Es gibt so manche Pflicht im Leben. Ein Beizenbesuch dagegen ist freiwillig. Und doch, es gibt sie noch, die Wirtschaften, in die man gerne einkehrt, wo man herzlich empfangen wird und entzückt die Speisekarte studiert.
Es sei eine Berufung, Gastgeber zu sein, sagte mir neulich ein passionierter Restaurantbesucher. Nur, meinte er weiter, könnten vielerorts bessere Voraussetzungen geschaffen werden. Ich war ganz Ohr.
Internet: Heute sei der Internetauftritt die Visitenkarte einer Beiz, nicht nur für Gäste, auch für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die eine neue Stelle suchen. Leider seien die Websites aber allzu oft unprofessionell gestaltet. Etwa mit Frühlingsangeboten bis tief im Herbst. Oder mit einer komplizierten Navigation, die dem Gast die Lust auf eine Tischreservation vergälle. Oder mit Bildern, die eher abschrecken, als gluschtig machen würden. Stimmt alles.
Telefon: Ans Restauranttelefon gehörten Menschen, die den Betrieb in- und auswendig kennen. Sie sollten sich mit Namen vorstellen, eine sympathische Stimme haben und mit guten Sprachkenntnissen Auskunft geben können. Auch da: voll einverstanden.
Empfang der Gäste: Wer zu Hause Freunde empfängt, scheue meist keinen Aufwand. Das sollte auch der Massstab für eine Beiz sein. Es gäbe schon solche Orte, die das Gefühl vermitteln würden, willkommen zu sein. Leider erlebe man aber auch Dinge, die einen sprachlos zurücklassen: Kürzlich wollte ein Freund von ihm in einem renommierten Restaurant eine Hunderternote wechseln. Die Antwort: «Wir sind doch keine Wechselstube!»
Speisekarten: Auf seinen Beizenbummeln habe er den Eindruck bekommen, dass viele Köche begriffen hätten, dass ellenlange Speisekarten nicht mehr das Wahre seien. Sowohl für die Gäste, die bei der Qual der Wahl schlicht überfordert seien, wie auch für die Servierenden, die dann das Wunschkonzert der Gäste in die Küche übermitteln würden. Weniger sei in der Regel mehr. Sich auf etwas zu spezialisieren, sei eine sinnvolle Lösung. Balsam für meine Ohren!
Hauptgänge: Alles, was vom Wesentlichen ablenkt, störe. Was habe man von einem Weinbraten, der hypermodern mit Spurenelementen von Gemüse und Beilage angerichtet sei, begleitet aber von einer Sauce ohne Wein und Körper? Alle Achtung hingegen vor Köchen, die sich auf die Zubereitung, das Dekorieren und das Tüfteln gleichermassen verstehen.
Heute wisse jeder Gast, was die Lebensmittel kosten, und sei auch bereit, für eine tolle Küchenleistung zu bezahlen. Erfolg habe ein Wirt auch, wenn er die Menupreise leicht erhöhe, die Weinpreise hingegen moderat halte. Ein Dauerbrenner, der sich aber trotzdem noch nicht überall herumgesprochen hat.
Ich meinti: Wie recht er doch hat, dieser Gast. Gäste kehren dort ein, wo sie freudvoll bedient werden. Wo Gastgeber statt Gastnehmer anzutreffen sind. Wo freundliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Wohlfühlerlebnis beitragen. Wo Preis und Leistung stimmen. Und wo man auch auf die ehrliche Meinung der Gäste hört und ihre kreativen Ideen ernst nimmt.