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Zug

Gemeindeversammlung in Baar dreht sich ums Thema Demokratie

Der Vorschlag des Gemeinderats, wie die Kommissionssitze künftig verteilt werden sollen, kommt nicht überall gut an. Zwischen den Parteien zeigen sich grosse Gräben – auch bei einem anderen Thema.
Der Baarer Gemeinderat will die Kommissionen neu aufstellen. (Bild: Stefan Kaiser (Baar, 8. Mai 2018))

Rahel Hug

An der letzten Baarer Gemeindeversammlung (GV) vom Juni haben die Anwesenden der Motion «für mehr Demokratie in der Gemeinde» von FDP und SVP zugestimmt. Der Vorstoss hat zum Ziel, die Kommissionen gemäss den Wähleranteilen der Parteien zu besetzen und nicht – wie heute der Fall – nach der Zusammensetzung des Gemeinderats.

An der GV vom Donnerstag, 13. September (siehe Box), folgt nun der nächste Schritt in dieser Sache. Der Gemeinderat hat einen Vorschlag zur Umsetzung vorbereitet, der nun vor die Versammlung kommt.

Änderung soll 2019 in Kraft treten

Der Gemeinderat möchte die Zahl der Kommissionsmitglieder auf neun erhöhen. Bei der Zusammensetzung der Kommissionen will er die Parteienstärke im Gemeinderat und im Kantonsrat berücksichtigen. Die Änderung soll auf die neue Legislatur, also auf den 1. Januar 2019, in Kraft treten, wie aus der Vorlage hervorgeht. Die gemeindliche Rechnungs- und Geschäftsprüfungskommission (RGPK) unterstützt den Vorschlag des Gemeinderates. Der RGPK sei es wichtig, dass die Anpassungen vor den Wahlen vom 7. Oktober erfolgen «und danach die Sitzverteilungen und die Anzahl Mitglieder für die politische Kommission klar geregelt sind».

Einen anderen Vorschlag hat die GLP. Die Partei will die Kommissionssitze lediglich auf die Zusammensetzung im Kantonsrat abstützen. Der Gemeinderat soll nicht berücksichtigt werden, da dieser im Majorz gewählt werde. So wären die Parteien proportional zur Anzahl ihrer Kantonsratssitze in den Kommissionen vertreten. Die GLP werde an der GV einen Gegenantrag zum Vorschlag des Gemeinderats stellen, kündigt die Präsidentin der Ortspartei Bernadette Hölzl an.

Hinter der GLP steht die Alternative – die Grünen. «Der Gemeinderat wird nun im Majorz gewählt, daher sollten die Berechnung und die Verteilung der Kommissionssitze sich auf die proportionale Stärke der Parteien abstützen», teilt Anna Lustenberger, Präsidentin, mit. Zari Dzaferi, Präsident der SP, fragt sich, «ob eine Aufblähung des Kommissionswesens auf 90 Personen sinnvoll ist». Die SP werde die Diskussion an der Versammlung abwarten.

Die bürgerlichen Parteien stehen hinter dem Vorschlag des Gemeinderats. Stellvertretend sei hier die FDP zitiert. Mit dem Vorschlag werde «das politische System der Gemeinde Baar fit gemacht für die Zukunft», schreibt Präsident Michael Arnold.

Gemeinderat will Puls der Bevölkerung fühlen

Um Demokratie dreht sich auch das Traktandum Nummer 4. Im Juni hat eine Gruppe von jungen Baarerinnen und Baarern, die IG Baarlament, eine Interpellation eingereicht und die Frage aufgeworfen, ob Beschlüsse der Gemeindeversammlung in Baar ausreichend demokratisch legitimiert sind. Dies, weil der prozentuale Anteil der jeweils anwesenden Stimmberechtigten durchschnittlich lediglich 1,5 Prozent beträgt.

Nun liegen die Antworten des Gemeinderats auf den umfangreichen Fragekatalog vor. Daraus ist zu lesen, dass der Gemeinderat keinen Bedarf für einen Systemwechsel sieht. So schreibt die Exekutive etwa, bei einem Gemeindeparlament würde die politische Auseinandersetzung «weniger lebendig» und die politische Kultur könnte «gefährdet» werden. Um den Puls der Bevölkerung in dieser Sache zu fühlen, plant der Gemeinderat im ersten Halbjahr 2019 eine breit angelegte, professionelle Umfrage durchzuführen.

Wie hoch sind die Folgekosten?

Bei den Reaktionen zeigt sich der gleiche Graben zwischen den Parteien wie beim Kommissionsthema. «Ein Gemeindeparlament, in welchem sich Politiker gegenseitig mit Vorstössen überbieten und ihrer Profilierungssucht frönen, lehnt die SVP ab», schreibt Michael Riboni, der Medienverantwortliche der SVP Baar – und nimmt Bezug auf den Vorschlag zur breiteren Abstützung der Kommissionen: «Durch diese Erweiterung des ‹Baarer Modells› kann insbesondere auch der von Links-Grün und der IG Baarlament immer wieder vorgebrachten Forderung nach einem Gemeindeparlament Einhalt geboten werden.»

Auch die FDP und die CVP sind von der «Baarer Lösung» überzeugt. Diese sei nach wie vor der richtige Weg, «wenn gewisse Korrekturen angebracht werden», teilt die CVP mit. SP, ALG und GLP zeigen sich hingegen enttäuscht. Die Beantwortung sei «unvollständig und tendenziös einseitig zu Ungunsten eines Parlaments», schreibt Bernadette Hölzl. Und Zari Dzaferi: «Anstatt in Worthülsen und hypothetischen Möglichkeiten zu argumentieren, hätte der Gemeinderat klare Fakten liefern müssen – insbesondere bei den Kosten.»

Dazu schreibt der Gemeinderat, dass die direkten Folgekosten wie die Entschädigung der Ratsmitglieder oder der Raumaufwand rund 500 000 Franken betragen würden. Die indirekten Kosten wie etwa zusätzliches Gemeindepersonal seien praktisch nicht kalkulierbar, «dürften aber die Millionengrenze definitiv überschreiten».

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