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Luzern

«Eine von beiden Personen lügt» – Iranisches Paar nach Brand ihrer Bar vor dem Luzerner Kriminalgericht

Die Angeklagten weisen sich gegenseitig die Schuld zu. Gefordert werden mehrjährige Haftstrafen und Landesverweis.

Es sollte ein Traum in Erfüllung gehen: Aufenthaltsbewilligung und Arbeit in der eigenen Bar. So stellten es sich der 29-jährige Iraner und seine damalige iranische Partnerin vor. Sie wollten ein «neues Leben.» Doch die Bareinnahmen waren zu gering, es zeichneten sich finanzielle Schwierigkeiten ab. Lieferanten lieferten nur noch gegen Barzahlung und Gäste blieben aus.

So kam die Idee auf, die Bar abzufackeln, es als Vandalenakt aussehen zu lassen und so das Versicherungsgeld über 80'000 Franken kassieren zu können.

Benzinspuren und Molotowcocktails

Der Plan ging nicht auf. Das Lokal brannte zwar Mitte März 2018 lichterloh, doch der vorgetäuschte Vandalenakt flieg auf. An acht Stellen wurde Brandbeschleuniger entdeckt und benzingetränkte Handschuhe in der Wohnung der beiden. Das Paar wurde verhaftet und sitzt seither im Gefängnis.

Für den Beschuldigten beantragt die Staatsanwaltschaft 7,5 Jahre Haft, eine Busse von 500 Franken und 12 Jahre Landesverweis, für die Beschuldigte 10 Jahre Haft und 10 Jahre Landesverweis. Die Verteidigung will keinen Landesverweis und eine verminderte Strafe.

Diesen Montag und Dienstag wurde darüber am Luzerner Kriminalgericht verhandelt. Dem Beschuldigten wird nebst Brandstiftung auch Betrug, unrechtmässiger Bezug von Sozialleistungen, Vergewaltigung und Tätlichkeiten gegenüber seiner damaligen Partnerin vorgeworfen. Die Vergewaltigung bestreitet er. Ansonsten ist er geständig. Er wolle

«die Wahrheit sagen, erzählen, was wirklich geschehen ist».

Bei bisherigen Einvernahmen widersprach er sich oder schwieg ganz. Der Iraner hatte die Bar in einem Industriequartier in der Agglomeration Luzern im September 2017 übernommen. Dazu erhielt er ein Darlehen über 50000 Franken vom Vater seiner damaligen Lebenspartnerin. So steht es in den Akten, das bestreitet er jedoch.

Opfer oder dominante Frau?

Die Bar zu eröffnen, sei ihre Idee gewesen. Nicht er, sondern sie habe das Geld über ihren Vater organisiert. Sie habe auch den Brand geplant. Ausgeführt hätten sie ihn aber gemeinsam. Beide bestritten, gewusst zu haben, dass im Gebäude zwei Frauen wohnten. Er habe nur gemacht, was sie sagte. Sie habe ihn unter Druck gesetzt und bedroht. Er hatte Angst, weil sie ständig drohte, ihn wegen Vergewaltigung anzuzeigen, falls er nicht mache, was sie wollte. Dazu sei es nie gekommen. An besagtem Abend hätten sie sich eine halbe Stunde in der Stadt getroffen, Kaffee getrunken und danach seien sie getrennt nach Hause gegangen. Und zur erschleichen wirtschaftlichen Sozialhilfe sagt er: «Ich wusste nicht, dass ich das geliehene Geld der Caritas hätte melden müssen.»

Ganz anders die Schilderungen der Angeklagten. Die 30-Jährige beschreibt ausführlich, wie der Abend der Vergewaltigung verlief. Sie habe sich geschämt, sei gedemütigt und geschlagen worden. Sie bestreitet auch, die treibende Kraft hinter dem Brand gewesen zu sein. «Er hat alles gemacht, er sagte ‹ich mache Bar kaputt›. Meine Worte zählten nicht, ich konnte ihn nicht davon abhalten, ich hatte Angst vor ihm.»

Dem Gericht präsentierten sich zwei Angeklagte, die sich gegenseitig beschuldigen und den Tathergang individuell schildern. Der Richter sagte nach der Befragung:

«Eine von beiden Personen lügt.»

Für den Verteidiger des Mannes «lügt die Frau am Stück», sei eine gute Schauspielerin und wollte nur profitieren. Denn der Angeklagte hat eine Aufenthaltsbewilligung und die Angeklagte nicht.

Die Verteidigerin der Frau sieht ihre Mandantin als Opfer, das bereits im Iran Gewalt erfuhr und deshalb floh. Sie habe den Angeklagten geliebt. Er sei ein Macho, der zuschlägt und sich dann weinend entschuldigt. Sie fordert die unverzügliche Freilassung der Mandantin und eine finanzielle Entschädigung für die bisherige Haft.

«Längst Bewiesenes wird in Abrede gestellt, die Wahrheit vertuscht» sagt der Staatsanwalt und spricht von einer mittelschweren bis schweren Tat aus Geldgier. Er bleibt beim Strafmass und Landesverweis.

Das Urteil wird den Parteien schriftlich mitgeteilt.

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