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Luzern

Friedensgebet in Luzern: «Der Krieg findet vor unserer Haustüre statt – wir müssen ein Zeichen setzen»

Mit leisen Klängen und kräftigen Stimmen sowie mit berührenden Worten und grosser Solidarität wurde in der Lukaskirche für den Frieden gebetet.
Adrian Suter, Zoryana Mazko mit einer Bandura, dem ukrainischen National-Instrument, und Hana Mehmedovic. (Dominik Wunderli (Luzern, 12.03.2022))
Interreligiöses Friedensgebet in der Lukaskirche in Luzern. (Dominik Wunderli (12.03.2022))
In der Lukaskirche wurden Kerzen für den Frieden angezündet. (Bild: sam (12. März 2022))

Sandra Monika Ziegler

Sandra Monika Ziegler

Sandra Monika Ziegler

Die Kirchenglocken der reformierten Lukaskirche schlagen vier Uhr und im Innern zupft die Ukrainerin Zoryana Mazko die Bandura, eine ukrainische Lautenzither – das interreligiöse Friedensgebet beginnt an diesem Samstagnachmittag in Luzern. Auf den Kirchenbänken sitzen Menschen, die in grosser Sorge sind und mit ihrer Teilnahme ein Zeichen setzen wollen.

«Was kann ich tun? Ich spende und singe. Würden alle singen, könnten sie nicht zur Waffe greifen», sagt eine Kirchengängerin beim Eingang. Der Krieg in der Ukraine macht sie fassungslos. Der reformierte Pfarrer Ulf Becker spricht das aus, was viele nicht wahrhaben wollten: Der Krieg ist vor unserer Haustüre. Er betet für das Ende der Gewalt in der Ukraine und für die Kraft des Friedens. So auch die ukrainische Sopranistin, die mit ihrem Baduraspiel den Anlass eröffnete.

Zoryana Mazko lebt seit 17 Jahren in der Schweiz, tief bewegt spricht sie ins Mikrofon: «Wir müssen die Zuversicht und den Mut, den Krieg zu überleben, behalten. Es ist eine Katastrophe und widerspricht jeder humanistischer Tradition.» Die Vertreibung und Vernichtung der zivilen Bevölkerung und das Fliehen der Menschen ohne Gewissheit wohin, lässt ihr keine Ruhe. Ihre Mutter weilt in der Nähe von Kiew. Sie wolle dort bleiben und telefoniere mehrmals täglich mit ihr, so Mazko. Die Musikerin organisiert Friedenskonzerte in der ganzen Schweiz. In Luzern findet eines am Gründonnerstag (14. April) im Musikpavillon statt: «Wir singen, musizieren und tanzen für den Frieden, für mein Volk.»

Jetzt kämpfen Christen gegen Christen

Es ist still in der Kirche, von draussen dringen lachende Kinderstimmen hinein. Und im Innern singt Opernsänger Robert Lee das Kirchenlied «Bleibet hier und wachet mit mir». Das Lied wird von der Gemeinschaft Taizé, einem internationalen ökumenischen Männerorden, in wiederholender meditativer Weise gesungen und wurde von Jacques Berthier (1923–1994) komponiert. Die nächsten Worte kommen von Dan Moldovan. Er ist Pfarrer in der rumänisch-orthodoxen Gemeinschaft Luzern und stammt aus Rumänien: «Die Ukraine und Russland sind unsere Nachbarn, wir sind Christen, wir sind getauft und jetzt kämpfen Christen gegeneinander. Das ist sehr schmerzhaft.» In seinem Gebet bittet er für die Vergebung der Sünden. Der Sünden, die freiwillig oder unfreiwillig begangen werden.

Hannah Treier, reformierte Pfarrerin der Kirche Sursee, fragt: «Gott, was denkst du über uns? Wo bist du? Du streckst die Hand aus, doch anstatt sie zu nehmen, greifen wir zur Waffe. Wie geht es dir damit?» Treier bittet Gott zu bleiben: «Wir brauchen dich, gib uns nicht auf.» Trotz dem ausweglosen Kampf darf die Hoffnung, dass auf den Schlachtfeldern dereinst wieder Blumen wachsen, nicht aufgegeben werden.

Die gemeinsame Verantwortung hinterfragt Adrian Suter, christkatholischer Pfarrer der Kirchgemeinde Luzern. Gewalt und Krieg sind nicht der Weg. Er bittet Gott: «Gib den Mächtigen die Einsicht, Konflikte am Tisch zu lösen.» Und Hana Mehmedovic, Religionspädagogin der islamischen Gemeinde Luzern bittet: «Leite uns den geraden Weg, den Weg des Friedens, den richtigen Weg.» Dass Frieden eine Haltung ist, davon spricht Bischofsvikar Hanspeter Wasmer und sagt: «Würden die Menschen dies so sehen, würde es keinen Krieg geben.» Es ist wieder still in der Kirche, die verteilten Kerzen werden angezündet und jeder und jede ist in die eigenen Gedanken versunken.

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