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Zug

Franz Schuberts «schöne Müllerin» dramatisch interpretiert

«Die schöne Müllerin» von Franz Schubert: Der Tenor Herbert Lippert und der Pianist Tobias Rütti gestalteten den weltbekannten Liedzyklus mit einem besonderen Akzent.

Der Tenor und Maler Herbert Lippert sprach offen über sein Leben und sein künstlerisches Wirken. Anschliessend interpretierte er «Die schöne Müllerin».
Bild: Bild: Mathias Blattmann (Zug, 28. Januar 2023)

Das Konzert in der Kapelle Kollegium St.Michael Zug gehörte zum Gesamtprogramm der Kammer Solisten Zug. Aber von der gewohnten Bläserbesetzung wirkte nur gerade der Fagottist und Hauptorganisator Stefan Buri aktiv mit. Geblieben ist das gleiche Publikum wie bei den Bläserkonzerten.

Schon bei der Einladung dachte der Schreibende an den in der Schweiz über viele Jahrzehnte aktiven Arthur Loosli (1926–2021), welcher gleichzeitig als Liedsänger und bildender Künstler wirkte, gleich wie jetzt der aus Österreich stammende Herbert Lippert. Wie man in der Einführung vernahm, gehen aber die Parallelen noch viel weiter: 1974 sang Arthur Loosli im Auftrag der damaligen Schallplattenfirma Akzent die ebenfalls von Schubert komponierte «Winterreise» und schuf zu jedem der 24 Lieder eine Illustration. Genau das Gleiche leistete Herbert Lippert 2017 im Auftrag der Wiener Staatsoper.

Eigenartiger Blickwinkel des Textdichters

In der von Stefan Buri moderierten Einleitung konnte man die einzelnen Bilder Lipperts allerdings jeweilen nur wenige Sekunden als Aufnahmen sehen. Bei den überwiegend in Öltechnik angefertigten Werken dominierten im Zentrum klare Aussagen mit bis in die Porträttreue erkennbaren Gesichtszügen, umgeben von einem meist viel allgemeiner gehaltenen Hintergrund.

Tobias Rütti beschrieb den Handlungsablauf des Liederzyklus «Die schöne Müllerin». Der Blickwinkel des Textdichters Wilhelm Müller ist eigenartig: Der anfangs optimistische Müllerbursche wird bei der erhofften Liebesbeziehung vom Jäger verdrängt, was den verschmähten Liebhaber schliesslich in den Selbstmord treibt. Vor allem in der Klavierbegleitung kommt auch der für den damaligen Müllereibetrieb lebensnotwendige Bach ausgiebig zum Zuge, während die Angebetete selbst nur an wenigen Stellen andeutungsweise selber aktiv erscheint.

Was schon die Einleitung ankündigte, bestätigte auch die anschliessende Liedinterpretation: Herbert Lippert verfügte über eine ausgezeichnete Sprachverständlichkeit, welche ein Textheft tatsächlich entbehrlich machte. Hohes Lob verdiente auch die durch den ganzen Zyklus ausgezeichnete Intonation. Die lange Opernerfahrung des Sängers war nicht zu überhören. Er betonte und unterstrich vor allem die dramatischen Momente, offensichtlich gut abgesprochen mit dem Pianisten. Für die Begleitfunktion in einem Liederzyklus gelangte Tobias Rütti ungewohnt häufig ins Forte, was aber das klangliche Gleichgewicht nie gefährdete.

Der Pianist war gefordert

Herbert Lippert verfügte auch über eine grosse Breite im Klangvolumen. Er begann oft mit einem feinen Piano, das aber nach Geschmack des Autors viel zu rasch in manchmal extreme Lautstärke ausmündete. In jeder Hinsicht überzeugend wirkte mit solchen Voraussetzungen das Lied «Ungeduld», wo der einzige Aufstieg ins hohe «a» innerhalb des Zyklus souverän gemeistert wurde. Aber im direkt anschliessenden «Morgengruss» fehlte dann die Spannkraft, was den Sänger dazu zwang, den atemtechnisch schwierigen Schluss in allen vier Strophen abzukürzen.

Der österreichische Tenor ist auch Maler.
Bild: Mathias Blattmann (Zug, 28. Januar 2023)

Die insgesamt forsche Tempowahl verlangte auch vom Pianisten einiges ab. Neben bewusst schlicht bis karg gehaltenen Begleitsätzen – etwa zu Beginn des Liedes «Trockene Blumen» – gab es auch genügend viele lebhafte Klavierpassagen, bei welchen Tobias Rütti seine spieltechnische Souveränität unter Beweis stellen konnte. Etwas undankbar erschien die Aufgabe für Stefan Buri am Fagott. Dem Klavierpart von Franz Schubert war eigentlich nichts beizufügen, dies umso mehr, weil ja die Tasteninstrumente der Schubert-Zeit ein geringeres Klangvolumen aufwiesen als ein moderner Konzertflügel. In Respekt gegenüber dem Original blieben daher dem zusätzlichen Blasinstrument neben Fülltönen nur wenige thematische Einsätze.

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