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Luzern

In Hochdorf steht ein Mahnmal für den geschmolzenen Schokoladetraum

Die Manor-Verteilzentrale in Hochdorf ist Zeuge des wirtschaftlichen Aufschwungs um die Jahrhundertwende. Damals war das schmucke Haus der Sitz des Schokoladefabrikanten Lucerna, dessen viel beschworener Erfolg jedoch nie eintrat.
Im heutigen Manor-Verteilzentrum wurden einst Ambitionen auf Weltruhm gehegt. (Bild: Boris Bürgisser (hochdorf, 14. März 2021))
Das aufstrebende Hochdorf mit der Schokoladenfabrik Lucerna. (Bild: Verein Althofdere)
Eine Aktie der Lucerna. (Bild: Verein Althofdere)
Ein Werbeplakat der Lucerna mit Anspruch auf Weltruhm. (Bild: Verein Althofdere)

Salome Erni

Salome Erni

Salome Erni

Salome Erni

Salome Erni

Zwei Schienen führen ins Innere des mächtigen Fabrikgebäudes an der Hauptstrasse in Hochdorf Richtung Baldegg, direkt neben der Eisenbahnlinie. Sie sind stillgelegt, doch das Gebäude des heutigen Manor-Verteilzentrums im Hochdorfer Industriegebiet steht stellvertretend für eine Zeit, in der das Dorf Ambitionen auf Weltruhm hatte. Als 1883 die von Briten finanzierte Seetalbahn gebaut wurde, verwandelte sich das kleine Hochdorf zu einer veritablen Industriesiedlung mit allem, was dazu gehörte: Schauspielhaus, Casino, Direktorenvillen, Sozialwohnungen und zahlreichen Unternehmen.

Eines der neuen Unternehmen trug den vielversprechenden Namen «Lucerna, Anglo-Swiss Milk Chocolate Co Hochdorf». Das Schokoladeunternehmen wurde 1904 gegründet, zwei Jahre später stand dessen Fabrik – eben jenes Gebäude an der Huwilstrasse 8. Der Luzerner Architekt Emil Vogt plante sowohl das Fabrikgebäude wie auch den nebenstehenden Direktionssitz. Er war damals bestens bekannt, erbaute er doch den Hochdorfer und Baldegger Bahnhof, in Luzern das Hotel Monopol & Métropole und den Waldstätterhof, war tätig am Grand Hotel National und am Château Gütsch und international gefragt.

Enttäuschte Hoffnungen

Die Hoffnungen auf das Unternehmen Lucerna waren gross, die Berichterstattungen positiv gestimmt: Das Fabrikgebäude war mit modernsten Maschinen ausgerüstet, Lucernas Verwaltungsrat bestand aus hochrangigen Politikern, darunter dem Nationalratspräsidenten und späteren Bundesrat Josef Anton Schobinger sowie viel Luzerner Polit-Prominenz. Die Lucerna war eine der fünf grössten Schweizer Schokoladefabriken.

Innerhalb weniger Wochen sei das ursprüngliche Aktienkapital von drei Millionen Franken zwölfmal so hoch gewesen, wie Roman Rossfeld, Wirtschaftshistoriker an der Universität Zürich dem Onlineportal Zentralplus sagte. Einzig der Erfolg blieb aus. Ein rauer Wirtschaftswind, Unerfahrenheit im Schokoladen-Business und teures Marketing wurden von Beginn weg zum Verhängnis. Trotzdem titelte das Hochdorfer Unternehmen selbstbewusst: «Lucerna erfreut die ganze Welt.»

1911, sieben Jahre nach seiner Taufe, war Lucerna verschwunden. Das Unternehmen ging in Konkurs, seine Fabrik wurde für 1,4 Millionen Franken versteigert. Bis 1921 nutzte der damalige Marktführer Peter-Cailler-Kohler die Fabrik, der mit seiner Cailler-Schokolade noch bestens bekannt ist. Heute gehören das prunkvolle Direktionsgebäude und die Fabrikhalle zum Komplex der Manor-Verteilzentrale. An die Lucerna erinnern nur noch ein paar Blechdosen, die auf Ebay und Ricardo nach neuen Besitzern suchen.

Info: Die ehemalige Lucerna-Fabrik und weitere Zeitzeugen können auf dem Rundgang «Historische Gebäude und Brunnen» in Hochdorf entdeckt werden.

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