpnach brauche es deutliche Verbesserungen, vor allem betreffend Sicherheit. Im Bauprogramm Kantonsstrassen seien die konkreten Massnahmen und Kredite jetzt drin. «Am Geld sollte es also nicht mehr scheitern.»
Josef Hess steht als Parteiloser nach eigenen Worten für eine freiheitsliebende Politik, in der die Umwelt eine wichtige Rolle spielt. «Auch als Bürgerliche müssen wir Verantwortung für unsere Umwelt übernehmen.» Auch wenn er bezüglich dem Erlass von Regeln eher für Zurückhaltung sei, zeige die Geschichte leider, dass es im Umweltbereich alleine mit Eigenverantwortlichkeit nicht so gut funktioniere. «Wenn Obwalden etwas macht, ändert das zwar nichts auf der Welt, aber wir können uns nicht aus der Verantwortung stehlen. Wir müssen im Rahmen unserer wirtschaftlichen Ausgangslage unseren Teil leisten.» Obwalden werde mehr für die Umwelt machen müssen. Viele seiner Ideen habe er im Energie- und Klimakonzept eingebracht.
Weitere Informationen unter: www.josef-hess.ch