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Urner Oberland

Höchstspannungsleitungen durch den Strassentunnel: Swissgrid-Projekt entlastet die Landschaft am Gotthard

Swissgrid will die 220-Kilovolt-Leitung über den Gotthardpass ersetzen und verlegen. Sie soll neu durch die zweite Röhre des Gotthard-Strassentunnels führen.

Über 60 Höchstspannungsmasten werden am Gotthardpass ganz oder zumindest teilweise zurückgebaut.
Bild: Bild: Urs Hanhart (Gotthardpass, 21. September 2022)

Falls Swissgrid ihr innovatives Projekt realisieren kann, wird es in zehn Jahren am und auf dem Gotthardpass ganz anders aussehen. Dutzende Strommasten werden dann verschwunden sein. Am Mittwoch informierte Robert Widmer, Projektleiter bei Swissgrid, an einer Medienorientierung im Museo Sasso San Gottardo über das auf 107 Millionen Franken veranschlagte Bauvorhaben, bei dem es sich europaweit um ein Novum handelt.

Höchstspannungsleitung mit Strassentunnel gebündelt

Die Gotthard-Leitung Airolo-Mettlen wurde 1933 gebaut. Damals war sie für 150 Kilovolt ausgelegt. Ende der 1950er-Jahre erfolgte eine Erhöhung auf 220 Kilovolt. «Ein Teil dieser Leitung hat das Ende der Lebensdauer erreicht und muss altersbedingt ersetzt werden. Wir werden dabei Synergien und die Gunst der Stunde nutzen. Es gibt eine Bündelung von Infrastrukturen», erklärte Widmer.

Konkret wird zum ersten Mal eine Höchstspannungsleitung mit einem nationalen Strassentunnel gebündelt. Das Bundesamt für Strassen (Astra) plant unter der Fahrbahn der neuen Tunnelröhre den Bau eines Werkleitungskanals. «Das Konzept von Swissgrid sieht vor, die Höchstspannungsleitung zwischen Airolo und Göschenen in diesen Werkleitungskanal zu verlegen», erläuterte der Projektleiter. Er fügte an:

«Das Vorhaben ist ein Pionierprojekt. Die Kombination einer Höchstspannungsleitung mit einem Strassentunnel ist europaweit neu.

Eine lange Verkabelung sei eine technische Herausforderung, die es Swissgrid erlauben wird, wertvolle Erfahrungen zu sammeln.

Kein Risiko bei Unfällen

Für die Verkabelung der Leitung zwischen Airolo und Göschenen sollen verschiedene Technologien zum Einsatz kommen. Im Innern des Tunnels soll sie in jenem Teil des Werkleitungskanals verlaufen, der unter dem Pannenstreifen liegt. Der Projektleiter erläuterte:

«Im Tunnel selber merkt man nichts von der Höchstspannungsleitung. Sie ist getrennt und wird separat überwacht und belüftet.»

Bei einem Ereignisfall im Fahrraum bestehe kein Risiko, dass es mit der Leitung ein Problem gibt. Das gelte auch für den umgekehrten Fall. «Sollte es zu einem Problem mit der Leitung kommen, besteht keine Gefahr, dass es sich auf den Strassentunnel ausweitet», versicherte Widmer. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass schon etliche Untersuchungen bezüglich der technischen Machbarkeit vorgenommen worden seien und zwar von verschiedenen Behörden des Bundes. Das eidgenössische Starkstrominspektorat habe die Machbarkeit bestätigt.

Swissgrid hat das Baugesuch für die Erdverkabelung der Leitung Airolo- Göschenen bereits eingereicht. Das Plangenehmigungsverfahren soll gemäss Zeitplan Ende 2024 abgeschlossen werden. Die Ausschreibungen und Materialbeschaffung ist im Zeitraum 2025/26 vorgesehen. Baubeginn soll 2027 sein, wobei die Arbeiten parallel mit denjenigen des Strassentunnels erfolgen sollen. Ziel ist es, die neue Kabelleitung 2029 in Betrieb zu nehmen.

Mehr als 60 Strommasten werden zurückgebaut

Anschliessend soll nach aktuellem Planungsstand die heutige Freileitung über den Gotthardpass zurückgebaut werden. Das Ganze wird gemäss Widmer rund drei Jahre in Anspruch nehmen. Entlang der 23 Kilometer langen Freileitung müssen über 60 Höchstspannungsleitungen demontiert werden, etwa 70 Prozent davon auf Urner Boden. «Damit wird die Landschaft am Gotthard spürbar entlastet», betonte Widmer. Ganz oben auf dem Pass werden allerdings nicht alle Masten verschwinden. Vier werden nur etwas in der Höhe reduziert, weil sie auch für Leitungen der SBB verwendet werden.

Swissgrid hat den Auftrag, bei jedem Netzprojekt die Möglichkeiten der Bündelung von Infrastrukturen zu prüfen. «Beim Gotthardtunnel sind die Kriterien dafür aufgrund von terminlichen und technischen Synergien erfüllt», unterstrich Widmer und weiter: «Eine ideale Ausgangslage, die sich allerdings nicht einfach eins zu eins auf andere Netzprojekte übertragen lässt.» Die Leitungsabschnitte zwischen dem Unterwerk Airolo und dem Südportal des Tunnels sowie zwischen dem Nordportal und dem Kabelendmast in Göschenen sollen ebenfalls in die Erde verlegt werden. Mit einer länge von rund 18 Kilometern wird die Gotthardleitung nach der Inbetriebnahme die längste erdverlegte Höchstspannungsleitung der Schweiz sein.

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