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Erich Infanger: «Isenthal muss man selber entdecken»

Der neue Gemeindepräsident Erich Infanger versucht, die grossen Herausforderungen mit Lockerheit anzugehen. Als Pluspunkt streicht er den Zusammenhalt der Einwohner hervor, die vorderhand ihre Eigenständigkeit bewahren möchten.
Erich Infanger: «Wenn es hart auf hart kommt, dann kann man aufeinander zählen.» (Bild: Florian Arnold, Isenthal, 29. Januar 2019)

Florian Arnold

Er sei jemand, der aus einer Mücke keinen Elefanten mache, heisst es auf der Gemeindeverwaltung von Isenthal. Der neue Gemeindepräsident sei viel mehr ein «lockerer Typ». «Das versuche ich, aber es funktioniert natürlich nicht immer», sagt Erich Infanger. Lockerheit kann in dieser Gemeinde wohl nicht schaden, zählt Isenthal, was die finanzielle Situation betrifft, eher zu den Sorgenkindern des Kantons. In den Rechnungen 2015 und 2016 wurden zwar noch Gewinne geschrieben, seither wurden vor allem rote Zahlen verzeichnet und vorausgesagt. Für kommendes Jahr ist ein Defizit von 65 000 Franken veranschlagt. Wenig Hoffnung macht ein Blick in die Steuerstatistik. Isenthal weist eines der geringsten Steuerpotenziale aus. Pro Kopf müssen, beim hohen Steuerfuss von 117 Prozent, 1184 Franken Steuern bezahlt werden (Zahlen: 2017). Der Kantonsschnitt beträgt 2136 Franken. In Andermatt werden pro Kopf 4062 Franken Steuern eingenommen.

«Ich habe das Amt nicht gesucht»

Neben den finanziellen Engpässen wird es aber in Isenthal auch zunehmend schwieriger, die Behörden zu besetzen. «Bis jetzt ist es immer irgendwie gegangen, ohne jemanden dazu zu verknurren», sagt Erich Infanger. Aber auch er gibt zu: «Ich habe das Amt nicht gesucht.» Das tue niemand. Er hat dafür eine Erklärung:

«Es ist ein Angstdenken vor so einem Amt vorhanden.»

Viele könnten sich nicht vorstellen, was es genau bedeute, im Gemeinderat mitzuarbeiten – «dabei erlebt man auch viel Schönes». Auch er sei «als Querschläger» ins Amt gekommen. Einen Tag vor der Offenen Dorfgemeinde im Mai 2012 wurde Infanger darüber informiert, dass er als neues Gemeinderatsmitglied vorgeschlagen werde. «Ich hatte gar keine Zeit, gross nachzudenken und mir vorzustellen, was das bedeutet.» Wenn er heute daran zurückdenke, verspüre er zwar keine Reue. «Wenn man in diesem Tal wohnt, weiss man, dass man irgendwann ein ‹Jöbli› übernehmen muss. Ich hätte es einfach nicht auf diese Art und Weise erwartet.»

Aufgaben werden auf mehrere Schultern verteilt

Sechs Jahre nach seinem Amtsantritt ist er nun an der Spitze des Gremiums. Er betont: «Ich möchte nicht den Chef raushängen.» Er müsse zwar schauen, dass alles laufe. «Aber wenn man kein Team um sich hat, bringt das gar nichts.» Von Anfang an sei deshalb die Abmachung gewesen, dass die einzelnen Aufgaben innerhalb des Gemeinderats auf mehrere Schultern verteilt würden. «Jeder gibt das Beste, dafür sind wir da», so der Gemeindepräsident. Wie viel Zeit er für das Präsidentenamt aufwenden müsse, könne er jetzt noch nicht abschätzen. «Ich lasse mich überraschen.»

«Was will man mehr?»

Isenthal ist bekannt für ein aktives Vereinsleben. Beispielsweise der Musikgesellschaft gehören viele an, die längst nicht mehr in Isenthal wohnhaft sind. Infanger selber engagiert sich in der Feuerwehr und im Dorftheater, wo er schon selber mitspielte oder sich ums Bühnenbild kümmerte. Den Zusammenhalt untereinander hebt er denn auch als grossen Pluspunkt seiner Gemeinde heraus. Daneben schwärmt er von der Natur: «Am besten muss man es einfach gesehen haben. Wenn man zum Beispiel auf den Schwalmis wandert, hat man ein einmaliges Panorama. Mit wenig Aufwand erlebt man etwas Wunderbares. Was will man mehr?» In Isenthal fehle es einem an nichts: «Man lebt an einem ruhigen Ort und ist mit wenig Aufwand im Zentrum in Altdorf und auch rasch in Luzern.»

Doch in Infangers Leben gab es auch eine Zeit ohne Isenthal. Nach seiner Lehre zum Strassenbauer zog er nach Schattdorf und später nach Attinghausen. Nach zwölf Jahren ergab sich die Aussicht auf eine Stelle in Isenthal: Infanger konnte von seinem Vater den Winterdienst in der Gemeinde Isenthal übernehmen sowie die dazugehörende Transportfirma. Heute ist der Gemeindepräsident in der ganzen Schweiz unterwegs – «denn im Sommer ist der Winterdienst nicht so ertragsreich», scherzt er.

Für Isenthal überzeugen konnte Infanger auch seine Frau, die in der Göscheneralp aufgewachsen war. «Wenn man als Fremde nach Isenthal zieht, gehört man recht schnell dazu», weiss er. «Man muss einfach seinen Beitrag dazu leisten.» Das sei typisch für ein Bergdorf.

«Wenn es hart auf hart kommt, dann kann man aufeinander zählen.»

Dass man sich kenne, habe zwar manchmal auch Nachteile, «aber grundsätzlich überwiegt das Positive». Nach Möglichkeit versuche er ohnehin, das Amt vom Privaten zu trennen.

Fusion wird vorderhand nicht zum Thema

Infanger ist bewusst, dass seine Gemeinde grosse Herausforderungen zu meistern hat. «Ob es irgend ein Pülverchen gegen diese schwierige Situation gibt, weiss ich nicht», so der Gemeindepräsident. Die beiden Nachbargemeinden Bauen und Seedorf planen zurzeit ihre Fusion. An diesen Schritt sei aber in Isenthal noch nicht zu denken. «Man fürchtet sich davor, Eigenständigkeit zu verlieren», weiss der Gemeindepräsident, ist aber zuversichtlich: «Irgend einen Weg wird es immer geben.»

Zurzeit versuche sich die Gemeinde anders über Wasser zu halten. So konnte etwa der Dorfladen durch ein Genossenschaftsmodell erhalten bleiben. Wichtig erscheint dem Gemeindepräsidenten auch, die eigene Schule zu behalten. «Das ist das Non-Plus-Ultra, um jungen Familien etwas zu bieten.» Gefühlsmässig seien heute wieder mehr Familien bereit, ihre Kinder in Isenthal aufwachsen zu lassen als noch vor 20 Jahren, glaubt Infanger, «nur haben heute die Familien in der Tendenz weniger Kinder».

Doch warum sollte eine junge Familie nach Isenthal ziehen? «Warum nicht?», antwortet Infanger keck. Man versuche, Werbung zu machen, am effektivsten über Mund-zu-Mund-Propaganda. «Aber letztlich muss man das Isenthal selber entdecken.»

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