Reto Bieri
Reto Bieri
Reto Bieri
Reto Bieri
Wer ein Wohnmobil oder einen Campingbus besitzt, weiss: Stellplätze sind in der Schweiz ein rares Gut. Die Internetplattform Nomady mit Sitz in Einsiedeln schafft Abhilfe. Sie vermittelt naturnahe Campingmöglichkeiten in ländlichen Regionen. Die Plätze befinden sich in der Regel bei Landwirtschaftsbetrieben. Seit vergangenem Sommer fungiert Nomady auch im Emmental sowie in den Regionen Entlebuch und Willisau als Vermittlerin zwischen Campern und Gastgebern. Mehr als 40 Standorte rund um den Napf beteiligen sich mittlerweile. Sie zählten 2020 rund 6300 Logiernächte.
Aufgrund des Erfolgs soll das Angebot nun auf die Regionen Seetal und Sempachersee ausgeweitet werden, dies in Zusammenarbeit mit den lokalen Tourismusorganisationen. «Camperferien sind im Trend, die Nachfrage ist viel grösser als das Angebot», begründet Sandro Bucher das Vorhaben. Der Produktmanager für die vier Tourismusregionen der Luzerner Landschaft verweist auf eine Studie, wonach im vergangenen Jahr in der Schweiz und in Liechtenstein 26 Prozent mehr Campingmobile zugelassen wurden als 2019.
Wertschätzung für die Landwirtschaft stärken
«Campingferien beim Bauernhof passen sehr gut zu unserem ländlichen Tourismus. Es sind naturnahe Stellplätze und sie bieten für den Gast authentische Erlebnisse», sagt Sandro Bucher weiter. Das stärke die Wertschätzung für die landwirtschaftliche Arbeit.
Ein Stellplatz könne ein interessanter Nebenerwerb sein, zudem können die Landwirte Produkte vom Hof verkaufen. Bucher nennt noch einen weiteren Grund: «Die Stellplätze sind auch ein Lösungsbeitrag gegen das wilde Campieren, das gerade im vergangenen Coronasommer da und dort zum Problem wurde, insbesondere wegen des Abfalls.»
In der Schweiz fehlt das Angebot für Camping in der Natur
Landwirt Guido Häfliger träumte schon länger davon, auf seinem Hof Ober-Hofstetten in Willisau Campingferien anzubieten. Der Camperfan reiste früher selber viel, war in Kanada, den USA und Australien unterwegs. In der Schweiz fehle das Angebot für Naturcamping, zudem sei es auf Campingplätzen oft eng und überfüllt.
Als er im Frühling von Nomady hörte, habe es ihn gepackt. Mitte Mai schaltete die vierköpfige Bauernfamilie ihr Profil auf. «Zwei Stunden später waren wir für zwei Wochen ausgebucht, wir wurden total überrumpelt», sagt Häfliger. Bis weit in den Herbst hinein waren die beiden Stellplätze voll. Im Winter musste Häfliger sie witterungshalber schliessen, Mitte März will er wieder öffnen.
Häfligers Fazit fällt durchwegs positiv aus. «Die Gäste sind naturverbunden, ruhig und sauber.» Finanziell bedeute es einen schönen Zustupf. Rund 50 Franken kostet ein Stellplatz pro Nacht. Häfliger betont, er mache es in erster Linie wegen des Kontakts zu den Leuten:
«Ich bin gerne Gastgeber. Zudem ist es gute Werbung für die Landwirtschaft. Viele Gäste sind Städter und haben keine Ahnung, was wir alles leisten.»
Auch Jasmin Bieri ist zufrieden mit ihrem Stellplatz. Sie und ihr Mann Benjamin bewirtschaften den Biohof Rüeben in Entlebuch. Der Aufwand, den Stellplatz einzurichten, sei klein gewesen. «Unter anderem haben wir im Stall einen Trog installiert, damit sich Leute frisch machen können», sagt die 34-jährige Mutter von zwei Kindern. Auch ein WC gibt es im Stall. Seit der Eröffnung des Internetprofils Anfang Juni sei der Stellplatz bis Ende August ausgebucht gewesen.
Auch Jasmin Bieri betont, es gehe insbesondere darum, den Gästen aufzuzeigen, was Landwirte alles machen. Zusätzlich können sie Produkte vom Hof direkt verkaufen, zum Beispiel das Fleisch ihrer Black Angus-Mutterkühe und Produkte aus dem Garten und von der Alp.
Der Stellplatz bringe zwar keinen grossen Verdienst, etwas übrig bleibe aber schon. 60 Franken kostet der Platz pro Nacht, davon gehen rund neun Franken an Nomady. Eine Kommission, die sie gerne bezahlt, betont Jasmin Bieri, «denn Nomady leistet super Arbeit». Die Firma wickelt die Zahlungsformalitäten ab, berät die Anbieter bei der Wahl eines geeigneten Platzes, hilft bei der Erarbeitung des Internetprofils und erstellt vor Ort Fotos.
Bei mehr als 30 Tagen braucht es eine Baubewilligung
Ein Wermutstropfen ist für Jasmin Bieri, dass ein Stellplatz nur während 30 Tagen pro Saison bewilligungsfrei genutzt werden darf. Danach braucht es eine kostenpflichtige Baubewilligung des Kantons Luzern. «Das ist ein grosser finanzieller Aufwand, der sich für uns fast nicht lohnt.» Für das Bewilligungsverfahren müsse man mit einmaligen Kosten von rund 1000 Franken rechnen, sagt Roland Emmenegger, Abteilungsleiter Baubewilligungen beim Kanton Luzern auf Anfrage. Eine Zunahme von Gesuchen für Stellplätze sei aktuell noch nicht erkennbar. Entsprechende Anfragen hätten sich aber gehäuft.
Hinweis: Weitere Infos zu Nomady und dem Bewilligungsverfahren unter: www.luzern.com/nomadygastgeber