Kristina Gysi
Kristina Gysi
Kristina Gysi
Miriam Wipfli sitzt in einem braunen Ledersessel im Vorraum des Musikstudios, die Beine überschlagen, stets ein sanftes Lächeln im Gesicht. Seit zehn Jahren singt die Urnerin in der Band ihres Vaters, der First Field Jazz Band – als einzige Frau unter älteren Männern. Zudem gibt sie der jungen Alternative Rock Band Wastelight als Leadsängerin ihre Stimme. Nun verfolgt sie ihr Soloprojekt «Miriam».
Wenn Miriam redet, wippen ihre braunen Locken mit: «Irgendwann fand ich, dass es cool wäre, etwas mit jüngeren Leuten zu machen», sagt sie. Und sie ist keine Frau der leeren Worte – neben ihr sitzen die Produzenten Andreas Kälin aus Altdorf und Leonid Rousniak, ein in Zürich wohnhafter Franzose mit russischen Wurzeln. Die beiden sind die Köpfe des Musiklabels Minor Mayhem.
Zusammen mit Miriam produzieren sie derzeit eine EP, also ein gekürztes Musikalbum. Darauf eine Song-Collage aus Lebenserfahrungen, gesungen auf Pop-Beats – Erscheinungsdatum der EP «Mirage» ist der 21. Mai.
Ein Song davon wird jedoch schon am 19. März veröffentlicht. «Roll The Dice» ist ab Freitag offiziell auf allen Streaming-Plattformen verfügbar.
«Im Song geht es darum, dass man seine Chancen im Leben ergreifen und etwas wagen soll», sagt Miriam.
Die Verwirklichung eines Traums
Die 26-Jährige schreibt ihre Songs selbst, anders könne sie nicht die gleichen Gefühle und dieselbe Leidenschaft in ihre Stimme bringen. Eigens geschriebene Texte singen und veröffentlichen – dazu braucht es Mut, findet auch Andreas Kälin: «Wir Produzenten sind immer im Hintergrund», sagt er. «Die Sängerin steht mit ihrer Stimme und ihrem Gesicht in der Öffentlichkeit und exponiert sich.» Miriam liegt das zwar, trotzdem beschreibt sie die baldige Publikation von Song und EP als eine «nervöse Sache» – und als die Verwirklichung eines langersehnten Traums:
«Acht Titel werden erscheinen, die teilweise sehr intim sind.»
Das Studio, in dem die Erstfelderin seit Juni 2020 an ihren neuen Songs feilt, liegt in einem Keller bei Wollishofen im Kanton Zürich. Es ist kühl, zwei Stehlampen beleuchten den Raum mit schwachem, blau-violettem Licht.
Die Urnerin mag es, in dieser dunklen, entspannten Atmosphäre zu singen. Und sie mag es, neue Dinge auszuprobieren. Während der heutigen Aufnahme-Session geht es darum, Ideen für zukünftige Projekte zu sammeln. Während die beiden Produzenten am Tisch sitzen und der Tonspur auf dem Bildschirm folgen, steht Miriam einige Meter weiter, durch Wand und Fenster getrennt, vor einem Mikrofon.
Ab und zu schielt sie auf den Notenständer neben sich. «Ich versuche, das mal noch höher zu singen», teilt sie den Produzenten per Mikrofon mit. Eben, etwas Neues probieren. «Too much, too much», so Rousniaks Urteil. Oder: «Very nice. Can we have another take with a tiny bit more emotion?» Man geht hier ehrlich und respektvoll miteinander um. Sagt, wenn etwas nicht funktioniert, lobt aber auch, wenn es passt. «Wir sind sicher kritisch», sagt Andreas. «Aber Miriam weiss sich auch zu wehren.» Und sie habe grosses Talent: Wenn sie etwas «schlecht singe», sei es eigentlich nicht wirklich schlecht, sondern einfach ein bisschen weniger gut, erklärt Rousniak. Auch Miriam ist mehr als zufrieden mit ihren Produzenten:
«Seit wir uns im Juni kennengelernt haben, harmoniert es einfach.»
Einig sei man sich lange nicht immer, man diskutiere oft und komme auf verschiedene Resultate – aber am Ende schliesse man immer einen guten Kompromiss. «Die Jungs wissen, wie sie Künstler motivieren können», so die Sängerin. «Und da wir alle unsere Talente haben, die völlig verschieden sind, ergänzen wir uns gut.»
Auf die Veröffentlichung des Songs «Roll the Dice» am 19. März haben sie sich alle riesig gefreut. Nun blicken die drei Musiker erwartungsvoll auf den 21. Mai – den Tag, an dem die EP «Mirage» erscheinen wird. Die zwei Produzenten im Hintergrund gelassen – und Miriam etwas nervöser. Zuversichtlich sind sie aber alle: «Wir haben viel Energie und Zeit in dieses Projekt investiert. Es kommt sicher gut», sagt die Urnerin.