Livia Fischer
Livia Fischer
Livia Fischer
Selten wurde die Wichtigkeit der Apotheken so bewusst, wie in den vergangenen Monaten. Vor einem Jahr wurden die Apotheken von der Kundschaft mit Fragen zu Corona überrannt, jetzt helfen die Mitarbeitenden beim Testen sowie im kantonalen Impfzentrum fleissig mit. Doch im Kanton Luzern gibt's gerade einmal 33 Apotheken – und das für über 410'000 Einwohnerinnen und Einwohner. Was zur ohnehin niedrigen Apothekendichte hinzu kommt: Drei davon sind Spitalapotheken und eine Industrieapotheke. Apotheken im klassischen Sinne – also solche, die für die breite Öffentlichkeit als erste Anlaufstelle bei gesundheitlichen Fragen dienen – gibt es folglich nur 29.
Und über die Jahre sind es immer weniger geworden, Tendenz weiter sinkend. Zwar ist 2017 eine Apotheke in der Mall of Switzerland in Ebikon und 2019 eine im Mattenhof in Kriens dazu gekommen, doch allein in den letzten fünf Jahren sind fünf Apotheken aus der Luzerner Innenstadt verschwunden. Während die Bevölkerungszahl also stetig wächst, gehen immer mehr Apotheken zu. Ein Trend, der Karin Häfliger vom Luzerner Apotheker Verein zutiefst beunruhigt:
«Je weniger Präsenz wir haben, desto schwieriger ist es für uns, die erste Anlaufstelle für Patientinnen und Patienten zu bleiben.»
Es ist ein Anspruch, den die Apothekerinnen und Apotheker schon lange an sich haben. «Mit unserer breiten Grundausbildung sind wir dafür prädestiniert, Triagen zu machen», so Häfliger. Heisst: Fachleute beurteilen in einer Erstabklärung, ob ein Gang zur Ärztin oder zum Arzt nötig ist, oder ob einer Person direkt vor Ort geholfen und ein Medikament abgegeben werden kann.
Die niedrige Apothekendichte hat etwas mit den Hausärzten zu tun
Der Hauptgrund dafür, dass es im Kanton Luzern seit jeher wenige Apotheken gibt – und sie demnach eine geringe Präsenz in der Bevölkerung haben –, ist die sogenannte Selbstdispensation. Ein Modell, das mittlerweile die meisten Deutschschweizer Kantone kennen. Das bedeutet, dass Ärztinnen und Ärzte selbst Medikamente abgeben dürfen und ihre Patientinnen und Patienten dafür nicht in eine Apotheke schicken. «Man kann also fast schon sagen, dass jede einzelne Arztpraxis bei uns auch eine Apotheke ist», so Häfliger.
Warum also ist die Präsenz der Apotheken und das Nutzen deren Angebots als erste Anlaufstelle dennoch so wichtig? «Immer mehr Leute haben keine Hausärztin oder keinen Hausarzt mehr. Und wenn sie dann mal krank sind und es keine nahegelegene Apotheke hat oder es ihnen schlicht nicht in den Sinn kommt, dass sie auch bei uns für eine Erstabklärung vorbeikommen könnten, gehen manche selbst bei einer einfachen Erkältung auf die Notfallstation», erklärt Häfliger. Und das werde dann teuer für alle. Die Medienverantwortliche des Luzerner Apotheker Vereins rechnet vor:
«Ein Besuch auf der Notfallstation kostet vermutlich 200 bis 300 Franken, ein Apothekenbesuch deutlich weniger. Letztlich wirkt sich das auch auf die Gesundheitskosten und folglich auf die Krankenkassenprämien aus.»
Die meisten Apotheken befinden sich in der Stadt
Ein Blick auf die Verteilung der Apotheken zeigt: Sie ist ziemlich ungleichmässig. Je ländlicher, desto schwächer die Dichte, wie diese Grafik zeigt:
So steht in Wolhusen die einzige Apotheke fürs Entlebuch und auch im Wahlkreis Willisau gibt es nur zwei Standorte. Wobei jener in Dagmersellen nur eine Industrieapotheke ist und, wie der Name bereits verrät, hauptsächlich die Industrie sowie auch Spitäler, Kliniken oder die Spitex beliefert. Private Kundschaft existiert hier keine. Hausarztpraxen gibt es in diesen Regionen ebenfalls nur wenige, bekannter sind Drogerien – diese dürfen aber keine rezeptpflichtigen Medikamente aushändigen und fokussieren sich grösstenteils auf Naturheilmittel.
Apotheken könnten bald ein Nachwuchsproblem haben
Nicht nur bei den Apotheken ist eine Abnahme erkennbar, auch der Nachwuchs von Apothekerinnen und Apothekern ist knapp. «Zugegeben: Das Studium ist sehr anspruchsvoll und nach dem fünfjährigen Studium sind noch zwei Jahre Weiterbildung obligatorisch», räumt Häfliger ein. Dafür seien die Jobaussichten prima. «In den 20 Jahren, in denen ich nun auf dem Beruf tätig bin, musste ich noch nie lange nach einem Job suchen», sagt sie lachend.
In ihrer eigenen Apotheke, der Sonnen Apotheke in Emmenbrücke, sei man mit dem Personal soweit gut aufgestellt. «Ich kenne aber viele, die Mühe haben, wenn jemand ersetzt werden muss.» Noch können die Luzerner Apotheken das Personal bewerkstelligen, auf Dauer könnte es aber schwierig werden. Die Ausweitung der Öffnungszeiten beispielsweise sei schon jetzt eine Herausforderung. «Ausserdem haben wir in den vergangenen Jahren immer mehr Kompetenzen erhalten. Seit 2017 kann man sich in den meisten Luzerner Apotheken impfen lassen und seit 2020 sind wir befugt, Medikamente zu empfehlen, die bisher rezeptpflichtig waren.» Die Beurteilung hierfür findet nicht über die Theke statt, sondern mittels intensivem Gespräch im Beratungsraum. Häfliger:
«Für unseren Beruf ist das eine Bereicherung – das macht ihn ja auch noch spannender. Damit wir diese Aufgabe aber erfüllen können, braucht es längerfristig mehr Apothekerinnen und Apotheker.»