Der Mann ist Handwerker, der seine Werkzeuge geschickt und druckvoll einsetzt. Jules Läubli ist medizinischer Masseur. Thema ist aber nicht der Muskelaufbau, sondern der Aufbau des Gelenktrolleybusses Nummer 224 der Verkehrsbetriebe Luzern (VBL). Dieser fährt als Werbeplattform für unsere Zeitung auf den Linien 4, 5, 6 und 7.
Das Interieur des Busses kennt der 46-jährige Luzerner fast so gut wie die Anatomie des Menschen. Läubli studierte den Bus genau. Denn er wollte diesen aus Lego nachbauen. Im Massstab 1:14 und so detailgetreu wie möglich. «Ich unternahm unzählige Fahrten und machte Fotos», sagt er. Von den Sitzen über die Haltestangen, der Chauffeur-Kabine bis zum Aufbau des Stromabnehmers und dem Unterboden. Alles hat er dokumentiert. Als er die Bilder hatte, ging es darum, Legosteine zu beschaffen.
«Es gibt keinen Bausatz, der meiner Vorstellung entspricht. So musste ich fast jeden Stein einzeln kaufen oder aber in Dänemark bestellen.»
Über ein Jahr investierte er in das Projekt. Er verwendete mehr als 10'000 Legosteine. Dass das eine Stange Geld gekostet hat, wissen alle Gottis und Göttis. Für Läubli hat der Bus aber keinen materiellen Wert. Er schenkt ihn einem Freund. «Das Modell ist ein Dankeschön für meinen Kollegen Sven, der mich beruflich mit seinen Kenntnissen in verschiedenen Bereichen unterstützt hat», sagt der im Luzerner Büttenenquartier lebende Mann.
Das Gleichgewicht war für Läubli wieder hergestellt Diesen Sven kennt Läubli seit 24 Jahren. Doch erst vor drei Jahren erfuhr er, dass jener Lego-Fan ist. «Das überraschte mich. Hätte ich nie erwartet», sagt Läubli. Dann hatte er eine Idee. «Es war mir nicht recht, dass ich profitierte, mich aber nicht dankbar zeigen konnte. Geld wollte Sven nicht, und mit den paar Nachtessen, die ich offerierte, war für mich die Sache nicht erledigt.» Er zuckt mit den Schultern. «Wenn ich den Bus in die Waagschale lege, ist das Gleichgewicht für mich hergestellt.»
Die Wahl des LZ-Busses kommt nicht von ungefähr. Sven hat nämlich seinen Daumenabdruck am Original hinterlassen. Er hatte bei dessen Gestaltung massgeblichen Anteil. Aus Lego ein Modell zu bauen, das es nicht gibt, ist nicht einfach. Schon gar nicht für jemanden, der nichts mit Lego am Hut hat.
Läubli ist weder Lego-Freak noch Trolleybus-Fan.
Immerhin hat er mit seinem Vater während 40 Jahren eine Modelleisenbahn unterhalten und stets Details erschaffen. Mit Tüfteleien und kniffligen Montagen kennt er sich also aus. So ist das Feuer für den Modellbau beim Bau des Busses neu entfacht worden. Wenn Läubli von Einzelheiten erzählt, funkeln seine Augen. Der Schelm hat – obwohl man in Bussen ja nicht essen darf – ein Glace und einen Hotdog darin platziert.
Doch bei aller Freude: Es gab auch Ärger. So ist es Läubli nicht gelungen, die runden Haltestangen in der gelben Originalfarbe zu beschaffen. Er musste sie selber bemalen, was ihn extrem nervt. «Es ist so nicht mehr original Lego», zischt er und rümpft die Nase. Dennoch, der Bus ist mit 130 Zentimetern Länge ein Blickfang. Egal wie gelb die Stangen im Innern sind. In seiner Praxis bleiben die Leute vor dem Modell stehen und freuen sich.
An Sven wird er das Geschenk am Samstag übergeben. Nun ist die Sache mit dem Trolley vorbei. Hat Läubli ein neues Projekt? Er winkt ab. Für einen Moment habe er den Team-Bus des FC Bayern auf dem Radar gehabt. Die Sache habe er aber eingestellt. «Die Motivation fehlte. Das Modell für Sven war etwas Besonderes, weil ich es wollte. Der Bayern-Bus war aber ein Auftrag, also für mich eine Pflicht.» Den Auftrag gab er ab.
Was blieb, war ein Haufen roter Legosteine.
Doch der Berg wird abgetragen. Läubli lancierte einen Wettbewerb. Seine Kunden mussten erraten, wie viele Legosteine am VBL-Bus verbaut wurden (7200 von ursprünglich über 10 000). Ein Bube namens Julien sagte zu Läubli, er wolle nicht schätzen, aber den Hauptpreis nehme er gerne mit. Der vierjährige glaubte, der Bus sei zu gewinnen.
Nun baut Jules Läubli aus den roten Bayern-Steinen ein Feuerwehrauto. Kein gewöhnliches. «Julien riegelt gerne am Material, also muss der Camion funktionell sein. Mit einem Schiebedach.» So etwas gibt es nicht, aber Läubli findet eine Lösung – bestimmt.