Livia Fischer
Livia Fischer
Eingerissene Teigwarenpackungen, bald überreife Bananen, Rüebli mit Schönheitsfehlern, Dosenerbsen mit einem Knick in der Büchse, Ketchupflaschen, deren Ablaufdatum kurz bevorsteht. Jeden Dienstag verteilt die Schüpfheimerin Lucie Strohbach zusammen mit weiteren Helferinnen und Helfern im hiesigen Gemeindesaal nicht mehr verkaufbare, aber durchaus noch geniessbare Lebensmittel an Bedürftige. Pro gefüllte Tasche, wovon sich eine alleinstehende Person etwa eine Woche lang ernähren kann, bezahlen die Bezügerinnen und Bezüger nur noch einen symbolischen Betrag von fünf Franken.
Hinter der ganzen Aktion steckt der Verein Lebensmittelretter Zentralschweiz. Gegründet hat ihn vor bald zwei Jahren Daniela Kyburger aus Schwarzenberg. «Ich geriet selbst mal in eine finanzielle Notlage und war auf solch ein Angebot angewiesen», erklärt sie ihre Motivation. Aus Dankbarkeit heraus half sie später bei einem Ebikoner Verein gegen Food-Waste mit, dann wollte sie etwas Eigenes auf die Beine stellen. Also hat sie Abgabestellen in Malters, Sarnen und Mitte Dezember auch eine in Schüpfheim geschaffen. Die Ware bezieht der Verein gratis von Aldi, Aligro und Topshop Malters.
Kundschaft hat sich wegen Coronakrise erweitert
Wie Strohbach berichtet, kommen bisher etwa nur zwei Dutzend Leute regelmässig nach Schüpfheim, um bei den Lebensmittelrettern Zentralschweiz günstig einzukaufen. Was wohl viele daran hindere, sei die Hemmung. «Dabei ist es absolut nichts Schlimmes, bei uns vorbeizukommen», sagt Strohbach und ergänzt:
«Diese falsche Scham ist vor allem ein Landesproblem, in der Stadt nehmen die Leute solche Hilfsangebote viel eher an.»
Ähnliches beobachtet auch Kyburger: «Vielen ist es unangenehm und sie fürchten, dass Bekannte sie sehen könnten. Dabei geht es ja nicht nur um das Finanzielle, sondern auch um einen guten Zweck: nämlich Food-Waste zu verhindern.» So dürften eigentlich alle vom Angebot profitieren – zur Kundschaft gehören aber dennoch vor allem ältere Leute oder Menschen, die IV oder Sozialhilfe beziehen sowie Flüchtlinge.
Im Laufe der Pandemie sind weitere Bezügerinnen und Bezüger dazugekommen, wie Kyburger berichtet. «Etwa Familienväter, die ihren Job verloren haben oder auf Kurzarbeit sind. Und auch viele alleinerziehende Mütter, die jetzt arbeitslos geworden sind.»
Verein ist auf Spenden angewiesen
Nicht nur die Nachfrage, sondern auch das Angebot hat sich aufgrund der Krise verändert. Weil die Restaurants geschlossen haben, kochen die Leute mehr zu Hause – und kaufen dementsprechend mehr Esswaren ein. Dies wiederum bedeutet: In den Läden bleiben weniger Lebensmittel übrig, die vor dem Müll gerettet werden müssen.
Genügend abzuholendes Essen, das dann für wenig Geld verteilt werden kann, gibt es laut Kyburger aber trotzdem. Darum sagt sie:
«Wir könnten unser Angebot noch viel mehr ausbauen und würden gerne weitere Abgabestellen in der Region schaffen.»
Hierfür fehle es jedoch an weiteren Freiwilligen – bisher sind es zehn Leute, die in ihrer Freizeit mithelfen – und an Räumlichkeiten, die gratis zur Verfügung gestellt werden. Denn da der Verein seine geringen Einnahmen dafür benötigt, um wenigstens einen Teil der Anschaffungskosten zu decken, ist er auf die Zusammenarbeit mit Gemeinden oder Pfarreien angewiesen.
«Unabhängig davon benötigen wir zudem ein grösseres Fahrzeug, damit wir mehr Platz haben, um all die geretteten Lebensmittel zu transportieren», sagt Kyburger. Darum seien sie froh um Spenden aller Art – sei es Geld fürs Benzin, ein nicht mehr benötigter Kleinbus oder eine leerstehende Garage von Privatpersonen, die sie einmal wöchentlich benützen dürfen.
Weitere Infos zu den Abgabestellen gibt es hier.