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Verkehr

Grosse Mehrheit spricht sich für Maut am Gotthard-Tunnel aus

Am Montag reicht eine bürgerliche Allianz eine Motion ein, in der eine preisflexible Maut am Gotthard gefordert wird. Unsere Leserschaft hat eine klare Meinung dazu: Mehr als 70 Prozent finden diese Maut gut.
Stau epischen Ausmasses, immer wieder am Gotthard. So wie hier vor dem Nordportal des Gotthardtunnels am Auffahrtstag 2023.
Bild: Bild: BRK News

Kann eine Tunnelgebühr am Gotthard helfen, das epische Stauproblem zu lösen? Ja, meint eine grosse Mehrheit der bis Montagnachmittag fast 2'500 Teilnehmenden einer Online-Umfrage der Luzerner Zeitung . Diese erschien im Kontext des Artikels über eine Motion, die eine bürgerliche Allianz rund um den Urner Mitte-Nationalrat Simon Stadler diesen Montag in Bern einreicht und in der eine preisflexible Tunnelgebühr am Gotthard verlangt wird. An Feiertagen und zu Ferienbeginn soll die Durchfahrt mehr kosten als an normalen Tagen mit wenig Verkehrsaufkommen. So sollen Stau-Spitzen gebrochen werden.

Konkret halten 70 Prozent der Teilnehmer unserer Umfrage eine Maut tendenziell für «längst überfällig». Nur rund 24 Prozent halten «gar nichts» von einer Maut am Gotthard. Die Umfrage läuft weiter, online können Sie weiter teilnehmen.

Kontrovers wird die Maut in den Kommentarspalten unseres Artikels und beim entsprechenden Post auf Facebook diskutiert. Auch hier findet die Maut viel Zuspruch: «Das sollte man auch bei uns machen. Ich war soeben in Frankreich unterwegs und ich habe gerne die Maut für die schönen Autobahnen bezahlt. Mein Vorschlag: 100 Franken Jahresgebühr für Autobahn und 40 Franken Maut bei Gotthard und San Bernardino. Jahreskarte für Anwohner», schreibt jemand.

«Die Maut am Gotthard ist schon lange ein Muss»

Im Artikel wird die Frage nach der Vereinbarkeit einer Maut in der Schweiz mit dem Landverkehrsabkommen mit der EU aufgeworfen. Dazu schreibt ein weiterer Kommentator: «Es gibt in jedem Land in Europa Mautstellen, da verstehe ich nicht, wieso das in der Schweiz nicht möglich sein soll.»

Zustimmung gibt es von diesem Leser: «Eine Maut ist machbar, man muss nur wollen und nicht dauernd Angst vor der EU haben. Es ist in unseren Nachbarländer auch machbar, somit auch in der Schweiz. Es wird in Italien, Frankreich und anderen EU Ländern einiges mehr an Maut bezahlt. Die Maut am Gotthard und am San Bernardino ist schon lange ein Muss.» Genau wie diese Stimme hier: «Wer die teuren Tunnels befahren will, der soll dafür extra bezahlen. Funktioniert an Arlberg und Brenner problemlos und Österreich ist ja bekanntlich in der EU.»

Natürlich gibt es auch kritische Stimmen zur Maut. Bei vielen Kommentierenden auf Facebook etwa herrscht die Meinung vor, nur der ausländische Transitverkehr soll am Gotthard das Portemonnaie öffnen müssen, nicht aber der inländische Nord-Süd-Verkehr. «Wer durch den Gotthard fahren will, soll schon am Zoll Gebühr zahlen. Schweizer sicher nicht, wir zahlen schon genug», schreibt jemand. Es finden sich einige Kommentare mit ähnlicher Stossrichtung, etwa dieser hier: «Der Stau wird primär von den Durchfahrten Nord nach Süd verursacht, nicht von uns.»

Bahn ist schneller

In Diskussion ist eine Maut von 20 Franken für eine Durchfahrt, wie GLP-Nationalrätin Corina Gredig auf Anfrage sagte. Hin und zurück würde die Fahrt durch den Gotthard ins Tessin also 40 Franken kosten. Angenommen, jemand fährt die Strecke Luzern-Lugano retour mit dem Auto durch den Gotthard, würde er dafür also ungefähr 278 Franken bezahlen (bei Fahrkosten von rund 70 Rappen pro Kilometer). Laut Google-Maps dauert die Autofahrt von Luzern nach Lugano zirka zwei Stunden, natürlich nur ohne Stau. Zum Vergleich: Die gleiche Strecke mit der Bahn kostet 122 Franken (ohne Halbtax, retour). Eine Fahrt dauert eine Stunde und 40 Minuten.

Die Motion im Wortlaut
Am Montag reichen der Urner Mitte-Nationalrat Simon Stadler, die Zürcher GLP-Nationalrätin Corina Gredig und der Aargauer FDP-Nationalrat Matthias Jauslin folgende Motion ein (im Wortlaut):

Der Bundesrat wird beauftragt, die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen für die Einführung von Tunnelbenutzungsgebühren für die für den Nord-Süd-Transit relevanten Alpenübergänge (im Nationalstrassennetz) mit folgenden Eckwerten:
1. Variables Preissystem zur besseren Auslastung der bestehenden Infrastruktur;
2. Die Bevölkerung und die Wirtschaft aus den lokal betroffenen Kantonen soll nach Vorbild vergleichbarer Gebührensysteme in Europa angemessen entlastet werden;
3. Flankierende Massnahmen zur Verhinderung von Ausweichverkehr auf anderen alpenquerenden Übergängen und in den Anwohnergemeinden.
Begründung
Gemäss Artikel 82 Abs. 3 der Bundesverfassung ist die Benützung öffentlicher Strassen grundsätzlich gebührenfrei. Die Bundesversammlung kann aber Ausnahmen bewilligen.
Bereits im 2016 hat der Bundesrat in seiner Antwort auf die Motionen 16.3010, 16.3040 und 16.3045 darauf hingewiesen, dass es aus seiner Sicht gute Gründe für die Einführung von Tunnelgebühren am Gotthard und allenfalls anderen Alpenübergängen gibt.
Mautsysteme an den alpenquerenden Übergangen sind in den Nachbarländern längst Realität. Beispielsweise in Österreich mit der Brennerautobahn (Sondermautstrecke) und dem Arlbergtunnel sowie in Frankreich mit den beiden Strassentunneln Mont Blanc und Fréjus. Auch im Grosser-St.-Bernhard-Strassentunnel zwischen der Schweiz und Frankreich kennen wir bereits eine Maut.
Die aktuelle Verkehrsbelastung ist insbesondere am Gotthard unbefriedigend. An Spitzentagen bilden sich kilometerlange Staus und der lokale Verkehr bricht zeitweilig zusammen. Einsatzkräfte bleiben im Ausweichverkehr stecken. Flankierende Massnahmen sind dringend nötig.
Eine Maut hat zwei zentrale Vorteile. Erstens leistet sie einen Beitrag zur Finanzierung der Infrastruktur durch die Benutzenden und zweitens kann sie durch eine variable Ausgestaltung Belastungsspitzen glätten. Dabei darf sich aber eine Maut nicht negativ auf den lokalen Berufsverkehr auswirken. Angepasste Tarife für die lokale Bevölkerung sollen beispielsweise mit Mehrfahrtenkarten (wie beim Autoverlad), Pendler-Jahreskarten oder Anrainerkarten (wie das bei der Brennerautobahn oder auch beim Autoverlad «Vereina» für Einwohner der Gemeinde Silvaplana gilt) Teil der Umsetzung sein.
Im Gegensatz zu früheren Vorstössen, die auch am Argument der praktischen Umsetzbarkeit scheiterten, sind die technischen Möglichkeiten heute vielfältig. Dies zeigt sich an internationalen Beispielen, die insbesondere auf Digitalisierung setzen. Es ist auch finanzpolitisch nicht nachvollziehbar, warum im Ausland zum Teil hohe Gebühren für die Benützung von Autobahnen, Brücken und Tunnel bezahlt werden, während in der Schweiz sämtliche Benutzer von aufwendigen Bauwerken im Nationalstrassennetz vergleichsweise günstig fahren.

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