Bruno Arnold
Ein Pilot und sein Flughelfer hatten Anfang August in den Bürgler Bergen Glück im Unglück: Beim Anflug zu einem Wildheutransport kollidierte der Helikopter mit einem auf der Lufthinderniskarte des Bundesamts für Zivilluftfahrt (Bazl) nicht eingetragenen Heuseil.
Trotz der beschädigten Rotorblätter konnte der Pilot den Heli in unmittelbarer Nähe absetzen. Die beiden Mitarbeiter des privaten Flugunternehmens blieben unverletzt, der Sachschaden beläuft sich auf mehrere hunderttausend Franken.
Im Kanton Uri gibt es Hunderte von Heu- und Transportseilen. Wie sieht es mit der Melde- und Bewilligungspflicht derselben konkret aus? Unsere Zeitung hat nachgefragt.
Auch entsorgte Seile können ein Problem sein
Die Hindernisse mit einem Bodenabstand von mehr als 25 Metern werden vom Bazl in einer Online-Hauptdatenbank (map.geo.admin.ch) registriert und ständig aktualisiert. «Verlässliche Daten und Karten sind für uns die eigentliche Lebensversicherung», betont Markus Lerch, Flugbetriebsleiter der Swiss Helicopter AG in Erstfeld. «Piloten der Armee, der Rega und von privaten Helikopterunternehmen orientieren sich bei ihrer Arbeit an diesen Einträgen.»
Die Bazl-Online-Datenbank ist aber nicht vollständig. Viele der für Helikopter besonders gefährlichen Heu- und Transportseile sind nicht eingetragen. Lerch hat eine mögliche Erklärung: «Ein Teil dieser Seile wurde zu einer Zeit gespannt, als es – im Gegensatz zu heute – noch keine Bewilligung brauchte. Die entsprechende Meldung an die zuständige Stelle ist in diesen Fällen ganz einfach ausgeblieben. Vielleicht hat man aber auch die Kosten gefürchtet.»
In der Bazl-Datenbank sind aber auch nicht (mehr) vorhandene Seile registriert – weil die Entsorgung nicht gemeldet wurde. Für Lerch sind diese Einträge ebenfalls ein echtes Problem: «Wir Piloten suchen dann krampfhaft und werden verunsichert, weil wir das Hindernis einfach nicht finden», sagt der erfahrene Pilot. Er gibt weiter zu bedenken, dass solche Seile und Kabel – je nach Anflugwinkel – grundsätzlich schon sehr schwierig zu erkennen seien.
Vor allem ein Problem für ortsunkundige Piloten
«Weil sich das Bazl nach wie vor äusserst schwer tut, sind Hindernisse mit weniger als 25 Meter Bodenabstand in der erwähnten Online-Datenbank nicht eingetragen», spricht Lerch das wohl grösste Problem an. Rega und Swiss Helicopter sind deshalb gemeinsam mit dem Schweizer Helikopterverband selber aktiv geworden. Sie haben die bestehende App «Swiss Map Mobile» weiterentwickeln lassen – mit Daten von Flughindernissen mit weniger als 25 Meter Bodenabstand. Die Piloten können diese App auf ihr iPad laden und die Einträge bei der Einsatzvorbereitung berücksichtigen. «Unsere eigenen Piloten kennen zum Glück einen grossen Teil jener Kabel und Seile, die nicht auf der Hauptdatenbank eingetragen sind», sagt Lerch. «Problematischer kann es aber dann werden, wenn ein ortsunkundiger Pilot in ein Gebiet mit einer Vielzahl solcher nicht eingetragenen Seile fliegen muss.» Das ist im Urnerland zum Beispiel dann der Fall, wenn die Crew der Rega-Basis Erstfeld bereits im Einsatz steht und ein Team einer ausserkantonalen Basis aufgeboten werden muss.
Die Daten für die weiterentwickelte App basieren grösstenteils auf Angaben aus der Datenbank des Bazl. «Wir werden aber auch von Elektrizitätswerken, von der Swisscom und von der kantonalen Meldestelle mit Informationen beliefert», sagt Lerch. Die separate Datenbank mit Angaben zu Heuseilen, Leitungen und weiteren Hindernissen mit weniger als 25 Metern Bodenabstand wird von der Abteilung Meliorationen des Amts für Landwirtschaft Uri geführt. «Erhalten wir im Rahmen der Stellungnahme zum Gesuch für eine Baute ausserhalb der Bauzone von einem Luftfahrthindernis Kenntnis, so wird der Bauherr aufgefordert, das Vorhaben als Flughindernis zu melden», sagt Hubert Würsch, der die Meldestelle leitet. «Heuseile oder Leitungen mit weniger als 25 Meter Bodenabstand werden dann in die kantonale Datenbank aufgenommen und an die lokalen Helikopterunternehmen und die Rega weitergeleitet.»
Appell geht vor allem an Älpler und Wildheuer
Lerch nennt auch noch eine weitere wichtige Datenquelle: «Entdecken Piloten nicht erfasste Flughindernisse, so wird dies der kantonalen Stelle mitgeteilt.» Die entsprechenden Daten landen dann in der separaten Urner Datenbank und/oder in der Online-Datenbank des Bazl. Er betont aber: «Auch die kantonale Datenbank hat Lücken. Es fehlen nicht zuletzt Angaben zu Seilen, die schon vor Jahrzehnten gespannt worden sind.» Lerchs dringender Appell an alle Involvierten: «Wir sind darauf angewiesen, dass der Auf- und Abbau jedes Seils unbedingt der kantonalen Stelle gemeldet wird – auch wenn dieses Flughindernis kurzfristig und nur temporär zwischen möglicherweise seit langem bestehende Verankerungen gespannt wird.»