Lucien Rahm
Sie hätten das Wohnhaus auf ihrer Liegenschaft im Gebiet Brunegg ob Altdorf wieder etwas auf Vordermann bringen wollen. Denn gewisse Bestandteile des Hauses wurden seit seiner Erbauung im Jahr 1912 nie ersetzt – so zum Beispiel die Fenster. Die Eigentümer der Liegenschaft reichten daher ein Gesuch bei der Baukommission Altdorf ein, um unter anderem die erwähnten Fenster zu ersetzen, die Aussenfassade zu renovieren und die Böden zu isolieren.
Die Baukommission lehnte das Gesuch jedoch ab, wie sich einem aktuellen Entscheid des Obergerichts entnehmen lässt, welches sich mit dem Fall zu befassen hatte. Das Problem beim Haus: Es liegt in der sogenannten «Gefahrenzone rot». In dieser gilt gemäss Website des Kantons Uri:
«Personen sind in- und ausserhalb von Gebäuden gefährdet. Mit der plötzlichen Zerstörung von Gebäuden ist zu rechnen.»
In der roten Zone besteht demnach eine hohe Gefahr durch Naturereignisse, das Erstellen von neuen Gebäuden ist darin grundsätzlich verboten.
Saniert werden darf nur das Nötigste
Häuser, die vor der Definition der Gefahrenzonen im Jahr 2010 erbaut wurden, dürfen aber dort bestehen bleiben. Allerdings gelten für sie besondere Regeln, wenn es um die Sanierung geht. Nach Meinung der Baukommission heisst das, dass das Wohnen in der roten Zone nicht gefördert werden dürfe. Und auch die Erhaltung bereits bestehender Wohnhäuser dürfe nicht «oberstes Ziel» sein.
Solange ein Haus mit einfachen Mitteln bewohnbar gehalten werden kann, könne es bestehen bleiben. Ist dies nicht möglich, dürfe ein Gebäude aber nicht mehr bewohnt werden, so die Baukommission. Die Sanierungsarbeiten, welche die Hauseigentümer durchführen wollten, würden demnach zu weit gehen.
Die Ablehnung ihres Gesuchs durch die Baukommission akzeptierten die Eigentümer jedoch nicht. Sie reichten beim Regierungsrat eine Verwaltungsbeschwerde dagegen ein. Doch auch die Regierung sah die Renovation nicht als zulässig an – und wies die Beschwerde ab. Danach zogen die Hausbesitzer an die nächste Instanz, das Urner Obergericht.
Dieses hat nun entschieden, dass die Abweisung des Gesuchs so nicht in Ordnung war. Es führt dabei die sogenannte Besitzstandsgarantie ins Feld, wie sie im Urner Planungs- und Baugesetz zu finden ist. «Somit ist es sehr wohl das Ziel, dass ein bestehendes Wohnhaus erhalten werden darf», korrigieren die Oberrichter den Regierungsrat und die Altdorfer Baukommission. Zwar soll das Wohnen in der roten Zone nicht gefördert werden, indem darin neue Bauten erstellt werden. Bei schon bestehenden Häusern müssten Sanierungsmassnahmen jedoch zulässig sein, wenn sie lediglich dazu dienen, die Nutzung im bisherigen Ausmass auch weiterhin zu erlauben.
Konkret befinden muss nun nochmals die Baukommission
Solange der Bau damit in seiner Grösse und Erscheinung sowie seinem Zweck und Wert nicht verändert wird, seien Reparaturen und Renovationen also gestattet. Die im Baugesuch aufgeführten Sanierungsarbeiten an der Aussenfassade, einer Natursteinmauer im Inneren und den Böden könnten daher «nicht einfach deshalb nicht» bewilligt werden, weil es sich um Erneuerungen handelt, schreiben die Oberrichter:
«Beispielsweise leuchtet nicht ein, weshalb der Ersatz der alten Elektroinstallation durch zeitgenössische Installationen zulässig sein soll, der Ersatz von über 100-jährigen Fenstern aber nicht.»
Ob die Massnahmen, welche die Eigentümer am Haus gerne vornehmen möchten, nun allerdings alle tatsächlich nötig sind, um «die Erhaltung der bisherigen Nutzung» sicherzustellen, lässt das Obergericht offen. Darüber soll die Baukommission in einer Neubeurteilung des Gesuchs befinden. Hierfür weist das Obergericht die Sache an die Kommission zurück und hebt den Entscheid des Regierungsrates auf. Das Obergericht hat auf Nachfrage keine Kenntnis von einer Einsprache, womit die Entscheidung mittlerweile rechtskräftig sein dürfte.
Auch Haus Waldegg sollte saniert werden – erfolglos
Sanierungspläne für Gebäude in der roten Gefahrenzone haben in Altdorf bereits in einem anderen Fall zu reden gegeben. So beabsichtigte der gebürtige Altdorfer Daniel Hodel bis zum vergangenen Jahr noch, das Wohnhaus Waldegg neben dem Kapuzinerkloster zu kaufen und zu renovieren.
Da auch dieses in besagter Zone liegt, darf auch daran nichts Wesentliches verändert werden. Dies hatte Hodel jedoch vor: Er beabsichtigte, den Küchenbereich vergrössern zu lassen. Auch, um dort eine Küchenausstattung einzubauen, die dem heutigen Standard entspreche. Die Raumeinteilung dürfe sich aber eben aufgrund der Zonenzugehörigkeit nicht verändern, sagte die Baukommission damals.
Hodel gab seine Pläne daraufhin auf. Ein Weiterzug an den Regierungsrat kam für ihn nicht in Frage. Dass man den Entscheid der Baukommission in seinem Fall umstossen würde, sei für ihn ausgeschlossen, sagte Hodel damals. Mittlerweile hat er sich stattdessen ein Bauernhaus im Zürcher Oberland gekauft. Dieses dürfe er nun gemäss seinen Vorstellungen unter strengen Auflagen umbauen, obwohl das Haus in der Landwirtschaftszone liege, so Hodel auf Anfrage:
«Es wurden uns keine derartigen Steine in den Weg gelegt, wie das in Altdorf der Fall war.»
Er begrüsst zudem, «dass sich das Obergericht gegen die Haltung der Kommission ausgesprochen hat». Wichtiger fände er jedoch, dass sich der Altdorfer Gemeinderat dieser Thematik annehmen würde und die Baukommission professionalisiert würde:
«Ein solches Laiengremium entspricht nicht mehr den zeitgemässen Anforderungen.»