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Zug

Gemeinsamkeiten von Frühbarock und modernen «Märschen»

Die Saison-Eröffnung der Kammer Solisten Zug brachte Barockmusik – neben zehn Märschen aus dem 20. Jahrhundert. Das kam an: Die Institutskapelle St.Michael war voll besetzt. 

Die Kammer Solisten Zug spielen auf historisch nachgebauten Instrumenten. Das Konzert war sehr gut besucht.
Bild: Bild: Matthias Jurt (Zug, 1. Oktober 2022)

Im Gegensatz zu anderen Veranstaltungen waren die Ausführenden schon bei der Einführung auf der Bühne präsent: Stefan Buri (Fagott sowie Führung durch das Programm), Jeanine Murer und Johann Stocker (Posaunen), Mátyás Bartha (Violine), Dina Kehl (Violone, eine 6-saitige Bassgambe), Mirco Huser und Tim Reichen (Perkussion) und Philipp Emanuel Gietl (Positivorgel). Gespielt wurde durchwegs auf historisch nachgebauten Instrumenten.

Es ist kein Zufall, dass in der Barockzeit oft mehrstimmige Posaunenchöre komponiert wurden. Vor der Erfindung der Ventiltechnik an der Schwelle vom 18. zum 19. Jahrhundert war die Posaune (damals meist Trombone genannt) das einzige Blech-Blasinstrument, mit welchem sich alle Intervalle problemlos spielen liessen. So unterschieden sich die historischen Instrumente von den modernen nur durch eine engere Mensur.

Neben der im modernen Orchester nicht mehr präsenten Bassgambe entsprach die Form der Violine weitgehend dem heutigen Instrument. Mátyás Bartha spielte zwar praktisch ohne Vibrato, aber er liess – im Gegensatz zu den Vorstellungen einiger Musiktheoretiker – den Ton kräftig und bestimmt einsetzen. Das Barockfagott hatte viel weniger Klappen als ein modernes Instrument. Aber es fand die gleiche Resonanz in den oft verwendeten tiefen Lagen, während die Komponisten der Barockzeit die schwer ausführbaren hohen Töne mieden.

Der Sprung vom Frühbarock ins Heute

Aus der frühen Barockzeit erklangen vier Sonaten von Johann Heinrich Schmelzer (1623–1680), Daniel Speer (1636–1707), Johann Rosenmüller (1619–1684) sowie von Andreas Oswald (1634–1665). Bei den Kompositionen und ihrer Interpretation überwog trotz unterschiedlicher Namen das Verbindende. Zum Generalbass aus Positivorgel, Violone und manchmal auch Fagott traten 2–3 Melodieinstrumente. Es gab zahlreiche Tempowechsel; aber die Stücke waren noch nicht in klar abgetrennte Sätze gegliedert, wie wenig später bei Vivaldi, Händel und Johann Sebastian Bach.

Zum ersten Mal war eine Positivorgel mit dabei.
Bild: Bild: Matthias Jurt (Zug, 1. Oktober 2022)

Einige dieser Elemente und ihrer Instrumentierung fanden sich drei Jahrhunderte später auch in den Werken von Mauricio Kagel (1931–2008). Die 1979 geschriebenen insgesamt zehn kurzen Sätze nannte er «Märsche, um den Sieg zu verfehlen». Vieles, was Johann Strauss, seine Nachfahren und Epigonen mit grossem Ernst komponiert hatten, wurde hier bewusst karikiert. Schon beim allerersten Einsatz spielte die Perkussion neben dem Schlag, statt die Soldaten durch straffe Führung in den Kampf zu treiben. Lang gehaltene Sekund-Intervalle und absteigende chromatische Linien wirkten auch nicht in diesem Sinn.

Wechselnde Besetzung

Gegenüber früheren Auftritten spielte man in stark veränderter Besetzung. Wohl zum ersten Mal bei den Kammer Solisten war eine Kirchenorgel dabei. Neben dem traditionellen Schwerpunkt Basel erfolgte eine stärkere Verlagerung in den Kanton Zug. Immer wieder Anerkennung verdient die Leistung von Stefan Buri, in wenigen Proben auch mit stetig veränderter Besetzung einen in sich geschlossenen und homogenen Klangkörper zu formen.

Beeinträchtigt wurde die Vorbereitung durch einen Heuler in der ausgeliehenen Positivorgel (Dauerton infolge undichter Stelle in der Windlade). Er konnte erst im allerletzten Moment durch einen Spezialisten als Notfall behoben werden. Das erinnerte daran, warum der barocke Generalbass fast immer von mehreren Instrumenten gleichzeitig gespielt wurde. Einmal ging der Orgel der Schnauf aus, die Gambe war zu schwach, oder exponierte Töne blieben für den Kontrabass schlicht unerreichbar. Auch in all diesen Fällen musste der «Basso continuo» irgendwie weiter klingen.

Das nächste Konzert der Kammer Solisten Zug folgt am 19. November, wiederum in der Kapelle Kollegium St.Michael.

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