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Luzern

Nach dem Nein der Ebikoner – Migros-Chef enttäuscht: «Viele Emotionen im Volk, da wird es schwierig»

Mit 58,7 Prozent Nein-Stimmen haben die Ebikoner den Bebauungsplan und die Teilzonenplanänderung Weichle abgelehnt. Damit kann die Migros ihre Grossüberbauung mit 340 Wohnungen auf dem MParc-Areal nicht realisieren.

Die Stimmberechtigten von Ebikon wollen auf dem MParc-Areal keine Überbauung mit 340 Wohnungen, ein Teil davon in einem 55 Meter hohen Hochhaus. Sie lehnten den entsprechenden Bebauungsplan und die Teilzonenpländerung Weichle am Sonntag mit 58,7 Prozent Nein- Stimmen ab, wie die Gemeinde Ebikon mitteilt. 2207 Ebikoner waren dagegen, 1553 stimmten dafür. Damit ist das Qube-Projekt der Migros Luzern vom Tisch. Die Stimmbeteiligung betrug 43,81 Prozent.

Gemeindepräsident Daniel Gasser zum Abstimmungsergebnis:

«Es war sehr schwierig abzuschätzen, auf welche Seite das Ergebnis kippen würde», sagte Gemeindepräsident Daniel Gasser (CVP) am Sonntagnachmittag einer Medienkonferenz. Überrascht vom Nein sei er nicht – aber froh über die Deutlichkeit. Der Gemeinderat hatte ein Ja empfohlen. Als erstes wird dieser laut Gasser mit dem Pro- und dem Nein-Komitee an einen Tisch sitzen und die Abstimmung analysieren:

«Danach wollen wir die Bevölkerung vertieft abholen und von ihr wissen, welches Ebikon sie in Zukunft will, was sind die richtigen Projekte und wieviel davon?»

Denn das klare Nein sei vor allem als Kritik an der Wachstumsstrategie der Gemeinde – sprich dem Masterplan – zu werten. Mit diesem arbeitet der Gemeinderat seit über zehn Jahren. Dass mit der Weichle gleich das erste Projekt dieses Masterplans scheitert, ist für Gasser ein Zeichen, dass man «innehalten» und die Wachstumsängste in der Bevölkerung ernst nehmen müsse. Man müsse sich etwa fragen, ob Hochhäuser der richtige Weg sind. Die deutliche Abfuhr sieht Gasser nicht als Niederlage, «sondern als Antrieb, unsere Planungsinstrumente zu überdenken.» Er wünscht sich, dass auf dem MParc-Areal etwas entsteht, «dass nicht schädlich ist für das Eingangstor unserer Gemeinde, und dass das Gebäude nicht verlottert.»

Felix Meyer, Geschäftsleiter Genossenschaft Migros Luzern, zum Abstimmungsergebnis:

Verlottern lässt die Migros Luzern den ehemaligen MParc bestimmt nicht: «Wie stets kommuniziert haben wir zwar keinen Plan B, aber wir werden in dem Gebäude eine möglichst rentable Zwischennutzung anstreben», sagte Felix Meyer, Geschäftsleiter der Migros Luzern. Für ein neues Projekt benötige es erfahrungsgemäss fünf bis zehn Jahre. «Dabei werden wir auch mit den Gegnern schauen, wie wir ein Projekt entwickeln können, das für Ebikons Zukunft positiv ist und das vor allem mehrheitsfähig ist.»

Doch am Sonntag überwog bei Meyer noch die Enttäuschung: «Ja, auch persönlich.» Das deutliche Resultat bedeute immerhin, dass man frisch über die Bücher gehen könne. Trotzdem: «Wir haben das Projekt mit der Gemeinde jahrelang vorangetrieben, lange gab es keine Anzeichen für grösseren Widerstand», sagte Meyer. Im Abstimmungskampf seien dann viele emotionale Aspekte in der Bevölkerung dazugekommen:

«Es hiess etwa, wir seien schuld an der Mall of Switzerland, hätten den Ebikonern den MParc weggenommen und würden bereits chinesische Investoren an Bord holen – da wird es schwierig.»

Tatsächlich hatte die Abstimmung das Dorf im Vorfeld gespalten wie seit Jahren keine andere Vorlage . Mit der CVP und der SVP hatten die beiden wählerstärksten Parteien die Nein-Parole herausgegeben. Entsprechend erfreut zeigte sich Stefan Bühler, SVP-Präsident und im Co-Präsidium des Nein-Komitees dabei: «Wir hatten natürlich auf ein Nein gehofft, aber nicht so deutlich.» Die Bevölkerung wolle keinen Stillstand, aber ein qualitativ gesundes Wachstum. Abgesehen davon seien in Ebikon diverse andere Wohnbauprojekte am Laufen. Bühler:

«Gespannt bin ich nun, welche Konsequenzen der Gemeinderat aus dem Resultat zieht – es ist für ihn eine veritable Klatsche.»

Dieser politisiere offensichtlich am Volk vorbei. Zudem habe sich der Gemeinderat bei der Vorlage zu sehr aus dem Fenster gelehnt: «Er hat die Mitarbeiter klar aufgefordert, Ja zu stimmen und im Gemeindehaus lagen überall Flyer, obwohl es sich um ein privates Projekt handelt», sagte Bühler, dessen Partei in der Exekutive nicht vertreten ist.

Selbst in der CVP, die im Gemeinderat am meisten Mitglieder stellt, kam das Engagement gemäss CVP-Co-Präsident Alex Fischer nicht überall gut an: «Aber wenn man ein solches Projekt seit Jahren begleitet, kann ich es verstehen.» Dass die CVP als wählerstärkste Partei mit ihrer Nein-Parole ihren Teil zum Resultat beigetragen haben dürfte, liess Fischer zufrieden lächeln: «Das Thema Wachstum beschäftigt unsere Partei seit längerem. Das Ergebnis stärkt unsere Haltung.» Wichtig sei, dass auf dem MParc-Areal weiterhin vor allem Gewerbe zugelassen sei. «Dafür gibt es sehr wohl Interessenten, denn der Kanton Luzern weist ein überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum auf», so Fischer. Zudem müsse die Agglo nicht überall gleich aussehen und mit grossen Wohnüberbauungen zugepflastert werden.

Lange Gesichter gab es erwartungsgemäss bei den Befürwortern der Vorlage – auch wenn die meisten von ihnen vom Nein nicht wirklich überrascht sind. «Dann schon eher von der Deutlichkeit», sagte René Friedrich, FDP-Präsident und Mitglied des Pro-Komitees. Es habe in letzter Zeit halt eine Negativspirale in der Gemeinde gegeben. Stichworte: Mall, Trolleybusverlängerung, Bushub. «Es ist ein gewisser Frust da», so Friedrich. Nun müsse man zusammensitzen, um die Gemeinde vorwärtszubringen. Er sagte:

«Dazu gehört auch, dass man die Gründe für die Ablehnung genau eruiert. War's das Hochhaus? Waren es die Parkplätze? Oder generell die Entwicklungsangst?»

Eine Analyse erwartet auch Stefan Gassmann, Mitglied der GLP und des Pro-Komitees: «Bei vergangenen Stellungnahmen zur Ortsentwicklung kam die Unzufriedenheit in der Bevölkerung und auch in den Parteien zu wenig zum Vorschein.» Ein Konsens sei wichtig, «denn Investoren jeglicher werden nun vorsichtig in Ebikon.» Kurt Steiner, Mitglied der CVP und des Pro-Komitees sah in der deutlichen Ablehnung eine gute Ausgangslage für die weitere Diskussion: «Wir müssen nun bezüglich Masterplan einen Schritt zurück machen, auch punkto Hochhaus.» SP-Interimspräsident Thomas Aregger sagte schliesslich: «Das Nein ist eine klare Absage an die Wachstumsstrategie des Gemeinderats – er hat die Diskussion mit der Bevölkerung, den Parteien und Kommissionen zu wenig geführt und das muss sich ändern. »

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