Harry Ziegler
Es war eine längere Debatte, die der Kantonsrat an seiner letzten Session über eine Motion «für ein bedarfsgerechtes Angebot an familien- und schulergänzenden Betreuungsangeboten im Kanton Zug» führte. Eingereicht hatten diese Motion bereits im Juni 2018 Kantonsrätin Karen Umbach (FDP/Zug), Kantonsrat Andreas Hürlimann (ALG/Steinhausen) zusammen mit zehn Mitunterzeichnenden.
In den Grundzügen des in der Motion verlangten flächendeckenden Angebots der Kinderbetreuung waren sich Regierung und Parlament einig. Die Geister schieden sich allerdings am Anspruch, auch während der Ferien eine Betreuung anbieten zu müssen. Während die Motionäre diese Forderung als quasi nicht verhandelbar betrachteten, verlangte die Regierung, diesen Punkt nicht umsetzen zu müssen, weshalb die Motion nur teilerheblich erklärt werden sollte.
Dem regierungsrätlichen Ansinnen mochte der Rat jedoch nicht nachkommen – er erklärte die Motion erheblich. Trotz Gegenwehr des Direktors des Innern, Regierungsrat Andreas Hostettler (FDP). Der Regierungsrat hat zwar im Programm «Zug+» eine flächendeckende und kostengünstige Kinderbetreuung vorgesehen, allerdings ist beispielsweise Motionärin Karen Umbach wie sie sagt «von ‹Zug+› im Bereich der Kinderbetreuung zwar begeistert, aber eben nicht absolut.»
13 Wochen Ferien – wie soll das funktionieren?
Sie bemängelte, dass die Regierung nicht weit genug gehe. Zudem lege er der Erfüllung einer flächendeckenden Betreuung auch einen grossen Stein in den Weg, «indem er behauptet, dass die Gemeinden entscheiden sollen, ob eine Ferienbetreuung notwendig ist.» Umbach wäre dafür, ein entsprechendes Gesetz wie die Kinderbetreuung flächendeckend umzusetzen, ohne Schlupfloch. Im Kanton Zug hätten Kinder bis zu 13 Wochen Schulferien. Da frage man sich schon, wenn die arbeitstätigen Eltern vier oder fünf Wochen Ferien hätten, wie das gehen solle, sollte kein Betreuungsangebot während der Ferien vorhanden sein. Bereits jetzt gebe es Gemeinden, die sich vernehmen liessen, ein solches Ferienangebot brauche es bei ihnen nicht. Umbach allerdings beharrte darauf, dass Eltern aus solchen Gemeinden ihr diametral anderes sagen.
Support erhielt sie von Mitmotionär Andreas Hürlimann: «Eine verlässliche und flexible Tagesbetreuung für Kinder ist der Schlüssel für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.» Diese Vereinbarkeit sei aber auch eine gesellschaftliche Notwendigkeit.
«Dass sich Investitionen in die Bildung und Betreuung von Kindern lohnen, ist nur in wenigen Ländern derart sichtbar wie in der Schweiz.»
So werde geschätzt, dass die Investition von einem Franken in die Kinderbetreuung einen Nutzen von zwei Franken auslöse. Ausschlaggebend sei aber auch die Kostenfrage, so Kantonsrätin Virginia Köpfli (SP/Hünenberg). Es sei von zentraler Bedeutung, die Tarife so anzusetzen, dass sie für Familien sämtlicher Einkommensschichten tragbar seien.
SVP verlangte Rückweisung
Für Kantonsrat Thomas Werner (SVP/Unterägeri) war es ungeheuerlich, «wie oberflächlich und einseitig der Bericht und Antrag der Regierung nach dreijähriger Ausarbeitung ausgefallen ist. In diesem Bericht werden nonchalant unbelegte Behauptungen als Fakten und Argumente verwendet, was unseres Erachtens einer Zuger Regierung nicht würdig ist und korrigiert werden sollte.» Er störte sich vor allem an der Behauptung, «dass Kinder, die fremdbetreut werden, später in ihrem Leben seltener von der Sozialhilfe abhängig werden, und dass fremdbetreute Kinder später im Leben weniger kriminell werden würden als andere.» Die Vorlage gehöre zur Neubearbeitung an den Regierungsrat zurückgewiesen.
CVP-Kantonsrätin Laura Dittli (Oberägeri) äusserte einerseits Verständnis, dass die Regierung mit einer Teilerheblicherklärung einen gewissen Spielraum behalten wolle, «um im Rahmen von ‹Zug+› das beste Angebot zu schaffen». Andererseits vergebe man sich nichts, wenn die Motion nun erheblich erklärt werde. Im Rahmen der Debatte um das Programm «Zug+» werde es sowieso nochmals die Gelegenheit geben, über alle Einzelheiten zu diskutieren.
Ihren Regierungsrat Andreas Hostettler unterstützte die FDP-Fraktion. Deren Sprecher Peter Letter (Oberägeri) bekräftigte, dass sich die FDP für eine freie Wahl des Familienmodells in Eigenverantwortung einsetze. Ebenso setze sich die Partei dafür ein, dass in allen Zuger Gemeinden bedarfsorientierte Betreuungsangebote zur Verfügung stünden. Allerdings sei es mit Tagesstrukturen alleine nicht getan, so sollte auch das Steuersystem entsprechend ausgestaltet sein. Er votierte für eine teilweise Erheblicherklärung – mit demselben Argument wie Kantonsrätin Dittli. Die Diskussion würde zu einem späteren Zeitpunkt sowieso von neuem geführt.
Regierungsrat Andreas Hostettler (FDP) machte einen etwas überrumpelten Eindruck. In seiner abschliessenden Stellungnahme zur Debatte brachte er kaum mehr vor als in der regierungsrätlichen Vorlage stand. Vorgebrachte Argumente versuchte er mit dem Verweis auf eine nicht ganz einfache Umsetzung und die komplizierte Organisationsstruktur zu kontern. Immerhin rang er sich dazu durch, die Forderungen nach einer raschen Bereinigung der Differenzen zwischen Parlament und Regierung zu unterstützen.