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Luzern

«‹Ihr seid ja grössenwahnsinnig›» – der Gebietsmanager geht in Pension

Exakt während zehn Jahren hat Thomas Glatthard in Luzern Süd Behörden und Bauwillige miteinander vernetzt. Jetzt blickt er zurück und sagt, was ihm gelungen ist und wo noch Luft nach oben besteht.
(Nadia Schärli (Kriens 24. Februar 2021))

Roman Hodel

Als Setting für das Foto dieses Artikels hat sich Thomas Glatthard (65) den Bahnhofplatz Kriens-Mattenhof ausgesucht. «Er ist aus meiner Sicht das Sinnbild für die Entwicklung dieses neuen urbanen Lebensraums», sagt der Ende Monat in Pension gehende Gebietsmanager von Luzern Süd.

Wo früher Kühe grasten und an einer bescheidenen S-Bahn-Haltestelle nur selten Passagiere aufkreuzten, herrscht heute fast schon städtische Betriebsamkeit. Pendler besteigen oder verlassen die Züge, Passanten flanieren auf dem Platz, Angestellte essen auf den Sitzbänken Zmittag.

Am 1. März ist es genau zehn Jahre her, als Glatthard sein 50-Prozent-Mandat bei Luzern Plus angetreten hatte. Es war die Zeit nach dem Nein zur Fusion Stadtregion Luzern und der Aufbruchstimmung, wie man trotz kommunaler Grenzen gemeinsam etwas entwickeln kann: die Transformation eines stiefmütterlich behandelten, aber verkehrsgünstig bestens gelegenen Zwischengebiets dreier Gemeinden in einen neuen Stadtteil.

Glatthards Aufgabe war es, all die Akteure von den Gemeindebehörden über die Grundeigentümer bis zu den Investoren zusammenzubringen, Visionen zu vertiefen, konkrete Projekte weiterzuentwickeln und Lösungen zu finden, die für alle Beteiligten stimmen. Er sagt:

«Diese Vernetzung ist mir gelungen – sowohl Gemeinden als auch Bauwillige waren froh um eine Ansprechperson, die überall anklopfen kann.»

Was nicht heissen will, dass alles rund lief. Denn wenn es ans Eingemachte ging, entpuppte sich jede Gemeinde oft als sich selber am nächsten. Als beispielsweise MSD Pharma mit einem Umzug in den Krienser Mattenhof liebäugelte, setzte die Stadt Luzern alle Hebel in Bewegung, um die potente Steuerzahlerin halten zu können – was ihr am Ende gelang. Oder dann warfen Horwer Politiker den Kriensern vor, sie würden Grossprojekte wie die Pilatusarena mit ihrem 110-Meter-Hochhaus meist im Talboden unten, an der Grenze zu Horw, realisieren – möglichst weit weg vom eigenen Zentrum. Aus den Augen, aus dem Sinn sozusagen.

«Mittendrin im Spinnennetz»

Glatthard befand sich «mittendrin im Spinnennetz», wie er es ausdrückt. Dass Einzelinteressen eine Rolle spielen können, stellt er nicht in Abrede. «Dies hat man gerade in den Parlamenten gemerkt.» Die meisten Akteure dagegen hätten begriffen, dass die Entwicklung ein Geben und Nehmen ist. So war unter dem Bahnhofplatz einst eine Einstellhalle für Autos geplant. «Doch die Eigentümerin Mobimo merkte bald, dass es dank guter ÖV-Anbindung reicht, wenn jede zweite Wohnung einen Parkplatz erhält.»

Damit entsprach Mobimo vor allem den Vorgaben des Verkehrskonzepts, wonach mindestens 50 Prozent des neu erzeugten Verkehrs via ÖV, Velo und zu Fuss abgewickelt werden müssen. Ein Konzept allerdings, das wie alle Konzepte für Luzern-Süd nicht behördenverbindlich war. Was manche Arealentwickler bemängelten und deshalb mit ihren Projekten zuwarteten. Laut Glatthard hat man sich anfangs bewusst für Konzepte entschieden, «damit sich Luzern Süd rasch entwickeln konnte». Ein rechtsgültiger Richtplan ist inzwischen auf der Ziellinie. Autofahrer beklagen indes bereits heute, dass der Verkehr in Luzern Süd oft stocke. «Wenn man dichte Siedlungen baut, nimmt die Mobilität zu», sagt Glatthard und fügt an: «Unser Konzept ermöglicht den siedlungsverträglichen Verkehr.»