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Zug

«Ein Armutszeugnis für Zug» – wie der Kanton der Digitalisierung hinterherhinkt

Zuger Notare können bis heute keine öffentlichen Urkunden elektronisch beim Handelsregisteramt einreichen. Denn die Regierung hat einen Gesetzesartikel noch immer nicht aktiviert.
Das meiste wird noch von Hand und auf Papier erledigt: entsprechend sind Stempel beim Zuger Handelsregisteramt noch immer rege im Einsatz. (Bild: Christian Beutler / KEYSTONE)
Andreas Hostettler, Regierungsrat Zug, FDP. (Bild: PD/Christine Suter (Zug, 1. Januar 2021) )
Andreas Hess, Leiter Zuger Handelsregisteramt. (Bild: PD)

Zoe Gwerder

Während sich der Kanton Zug gerne als Crypto-Valley bezeichnet und Bitcoins jüngst auch zum Begleichen der kantonalen Steuerrechnung akzeptiert werden, arbeiten sich die Mitarbeiter des Zuger Handelsregisteramts noch immer tagtäglich durch haufenweise Papierakten: per Brief eingereichte Anträge abtippen, das Papierdossier von Stelle zu Stelle geben und kontrollieren, neu eingereichte Statuten mit alten vergleichen und auf Änderungen durchkämmen, und am Schluss alle Dokumente einscannen und digital archivieren. Steinzeit-Verhältnisse im Vergleich zur fortgeschrittenen Digitalisierung der hochgehaltenen Crypto-Branche.

Mitschuld an diesem Zustand trägt auch die Zuger Regierung. Denn eigentlich hat das Parlament des Kantons Zug den Grundstein zur elektronischen Einreichung von Gründungen und Änderungen bei Aktiengesellschaften Ende 2014 gelegt: Die rechtliche Grundlage, damit Notare eine digitale Kopie der Originalurkunde elektronisch beim Handelsregister einreichen können. Doch die zur Einführung des Paragrafen nötige Verordnung des Regierungsrates, welche vom Gesetz verlangt wird, ist seither ausstehend.

Eine «simple Verordnung», die einiges bewirken könnte

«Es ist ein Armutszeugnis für den Kanton Zug», sagt Notar Philippe Kaiser. Er ist einer der Partner der Drakkensberg-Plattform, mit welcher die Gründung eines Unternehmens elektronisch, viel schneller und weniger aufwendig werden soll, da alle für die Gründung nötigen Akteure direkt an die Plattform angeschlossen sind. Nur fehlt hierfür besagte gesetzliche Grundlage für die Notare. Kaiser:

«Nach meinen Informationen handelt es sich um eine simple Verordnung. Mit wenig Aufwand könnten also die elektronischen Eingaben ermöglicht werden.»

Der Gründungsprozess sei jedoch nur ein Beispiel von vielen, welcher dank der elektronischen Eingabe deutlich schneller und einfacher werden könnte. Gemäss Kaiser würde dies letztlich nicht nur den Unternehmern, Anwälten und Banken die Arbeit massiv erleichtern, sondern auch den Behörden – wie eben dem Handelsregisteramt.

Die Direktion des Innern, die für das Erarbeiten der Verordnung verantwortlich ist, nennt als Grund für die Verzögerung den Bund. «Da dieser 2018 die entsprechende Bundesverordnung totalrevidierte und die Direktion die Arbeit wohl nicht doppelt machen wollte, hatte man sich damals offenbar fürs Abwarten entschieden», erklärt der heutige Direktor des Innern Andreas Hostettler.

Dass seither aber nochmals drei Jahre verstrichen sind, erklärt Hostettler mit mehreren Faktoren:

«Zum einen hatte ich das Geschäft bei meinem Amtsantritt 2019 nicht als oberste Priorität angesehen.»

Und zum anderen wisse man, dass der Bund ein Gesetz plane, das die bisherige Pflicht, wonach Dokumente in Papierform vorliegen müssen, aufhebt. Deshalb habe man zugewartet.

Doch seit einigen Monaten tut sich etwas: Nach einer internen Vernehmlassung ist die Verordnung am Dienstag vor Ostern an der Sitzung des Regierungsrats besprochen worden und befindet sich nun in der externen Vernehmlassung. «Als wir feststellten, dass das Bundesgesetz noch nicht so bald in Kraft gesetzt wird, haben wir uns entschieden zu handeln, und diesen Zwischenschritt zu gehen – auch wenn diese Lösung noch keine vollständig elektronische öffentliche Beurkundung erlaubt», erklärt Regierungsrat Hostettler.

Berner Notare können seit acht Jahren elektronisch Urkunden einreichen

Zu den Pionieren gehört der Kanton Zug diesbezüglich nicht. So ist die Gesetzesgrundlage Stand heute bereits in zwölf Kantonen in Kraft. Erster Kanton war Bern 2013. In der Zentralschweiz haben Uri (2014), Nidwalden (2017) und Schwyz (2016) bereits eine solche Verordnung. Auch der Zuger Nachbarkanton Aargau hat diese 2014 eingeführt. Das führt zur absurden Situation, dass Notare mit Sitz in einem dieser Kantone auch beim Zuger Handelsregisteramt Dokumente elektronisch einreichen können, während Zuger Notaren diese Möglichkeit noch verwehrt bleibt.

Dass Zug diesbezüglich nur im Mittelfeld spielt, passt eigentlich nicht zu den Bestrebungen des Zuger Handelsregisteramts. Denn dieses gehört zu jenen, die vorwärtsmachen wollen und im Vergleich zu anderen Kantonen im Bereich der Digitalisierung auch weiter sind. So ist das Amt Partner beim Projekt der Drakkensberg-Plattform. Und wie bei allen Handelsregisterämtern gibt es in Zug die Möglichkeit, Dokumente für Änderungen von Handelsregistereinträgen elektronisch an das Handelsregisteramt zu übermitteln. Was bisher jedoch nicht für öffentliche Urkunden gilt, die durch Zuger Notare erstellt werden.

Doch die Möglichkeit dieses elektronischen Geschäftsverkehrs mit den Handelsregisterämtern wird kaum genutzt. Wie Amtsleiter Andreas Hess erklärt, schreckt beim elektronischen Geschäftsverkehr nicht nur die elektronische Unterschrift viele Kundinnen und Kunden ab, sondern auch der Umstand, dass die Dokumente zu einer speziellen Art von PDF konvertiert werden müssen:

«Wir hatten mit einer Arbeitsgruppe einmal einen Test gemacht und auf der Strasse Leute angesprochen, damit sie uns ein solches Dokument konvertieren und übermitteln. Niemand hat es geschafft.»

Und die Drakkensberg-Plattform erleichtert inzwischen zwar den Prozess der Firmengründung. Die Dokumente müssen jedoch noch immer auch in Papierform beim Handelsregisteramt eingereicht werden. Entsprechend verwundert es nicht, dass beim Zuger Handelsregisteramt elektronische Eingänge von Änderungen oder Neueintragungen pro Jahr an einer Hand abgezählt werden können, was im Promille-Bereich der jährlichen Eingaben liegt, wie Hess erklärt.

Bis im Herbst könnte die Verordnung auch im Kanton Zug in Kraft sein

Auch wenn die gesetzliche Grundlage nicht einziger Grund für die ausbleibenden elektronischen Einreichungen sein wird: Die Zahl elektronisch eingereichter Anträge könnte ab dem kommenden Jahr zunehmen. Die Direktion des Innern rechnet damit, dass die Einführungsverordnung im Kanton Zug im Optimalfall in rund 6 Monaten in Kraft treten könnte. Somit wäre im Kanton Zug zumindest die Grundvoraussetzung für die elektronischen Eingaben durch Beurkundungspersonen an das Handelsregisteramt gelegt.

Ein grosser Sprung wird es in Sachen Digitalisierung jedoch erst geben, wenn der Bund insofern das Gesetz ändert, als dass die Originaldokumente nicht mehr auf Papier bestehen müssen. Und das Handelsregisteramt sieht vor, seinen Prozess so umzustellen, dass die Papiere bereits am Anfang der Überprüfung eingescannt werden und papierlos gearbeitet wird. Bezahlt werden können Dienstleistungen und Rechnungen des Handelsregisteramts übrigens bereits seit 2017 mittels Kryptowährungen.

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