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Kommentar «Chefsache»

Flickwerk im Stadtluzerner Verkehr – das könnte gewollte Strategie sein

Car-Haltekante an unpassender Stelle vor dem Bahnhof, Haltestangen für Velofahrer bei Ampeln, Pflanzsäcke statt Parkplätze, grosse Velosymbole auf Nebenstrassen: Die Stadt Luzern scheint sich im verkehrsplanerischen Kleinklein zu verlieren. Wollen Stadtrat Adrian Borgula (Grüne) und seine Tiefbaudirektion bis zu den Wahlen 2024 mit solchen Massnahmen noch möglichst viele Tatsachen schaffen? 

Was ist das für eine neuartige Verkehrsregelung in der Stadt Luzern? Ein grosses Velosymbol auf der Neustadtstrasse, wo Tempo 30 gilt – das signalisiert eine sogenannte «Velostrasse».
Bild: Bild jem (Luzern, 25. November 2022)

Hauruck – drei Car-Parkplätze statt Auto-Kurzhalte direkt vor dem Luzerner Bahnhof. Der neue Plan der städtischen Tiefbaudirektion stösst auf grossen Widerstand im bürgerlichen Lager. Denkbar ungeeignet, Nutzungskonflikte sind vorprogrammiert, die Verkehrssicherheit wird leiden. Man braucht das hier gar nicht nochmals weiter auszuführen, die Lösung fällt durch.

Ein weiterer Plan: Die Jungen Grünen fordern Haltestangen bei den Ampeln wichtiger Kreuzungen, damit Velos schneller wieder losfahren könnten. Auch wer, wie der Schreibende, tagein, tagaus pedalt, fragt sich: Velofahren ohne abzusteigen? Echt jetzt? Haben wir keine anderen Probleme? Der Stadtrat sagt: «Wir prüfen das.»

Auch wenn das nur in Einzelfällen umgesetzt werden soll: Dem Stadtrat fehlt der politische Mut, solchem Kleinklein von Anfang an die Stirn zu bieten und Nein zu sagen. Ja, die Veloförderung steht auf der Stadtratsagenda weit oben. Aber gab es seit der Freigleis-Eröffnung wirklich entscheidende Fortschritte? Noch immer fehlen durchgehende, sichere Veloachsen durchs Zentrum und auf Hauptverbindungen. Statt grosse Velosymbole beliebig auf Tempo-30-Strassen zu pinseln – das signalisiert eine sogenannte «Velostrasse» –, wäre es vordringlicher, die grossen Baustellen endlich zu öffnen.

Schauplatz Bundesplatz: Auch dort scheint das versprochene, bessere Verkehrsregime festzustecken. Wenigstens konnte die Stadt zwischen Kino und Hotel flugs eine weitere Reihe Parkplätze mit wuchtigen Pflanzensäcken tilgen.

Es scheint, dass die Stadt Luzern bei den Verkehrsmassnahmen in einer Flickwerk-Phase steckt. Kein Wunder, führen Improvisierereien wie Car-Anhalteplätze direkt vor dem Bahnhof zu politischem Gezänk. Aber vielleicht ist das ja strategisch genau so gewollt. Denn mit jeder noch so kleinteilig umgesetzten Verkehrsmassnahme werden Tatsachen geschaffen, die erfahrungsgemäss kaum mehr rückgängig gemacht werden. Ein Schelm, wer denkt, dass Adrian Borgula und seine Tiefbaudirektion bis 2024 noch möglichst viele solcher Pflöcke einschlagen möchten. Denn der grüne Stadtrat stellt sich dannzumal nicht mehr zur Wahl.

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