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Luzern

Ist das Verhüllungsverbot sinnvoll? Oder reine Symbolpolitik?

Befürworter und Gegner der Initiative argumentieren mit Frauenrechten, der Sicherheit und grundsätzlichen Überlegungen.
Anian Liebrand, Koordinator Ja-Komitee.
(Bild: Pius Amrein)
Riccarda Schaller, Kantonsrätin und Co-Präsidentin GLP/LU (Bild: PD)

Hier lesen Sie unseren Text zur Abstimmung:

«Freie Menschen zeigen ihr Gesicht»: Pro von Anian Liebrand, Geschäftsführer Egerkinger Komitee und Koordinator Ja-Komitee

Unsere Initiative will das friedliche Zusammenleben in unserer Gesellschaft stärken. Wir wollen im öffentlichen Raum keine radikal-islamistisch und kriminell motivierte Verhüllung dulden.

In aufgeklärten Staaten wie der Schweiz blicken freie Menschen einander ins Gesicht, wenn sie miteinander sprechen. Unsere Werte werden mit Füssen getreten, wenn sich Frauen in unserer Gesellschaft nicht mehr als Individuen zu erkennen geben dürfen.

Nur eine radikale Minderheit der Muslime zwingt ihre Frauen unter eine Burka oder einen Nikab. Diese Stoffgefängnisse im öffentlichen Raum zu verbieten, steht nicht im Geringsten in Konflikt mit der Religionsfreiheit, wie selbst der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte festgehalten hat. Vollverschleierung hat keine Grundlage im Islam und ist im Koran nirgends erwähnt. So überrascht es nicht, dass namhafte, gut integrierte Muslime ebenfalls für unsere Initiative einstehen.

Es ist völlig unverständlich, dass einige linke Politikerinnen so lautstark für das Recht auf frauenunterdrückende Vollverschleierung kämpfen. Auf der ganzen Welt versuchen Frauen unter Inkaufnahme grosser Opfer, dem Zwang zu Verhüllung und Unterwerfung zu entfliehen.

Was sagen diese Politikerinnen zu den Frauen in Saudi-Arabien, die Gefängnis und Folter riskieren, wenn sie den menschenunwürdigen Nikab nicht mehr tragen möchten?

Burka und Nikab sind keine «normalen Kleidungsstücke» wie Hosen, Röcke oder Pullover, die man aus modischen oder praktischen Gründen anzieht. Sie sind vielmehr Uniformen der Unterdrückung, die es Frauen absprechen, in unserer Gesellschaft gleichberechtigt zu leben.

Ein Verhüllungsverbot ist deshalb auch keine Kleidervorschrift, sondern befreit Frauen von Erniedrigung und Unterdrückung.

Dem radikalen Islam Grenzen zu setzen, hat viel mehr mit liberalen Werten zu tun, als dessen antidemokratischen Auswüchse unter pseudoliberalen Vorzeichen zu verteidigen.

«Das Verhüllungsverbot gehört nicht in die Verfassung»: Contra von Riccarda Schaller, Kantonsrätin und Co-Präsidentin GLP/LU

Als der Bundesrat am 1. Juli 2020 eine schweizweite Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr verordnete, reizten viele das Zugfahren ohne Maske noch bis zur letzten Minute aus: Selbstbestimmung und Freiheit sind Grundwerte, die wir in der Schweiz hochhalten. Unsere Verfassung lässt nur Eingriffe in die persönliche Freiheit zu, die im Gesetz verankert, verhältnismässig und von übergeordnetem öffentlichem Interesse sind.

Am 7. März stimmen wir über einen solchen Eingriff ab: das Verhüllungsverbot (Burkaverbot). Es verbietet die Verhüllung des Gesichts im öffentlichen Raum. Das Initiativkomitee – mehrheitlich am rechten Rand politisierende Männer – gibt vor, etwas für die Gleichstellung der Frauen und gegen Extremismus zu tun. Mein Bauchgefühl sagt: unglaubwürdig. Schauen wir genauer hin:

Löst die Initiative ein Extremismus-Problem?
Der Blick auf die Abstimmungsplakate macht klar, worum es den Initianten geht: die Burka und der Islam werden mit Extremismus gleichgesetzt. Frauen mit Schleier werden pauschal stigmatisiert. Die Initiative schürt Angst und suggeriert, ein Verhüllungsverbot könne Extremismus verhindern. Ein Blick auf unser Nachbarland Frankreich zeigt indes: das Burkaverbot führt nicht zu weniger Extremismus. Wir sollten auf Bildung, Integration und Dialog setzen.

Wird das Leben der Frauen besser, wenn das Verhüllungsverbot in Kraft tritt?
30 vollverschleierte Frauen gibt es in der Schweiz gemäss Bund. Diese dürften keine Burka mehr tragen. Diese Bevormundung hilft ihnen aber nicht zwingend. Zwangsverhüllung ist bereits verboten. Kann sich eine Frau nicht dagegen wehren, wird ihr Leben durch ein Burkaverbot kaum besser. Die Unterdrückung entzieht sich lediglich dem Blick der Öffentlichkeit. Gleichstellung sieht anders aus.

Macht ein Verhüllungsverbot in der Verfassung überhaupt Sinn?
Nein. Ein nationales Verhüllungsverbot für 30 Frauen ist ein unnötiger und unverhältnismässiger Eingriff in die Grundrechte. Er gehört nicht in die Verfassung. Eingriffe des Staates müssen verhältnismässig sein. Das gilt bei einer Maskenpflicht genauso wie beim Burkaverbot. Deshalb stimme ich Nein am 7. März.

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