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Erstmals die volle Punktzahl: Ein Rütlischiessen fürs Geschichtsbuch

Die Urner schneiden beim Traditionsanlass zwar gut ab. Für eine Überraschung sorgt aber ein Nidwaldner.

An der 157. Ausgabe des traditionellen Rütlischiessens waren auch Urner vorne mit dabei: Mit Georg Zgraggen aus Schattdorf (86 Punkte), Adrian Arnold aus Altdorf (85 Punkte), Hardy Bissig aus Seedorf (85 Punkte), Regierungsrat Urban Camenzind aus Bürglen (84 Punkte) und Beat Stadler aus Schattdorf (84 Punkte) schafften es fünf Urner unter die besten 20. Weil man einen Rütlibecher nur einmal gewinnen kann, sind die fünf Gewinner des Urner Rütlibechers nicht identisch mit den bestplatzierten Urnern. Eine, die das erste Mal beim Rütlischiessen mit von der Partie war und schon einen Becher eingeheimst hat, ist Heidi Welti aus Unterschächen mit 81 von 90 möglichen Punkten. «Ich habe gute Schützenkollegen, die mich unterstützt haben. Die Schützenkameradschaft in Unterschächen ist halt schon super», sagte sie überglücklich.

Daniel Epp, seit diesem Jahr Präsident der Urner Rütli-Sektion, zeigt sich zufrieden mit dem Resultat der Urner: «Ich bin der Meinung, die Urner haben gute Resultate abgeliefert. Leider hat uns das Glück gefehlt, einen Schützen ganz nach vorne zu bringen.» Den Grund verortet er in dem generell hohen Niveau dieses Jahr. Konsens herrschte unter den Schützen gestern Mittwoch, dass das allgemeine Niveau stetig steigt.

Es ereignete sich gar ein Stück Rütligeschichte: Erstmals seit 157 Jahren gelang es einem Schützen, die volle Punktzahl von 90 Punkten zu erreichen. Der Coup gelang Pius Wyss aus Ennetmoos. Wyss war ein gefragter Mann unter den Schützen: Überall wurde er zum Kaffee gebeten. Mit heiserer Stimme stand er der «Urner Zeitung» Red und Antwort. Der 46-Jährige ist kein Unbekannter: 2008 hatte er den Meisterbecher gewonnen und 2010 die Bundesgabe. Auf die Frage, was dies für ihn bedeute, gab er sich bescheiden: «Dies kann natürlich niemand planen. Es muss vieles stimmen im Kopf und auch im Umfeld», sagte er. Die Punktezahl 87 und höher sei sehr selten. Doch: Auf dem Rütli hätten bereits 150000 Schützen geschossen. Insofern sei es wohl eine Frage der Zeit gewesen. Trotzdem waren die Organisatoren auf dieses Ereignis nicht vorbereitet: Anstelle eines Preises gab es aber einen tosenden Applaus und Jubelrufe.

Jordi freute sich, auf dem Rütli erneut dabei zu sein

Unter den Ehrengästen liess sich auch einige Prominenz wie Schauspieler Hausi Leutenegger oder Sängerin Francine Jordi blicken. Jordi ist nicht das erste Mal mit von der Partie und wurde dieses Jahr von den Stadtschützen Bern eingeladen. «Für mich als begeisterter Schützenfan und aktives Mitglied bei den Feldschützen Richigen ist es äusserst schön hier herzukommen», sagte Jordi. Es sei toll, einen so unglaublichen Traditionsanlass mitzuverfolgen und die Schützengemeinschaft miterleben zu dürfen. «Auch der Sportsgeist und die Freude am Zusammensein sind etwas ganz Spezielles.»

Tatsächlich kommt dem Rütlischiessen eine Art Sonderstatus unter den Schützenfesten zu. Es ist zwar nicht das grösste Feldschiessen der Schweiz. Aber, wie auch der Luzerner Vorortspräsident Renato Steffen, dieses Jahr verantwortlich für die Austragung, später in seiner Rede an der Schützengemeinde festhielt: «Dieses Fest erinnert nicht an eine Schlacht, sondern an die Gründung der Schweiz vor historischer Kulisse.»

Vielleicht hatte der Papst selber die Finger im Spiel

So war es auch kein Wunder, dass wie jedes Jahr 1152 Schützen aus der ganzen Schweiz mit dem Schiff angereist waren. Die Urner hatten um 6.04 Uhr ab Flüelen Kurs Richtung Rütli genommen. Die Spannung unter den Schützen sei auf dem Schiff gross gewesen, wie der ehemalige Präsident der Urner Rütli-Sektion Adrian Zurfluh berichtet. Trotz Regenwetter kamen 127 Urner Schützen. Dass es im Verlauf des Tages freundlicher wurde, war vielleicht auch dem Papst höchstpersönlich zu verdanken. Vorortspräsident Renato Steffen hatte nämlich den Papst getroffen und ihn um gutes Wetter gebeten. Dieser habe allerdings erwidert: «Wir stellen nur das Bodenpersonal.»

Einer der Urner Schützen war Pirmin Herger aus Spiringen. Gegen 14 Uhr machte sich der 38-Jährige beim Spirgner Stand für den grossen Moment parat. Er packte sein Sturmgewehr 90 aus, zieht seine Schiessjacke an und setzt seinen Filzhut auf. Herger kam wie viele durch seinen Vater zum Schiesssport. Er ist seit 2008 beim Rütlischiessen dabei und trainiert einmal die Woche. Wer ihm gegenübertritt, bemerkt sofort seine grosse Ruhe. Dabei handelt es sich wohl um eine Grundvoraussetzung im Schützensport. «Vom heutigen Tag erhoffe ich mir 75 Punkte», sagte er. Auf seinem Weg zum Schiessplatz wünschte man ihm «Gut Schuss!».

Das Schiessprogramm umfasst in der Kniend-Stellung drei Schüsse in einer Minute und zweimal sechs Schüsse in je zwei Minuten auf die Distanz von zirka 250 Metern auf eine A5-Scheibe. «Kniend zu schiessen ist definitiv schwieriger als liegend, das muss man trainieren», so Herger. Dann war es soweit: «Achtung, es wird geladen», tönte es aus dem Lautsprecher. Ein Horn erschallte und Feuer. Als sich Herger wenig später wieder umdrehte, stand ihm die Zufriedenheit ins Gesicht geschrieben: «79 Punkte», strahlte er.

Der Luzerner Regierungsrat Paul Winiker hielt die Festrede. Es sei keine Selbstverständlichkeit, dass man auf dem schönsten Schiessplatz der Welt noch schiessen dürfe, so Winiker. «Leider sind unsere Traditionen nicht ungefährdet. Wir müssen dafür einstehen, dass unsere Werte, unsere Ordnung, noch bewahrt werden kann.» Er spielte damit auf die Übernahme von neuem Waffenrecht aus Brüssel an. Winiker hofft auf die Unterstützung der Schützen, weiter für die Werte der Schweiz einzustehen und erhielt dafür viel Applaus.

Hinweis
Die Rangliste gibt es unter www.ruetlischiessen.ch.

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