notifications
Kanton Zug

Finanzdirektor Heinz Tännler will russischer Firma helfen und erntet Kritik

Wegen des Ukraine-Kriegs hat auch die Schweiz Sanktionen gegen Russland verhängt. Diese treffen teilweise auch russische Multimilliardäre und ihre Unternehmen. Der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler hat in diesem Zusammenhang vermittelt und steht nun in der Kritik – die Politik hat bereits reagiert.

Heikle Idee: Wollte der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler der russischen Firma Eurochem aus der Klemme helfen?

Nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine verhängte die EU zahlreiche Sanktionen gegen Russland. Diese schliessen auch mächtige Oligarchen mit ein, unter anderem den russischen Multimilliardär Andrei Melnitschenko, der die Firma Eurochem gründete, wie der « Tages-Anzeiger » berichtet. Das russische Unternehmen gehört zu den grössten Düngerproduzenten weltweit.

Eurochem wird nicht sanktioniert

Im Gegensatz zum Gründer unterliegt das Unternehmen Eurochem keinerlei Sanktionen. Damit dies auch weiterhin so bleibt, überschrieb Melnitschenko die Firma kurzerhand seiner Frau Alexandra Melnitschenko. Die Übertragung der Führungsposition wurde schnell bemerkt, sodass schliesslich auch der Name der Oligarchen-Gattin auf die Sanktionsliste gesetzt wurde.

Eurochem ist einer der weltweit grössten Düngerproduzenten. Im Bild ist ein Standort in Russland zu sehen. 

Anders als Polen, Italien und Litauen sprach die Schweiz keine Sanktionen gegen Eurochem aus. «Obwohl die sanktionierte Oligarchen-Gattin Alexandra Melnitschenko teils Besitzerin, teils Begünstigte eines Aktientrusts von Eurochem ist», zitiert «PilatusToday» den «Tages-Anzeiger». Die Firma befindet sich wegen ihrer russischen Führungspositionen in einer heiklen Situation. Schweizer Grossbanken wie die UBS und die Credit Suisse haben deshalb vergangenen Frühling die Konten der russischen Firma eingefroren.

Vermittler zwischen Zuger Kantonalbank und Eurochem

Als Zuger Regierungsrat und Finanzdirektor des Kantons Zug hat Heinz Tännler dem Düngerproduzenten besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Als das russische Unternehmen nach neuen Banken Ausschau hielt, die noch gewillt waren, Zahlungen für Eurochem auszuführen, kam Tännler ein Einfall.

Hanspeter Rhyner, CEO der Zuger Kantonalbank, wurde von Heinz Tännler telefonisch kontaktiert.
Bild: Bild: Stefan Kaiser

«Die Idee: Die Zuger Kantonalbank könnte in die Bresche springen und statt der Grossbanken für Eurochem ein Konto eröffnen. Tännler griff zum Telefon und rief Hanspeter Rhyner an, den Chef der Zuger Kantonalbank», schreibt die Zeitung.

Tännler stützt sich auf Seco

«Das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco hat bestätigt, dass Eurochem in keinem Bezug zu Russland steht», erklärt Tännler der Zeitung. In der Mitteilung des Seco steht laut dem «Tages-Anzeiger» jedoch klar, dass das Unternehmen Eurochem teils Alexandra Melnitschenko gehört, also der Frau von Andrei Melnitschenko.

Intervention sei «höchstproblematisch»

Ein weiteres Problem stelle die politische Position Tännlers dar. Der Kanton Zug ist im Besitz von 50,1 Prozent der Aktien der Zuger Kantonalbank. Als der Zuger Finanzdirektor zum Hörer griff und Rhyner kontaktierte, habe er keineswegs politisch unabhängig gehandelt, sondern die Position eines Vertreters des Mehrheitsaktionärs der Bank eingenommen.

«Gemäss Gesetz hat aber selbst der Vertreter eines Grossaktionärs wie der Kanton keinerlei Weisungsrecht gegenüber der Bank», heisst es weiter. «Dies wäre eine potenzielle Verletzung des Aktienrechts», erklärt Rechtsprofessor Peter V. Kunz gegenüber der Zeitung. Einem Recht, mit dem der Jurist und Anwalt Tännler eigentlich vertraut sein müsste.

Heinz Tännler (ganz links) und seine Zuger Regierungskollegen. 
Bild: Bild: Urs Flueeler / KEYSTONE

Gemäss Rechtsexperte Kunz ist das Eingreifen Tännlers «hochproblematisch». Er rät dem Zuger Kantonsparlament, Angelegenheiten wie diese zu besprechen. Zudem sollte es die Eingriffe der Regierung in die Geschäfte der Kantonalbank thematisieren, heisst es weiter. Wie dies geschehen soll, liess er offen. Möglich wäre beispielsweise eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) einzusetzen.

Politik reagiert auf Enthüllungen

Der «Tages-Anzeiger» hatte am Montag zum ersten Mal über die Umstände berichtet. Nun reagiert die Schweizer Politik bereits. Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrates hat eine Motion verabschiedet, welche die beschriebene Praxis stoppen will, berichtet die Zeitung.

Die Forderung der Motion lautet wie folgt: «Der Bundesrat wird beauftragt, jegliches bekannte Schlupfloch zur Umgehung von nach Embargogesetz verhängten Sanktionen umgehend zu schliessen. Insbesondere ist dafür zu sorgen, dass sogenanntes ‹ring-fencing› nicht weiter dafür benützt werden kann, um Sanktionen zu umgehen.» Vieles deute darauf hin, dass das Seco im Fall von Eurochem genau ein solches «ring-fencing» bewilligt hat.

Und auch kantonal haben die Zeitungsberichte Folgen. So hat im Zuger Kantonsparlament die Fraktion der Alternativen – die Grünen einen Vorstoss eingereicht. Sie wollen vom Regierungsrat Auskunft über die Rolle von Finanzdirektor Heinz Tännler erhalten. (chm)

Kommentare (0)