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Luzern

Fasnachts-Büezerin: «Manche Gäste verlieren ihre Brille oder gar das Gebiss»

Wenn alle Lokale an der Fasnacht schon geschlossen sind, hat das «Down Town» an der Eisengasse bestimmt noch offen. Die 51-Jährige Geschäftsführerin Pascale Braid findet ohnehin, in ihrer Bar herrsche das ganze Jahr hindurch ein bisschen Fasnacht.
Pascale Braid vor ihrer Bar «Down Town» an der Eisengasse. (Bild: hor)

Aufgezeichnet von Roman Hodel

«Für mich ist Fasnacht Magie – trotz Arbeit. Jedes Mal vor dem Schmutzigen Donnerstag bin ich ganz kribbelig. Einerseits triffst du Leute, die du sonst das ganze Jahr über nicht siehst. Dann diese tollen Verkleidungen, der Sound. Andrerseits bist du aufgeregt. Klappt alles? Kommen alle vom Personal pünktlich? Es gibt Leute, die klopfen schon vor der Tagwache um 4 Uhr an die Türe. Wir öffnen jeweils um 5 Uhr und schliessen erst wieder am anderen Morgen um 6 Uhr, je nach Stimmung und Gästen wird es auch später. So geht das über mehrere Tage – wir arbeiten im Drei-Schicht-Betrieb. Die Leute wissen halt, wenn ein Lokal noch offen hat, dann das ‹Down›.

Daran hat sich in den letzten 45 Jahren, seit es unsere Bar gibt, nichts geändert, wohl aber an den Tagen. So ist der Rüüdige Samschtig mittlerweile unser umsatzstärkster Tag. Dafür läuft am Güdisdienstag immer weniger. Für viele ist nach dem Güdismontag die Fasnacht vorbei. Zudem hat das Wetter einen grossen Einfluss. Dieses Jahr ist es nicht optimal für uns. Zu warm! Am liebsten mögen wir es kühl und trocken. Dann rotieren die Gäste zwischen drinnen und draussen.

Immer wieder mal müssen wir an der Fasnacht Toilettentüren aufschliessen, weil jemand eingeschlafen ist.

Meisten sind es Männer. Was man hier erlebt während einer Fasnacht, ist überhaupt kaum zu glauben. Am Boden liegt alles an Kleidern, was du dir vorstellen kannst. Es gibt Gäste, die verlieren hier ihre Brille – oder gar das echte Gebiss. Und je fortgeschrittener die Nacht ist, desto öfter musst du nach einer Bestellung x-mal wiederholen, was es kostet. Die Gäste brauchen auch ewig, bis sie das Geld im Hosensack gefunden haben. Das ist manchmal lustig, manchmal kriegst du fast die Krise.

Das Schöne am ‹Down› ist die Mischung der Gäste – vom Polizisten bis zum Anwalt, von jung bis alt. Und du hast schnell Kontakte geknüpft. Unter Umständen hast du mit jemandem abgemacht, doch den Abend verbringst du am Ende mit völlig anderen Leuten, bist am Diskutieren, am Feiern. So gesehen ist bei uns eigentlich das ganze Jahr hindurch Fasnacht.

Klar spielt der Alkohol dabei eine Rolle. An der Fasnacht sowieso. Das lockert die Stimmung auf. Auch das Personal darf bei mir trinken. Natürlich im Mass – und die Arbeit muss tadellos ausgeführt sein.

Der grosse Renner bei uns ist inzwischen der Häxetee. Das ist ein Münze-Tee mit grünem Wodka. Das geht amigs zu und her. Ganze Gröppali von fünf, sechs Leuten bestellen eine Runde nach der anderen. Am zweithäufigsten bestellt wird an der Fasnacht das Barbara-Bier. Das gehört einfach zum ‹Down›.

So wie ich. Mein Vater Gerard hat die Bar 1975 gegründet. Ich durfte 1983, da war ich 16, erstmals an einer Fasnacht hinter dem Tresen stehen. Aber nur für kurze Zeit – und zu trinken gab’s natürlich nur ein Coci. Mein Vater fand ohnehin, das «Down» sei nichts für junge Frauen. Trotzdem habe ich mit 20 hier angefangen zu arbeiten – und bin geblieben. Zwei Unterbrüche gab’s, als ich Mami wurde. Und seit zehn Jahren bin ich die Chefin. Mein Vater, der heute in Vietnam lebt, war lange skeptisch. Heute ist er froh, dass ich den Laden übernommen habe.

Wie lange ich das noch mache? Mal sehen. Sicher nicht bis zur Pensionierung. Eher unwahrscheinlich ist zudem, dass eine meiner Töchter – sie sind 24 und 27 – das ‹Down› übernimmt. Ehrlich gesagt, möchte ich auch gar noch nicht ans Ende denken. Jetzt bringen wir zuerst diese Fasnacht durch. Am Aschermittwoch ist übrigens dann geschlossen. Ein Tag Erholung muss sein.»

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