Florian Pfister
Es ist ein Thema, über das selten gesprochen wird. Dennoch, der Tod ist ein ständiger Begleiter im Leben und man sollte sich schon vor dem Ernstfall damit beschäftigten, wie die Berufsmaturaarbeit der beiden Kernserinnen Tamara Abegg und Nicole Ettlin mit dem Titel «Die letzte Phase des Lebens» zeigt. Sie beschäftigen sich unter anderem damit, wie der Tod in der Gesellschaft angesehen wird und beleuchten die Sterbeorganisation Exit sowie das Hospiz in Littau.
«Wir wollten wissen, welche Möglichkeiten es gibt, sich auf den Tod vorzubereiten», sagt die 21-jährige Tamara Abegg. «In unserem Alter weiss man noch nicht viel. Eine Geburt plant man meistens oft bis ins Detail, der Tod dagegen wird verdrängt.» Es werde zu wenig über den Tod geredet. Darum falle es den Menschen schwer, damit umzugehen, wenn es so weit ist. Die Schülerinnen haben während ihrer Arbeit jedoch gemerkt: Wenn man mit den Leuten über den Tod redet, zeigen sie sich offen gegenüber dem Thema.
Freitodbegleitung moralisch vertretbar?
Durch den medizinischen Fortschritt sei es den Ärzten gelungen, den Sterbeprozess zu verlängern, schreiben die Obwaldnerinnen. Damit verbunden kann eine längere Leidenszeit sein. «Manche Menschen wären damit zufrieden, wenn sie friedlich einschlafen könnten», sagt Tamara Abegg. «Durch die vielen Behandlungen ist es ein Kampf, bis man wirklich gehen kann.»
In der Schweiz ist die Freitodbegleitung gesetzlich erlaubt, jedoch lediglich als passive Sterbehilfe. Hierbei muss die sterbewillige Person das tödliche Medikament selbst einnehmen, begleitet von ausgebildetem Fachpersonal. Dazu braucht es mindestens die folgenden Voraussetzungen: ein aktuelles Diagnoseschreiben des behandelnden Arztes, die Bestätigung der Urteilsfähigkeit durch einen Arzt sowie ein ärztliches Rezept für das Sterbemittel Natrium-Pentobarbital. Der grosse Vorteil bei Exit sei, dass man nie zu etwas verpflichtet sei und seine Entscheidung ändern könne, sagt die 19-jährige Nicole Ettlin. Ist Exit moralisch vertretbar? «Das muss jeder selber entscheiden», sagt Tamara Abegg. «Ich finde es gut, dass wir in der Schweiz eine solche Organisation haben. Wir haben das Recht auf Leben, aber auch das Recht auf den Tod.»
Kein definitiver Entscheid
Jeder, der urteilsfähig ist, kann eine Patientenverfügung ausfüllen. Damit soll man sich selbst bewusst machen, welche medizinischen Eingriffe man im Ernstfall eingehen will und welche nicht. «Besonders jüngere Menschen denken oft, dass sie noch keine Patientenverfügung brauchen», sagt Tamara Abegg. «Aber wir wissen nicht, ob wir einmal einen Unfall haben werden.»
Die Patientenverfügung ist kein definitiver Entscheid, sondern eine Orientierungshilfe für die Angehörigen, betont Abegg. «Das wusste ich vorher nicht.» Wer Mitglied bei Exit wird, erhält die Möglichkeit, solch eine Verfügung auszufüllen. Diesen Schritt haben die beiden Obwaldnerinnen noch nicht unternommen. «Ich kann mir vorstellen, mich in naher Zukunft anzumelden, will mir aber Zeit dafür lassen», sagt Ettlin.
«Ein krasser Eindruck»
Besonders beeindruckt waren die Schülerinnen von ihrem Besuch im Hospiz Littau. Dieses bietet den Menschen mit einer unheilbaren Krankheit eine letzte Station vor dem Tod. «Es war ein krasser Eindruck, dass hinter den Türen Menschen leben, die das Hospiz nicht mehr lebend verlassen», sagt Tamara Abegg. Nicole Ettlin ergänzt: «Es war herzlich eingerichtet. Man fühl sich trotz der Umstände wohl.»
War der Tod je bedrohlich für die beiden? Ettlin meint dazu: «Er war es, bevor noch kein Todesfall in der Familie stattfand. Man wusste nicht genau, was passiert. Wenn man selber einen Todesfall miterlebt, lernt man damit umzugehen und den Tod zu verstehen.» Abegg musste im vergangenen Jahr gleich von zwei Grosseltern Abschied nehmen. «Ich bin schon noch auf Distanz und habe Respekt davor», sagt die gelernte Coiffeuse. «Aber es ist in Ordnung, wenn es so weit ist.» Durch ihre Arbeit haben die zwei Obwaldnerinnen gelernt, es mehr zu schätzen, dass sie gesund sind. «Es gibt Leute, die das Leben wegen einer Krankheit nicht mehr so geniessen können wie vorher», sagt Ettlin. «Das ist uns bewusst geworden.»