Livio Brandenberg
Die Vertreter der südkoreanischen Delegation, die Mitte August mehrere Tage in Zug verbrachten, hielten Wort. Die hochrangigen Manager und Politiker besuchten damals den Kanton, um sich in Sachen Blockchain weiterzubilden – und sie versprachen beim Abschied, in der Heimat Landsleute zu animieren, ebenfalls ins Crypto Valley zu reisen. Gestern kam nun bereits der nächste hohe Besuch aus Südkorea nach Zug: Der Bürgermeister der Hauptstadt Seoul, Park Won-soon, traf im Stadthaus seinen Zuger Amtskollegen Dolfi Müller.
Während die Delegation im August auf private Einladung in der Zentralschweiz weilte, war die gestrige Visite Teil einer offiziellen Reise des Bürgermeisters der 10-Millionen-Stadt und Wirtschaftsmetropole Seoul. Neben Zug – und gestern Nachmittag Zürich – stehen auch Barcelona, Bilbao und die estnische Hauptstadt Tallinn auf Park Won-soons Europaprogramm.
Anpacken und nicht hundertfach überdenken
Der Grund für die Stippvisite der rund 30-köpfigen Delegation um den Bürgermeister Seouls war – einmal mehr – der Status Zugs als Blockchain-Zentrum von Europa, wenn nicht der Welt. Er wisse, dass viele Koreaner Zug als Ursprung sowie als Zentrum der internationalen Blockchainbewegung sähen und deswegen hierher kommen würden, sagte Park Won-soon zu Beginn des Treffens. Die Blockchain sei in Seoul ein grosses Thema, inzwischen gebe es rund 40 Konferenzen zum Thema pro Jahr. «Und ich bin froh, nun auch von Zug und Stadtpräsident Müller lernen zu können.»
Man werde in diesen Tagen einen Masterplan präsentieren, um die Blockchaintechnologie zu fördern. Dolfi Müller erfüllte dann die Erwartungen der asiatischen Gäste und zeichnete in seinem Referat die Entwicklung der Stadt und Region Zug in den letzten Jahren hin zum Crypto Valley Schritt für Schritt nach.
Er schickte voraus: «Hätte mir vor zwei Jahren jemand gesagt, dass dereinst der Bürgermeister von Seoul nach Zug kommen würde, um sich auszutauschen, dann hätte ich dies für einen Witz gehalten.» Doch das sei eben auch das Wesen der Blockchain und deshalb könne sie eine Revolution sein: «Sie bringt vieles in Verbindung, so bringt sie eben auch kleine und grosse Städte zusammen.»
Kleine Schritte vor den grossen
Wichtig sei, den Mut zu haben, etwas anzupacken und es dann nicht hundertfach zu überdenken, sagte Müller auf die Frage von Park Won-soon, wie der Stadtrat denn mit Kritik umgegangen sei – etwa, als man entschieden habe, Bitcoin als Zahlungsmittel für gewisse Gebühren zuzulassen. «Ja, es gibt ein Risiko, doch dieses müssen wir auch manchmal tragen», so Müller.
Geholfen habe sicherlich, dass man in Zug bisher stets nur kleine Schritte gemacht habe. Deshalb seien auch grössere – unvorhergesehene – Probleme ausgeblieben. Mit den kleinen Schritten meinte Müller etwa die Einführung der digitalen Identität in der Stadt Zug sowie die Ende Juni durchgeführte Konsultativabstimmung mit dieser ID. «Doch es ist klar: Einmal wird man auch grosse Schritte machen müssen. Doch dann ist man gut vorbereitet, weil man die Erfahrung hat.»
Von der Erfahrung des Stadtpräsidenten wollte die südkoreanische Delegation auch zehren bezüglich der Frage: Wie erklärt man der Bevölkerung die Blockchain? Müller antwortete, das sei «keine technische Frage», er wisse auch nicht, wie die Technologie im Detail funktioniere. Zentral sei es, den Leuten zu zeigen, wo der Mehrwert liege, was also mit Blockchain-basierten Lösungen neu möglich sei.
Nach dem Besuch in Zug machte sich die südkoreanische Delegation auf den Weg nach Zürich, wo Park Won-soon gemäss «Korea Joongang Daily» bekanntgab, Seoul werde mit der Zwinglistadt eine Freundschaftsvereinbarung eingehen, was der Vorstufe einer Städtepartnerschaft gleichkommt.