Patrick Kenel
In den Gottesdiensten zum Christkönigsfest, welches das Ende des Kirchenjahres bildet, wollte der Seelsorgerat auch jenen Vorfall abschliessen, der die Pfarrei Küssnacht vor fünf Monaten durchgeschüttelt hat: Der ehemalige Pfarrer Werner Fleischmann hat sich wegen seiner Spielsucht hoch verschuldet und wurde abgesetzt. Zahlreiche Angehörige der Pfarrei hatte er in der Vergangenheit um Darlehen gebeten.
«Der Wunsch nach einem Abschied kam wiederholt auf, trotz der Tatsache, dass es unterschiedliche Reaktionen auf den Fall gab», erklärte Pastoralassistentin Claudia Zimmermann.
«Viele wurden durch meine Lügerei ausgenutzt»
Anstelle einer Predigt las Zimmermann in den Gottesdiensten am vergangenen Wochenende den Abschiedsbrief des langjährigen Pfarrers vor. Werner Fleischmann blickt darin auf fünf schmerzhafte Monate zurück: «Sie waren schmerzhaft für mich, aber besonders für jene, denen ich Unrecht getan habe. Leider waren das viele von Ihnen, die durch meine Lügerei ausgenutzt wurden – das tut mir unendlich leid.»
Fleischmann beschreibt auch seine Gefühle: «Es tut mir unendlich weh, dass durch mich begangenes Unrecht nur in beschränktem Mass wiedergutgemacht werden kann», entschuldigt er sich schriftlich. Viele Gläubiger würden wohl auf der Strecke bleiben. Fleischmann ist sich bewusst, dass bei ihnen Wunden zurückbleiben, die nicht einfach wieder verheilen, auch wenn er dies gerne verhindern würde. «Es wurde mir in der Therapie bewusst, dass ich viel früher hätte fachliche Hilfe aufsuchen sollen, damit der Schaden einigermassen überblickbar gewesen wäre.»
Die Sucht habe ihn aber dermassen im Griff gehabt, dass rationales Denken und Handeln nicht mehr möglich gewesen sei. «Der Diabolus hat alles ‹zunderobsi› gebracht», drückt es Fleischmann bildhaft aus. Nicht zuletzt seien dadurch die Beziehungen durcheinandergeraten, und dazu habe er durch sein verantwortungsloses Handeln und sein krankhaftes Tun massiv beigetragen, was ihm für alle Betroffenen sehr leidtue.
Rückblick in dankbarer Verbundenheit
In Dankbarkeit schaut Fleischmann allerdings auch auf die vergangenen 21 Jahre zurück. «Unzählige Gottesdienste durfte ich halten. Über 1000 Kinder habe ich getauft, Hunderte von Brautpaaren verheiratet, um die 1000 Menschen begraben. Freude und Leid durfte ich teilen.» Dabei seien ihm alle Menschen am Herzen gelegen. «Das wird mir fehlen.» Doch all das sei seit Mitte Juni weg und werde ihm weiterhin fehlen.
Es ist ungewiss, wie es für Pfarrer Fleischmann nach der Erkrankung und angesichts einer hängigen Strafanzeige weitergeht. «Ich vertraue auf Gott, dass ich wieder ein Plätzchen finden werde, um mein Charisma einzubringen», schreibt er. «Ich bete auch zu Gott, dass er gut zu Küssnacht schaut. Zu den vielen lieben Menschen.» Schliesslich bete er auch für andere Leidende, dass sie Gottes Nähe spüren mögen: «Gott sieht besser in unsere Herzen, als wir selber das tun können.» Zum Abschied bedankt sich Werner Fleischmann im Brief bei den Pfarreimitarbeitern und allen Küssnachtern, die ihn so lange ertragen hätten.
Negative Gedanken dem Feuer übergeben
Im Christkönigsgottesdienst wurde für ihn, die Opfer seiner Spielsucht und die Pfarrei gebetet, indem ein Credo-Gesang und ein Gebet zum Heiligen Geist auf das Verlesen des Briefes folgten. Als weitere Aktion standen eine Woche lang zwei Briefkästen in der Kirche in Küssnacht.
In die eine Kiste kamen Zettel mit negativen, traurigen und verletzenden Gedanken. Sie wurden ungeöffnet im Feuer verbrannt. Schöne Erinnerungen konnten mit Werner Fleischmann persönlich geteilt werden. Die Briefe in der zweiten Kiste bleiben ebenfalls unter Verschluss, bis der ehemalige Pfarrer sie im Kloster lesen kann.