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Zug

E-Trottinetts sorgen in Zug für ersten Unmut

Die Euphorie über die E-Scooter ist im Kanton Zug teilweise bereits verflogen. Wie in anderen Schweizer Städten fordert man strengere Regeln.
Auch wenn das Fahren spassig ist: E-Scooter können auch ein Verkehrshindernis darstellen. (Bild: Stefan Kaiser, Zug, 15. Juli 2019)

Laura Sibold

Seit drei Monaten gibt es sie in der Stadt Zug, kurz darauf zogen Baar und Cham nach: die E-Trottinetts der Firma Circ. Die Elektro-Scooter, die via App freigeschaltet und an beliebigen öffentlichen Orten stehen gelassen werden können, sind aber umstritten. Immer wieder ärgern sich Einwohner über falsch parkierte Trottinetts und Befürchtungen über ein Chaos wie in Paris werden laut. Zudem ist die Benutzung der E-Trottis nicht ganz ungefährlich. Ein 38-jähriger betrunkener E-Scooter-Fahrer verletzte sich vor zwei Wochen erheblich, als er auf der Talacherstrasse in Baar stürzte.

Auch die Zuger Polizei bestätigt, dass es auf den Strassen immer wieder zu gefährlichen Situationen mit E-Trottis komme, auch weil Verkehrsregeln nicht eingehalten werden. «Etwa, wenn verbotenerweise auf dem Trottoir gefahren wird, Fussgänger die E-Scooter nicht kommen hören und es zu einem Zusammenstoss kommt», erklärt Judith Aklin, Mediensprecherin der Zuger Polizei. Die Trottinetts sind im Verkehr dem Velo gleichgestellt, weshalb – sofern vorhanden – auf Velowegen, sonst auf der Strasse gefahren werden muss. Ein weiteres gefährliches Beispiel ist laut Aklin die Benutzung der E-Trottis durch mehr als eine Person. Zugelassen ist pro E-Scooter nur ein Fahrer.

Zug und Cham sind optimistisch

Als Präventionsmassnahme hat die Zuger Polizei Mitte Juni über das korrekte Fahren mit E-Trottinetts informiert. Die Regeln legt das Bundesamt für Strassen fest. Bisher habe man ein Auge zugedrückt, in Zukunft werde man, wenn nötig, aber Ordnungsbussen verteilen, hiess es vor zwei Monaten bei den Zuger Strafverfolgungsbehörden. «Die Kollegen der Sicherheitspolizei überprüfen das Verhalten der E-Scooterfahrer während ihrer täglichen Patrouillentätigkeit», sagt Aklin. Über die genaue Anzahl Unfälle mit E-Trottinetts sowie die Ordnungsbussen führe man keine Statistik.

Insgesamt sind derzeit rund 150 E-Trottinetts von Circ auf den Zuger Strassen unterwegs. Die drei Gemeinden, die E-Trottinetts im Einsatz haben, äussern sich unterschiedlich. In der Stadt Zug und in Cham ist man grösstenteils zufrieden. Anders klingt es in Baar. «Die Rückmeldungen, die uns erreichen, sind mehrheitlich negativ», bedauert der Baarer Sicherheitsvorsteher Zari Dzaferi. «Die Leute stören sich an der Unordnung und das Unfallpotenzial ist gestiegen.» Immer wieder stünden E-Trottis im Weg, was auch die Arbeit des Werkdienstes behindere. Zudem scheine es, als würden die Scooter nicht regelmässig eingesammelt. Dzaferi hat das Thema im Baarer Gemeinderat diskutiert und wird demnächst auf den Anbieter zugehen, wie er sagt: «Es braucht klarere Regeln und die Idee von definierten Standorten könnte diskutiert werden.» Mit demselben Gedanken spielt man in der Stadt Zug. Der Stadtzuger Sicherheitschef Urs Raschle bestätigt:

«Da sich immer wieder Leute bei uns über falsch parkierte Trottis beklagt haben, liegt die Überlegung mit fixen Abstellorten an gut frequentierten Orten nahe.»

Einen solchen Trotti-Parkplatz betreiben die SBB bereits beim Bahnhof Zug. Derzeit ist Circ durch die Bewilligung verpflichtet, falsch parkierte und leere Trottinetts innert 24 Stunden abzuholen, ansonsten räumen die Gemeinden sie weg. Da fixe Abstellplätze aber dem Free-Floating-Prinzip widersprechen, wonach die E-Trottinetts überall im Perimeter auf öffentlichem Grund abgestellt werden dürfen, solange sie niemanden behindern, warten die Zuger Gemeinden vorerst ab. «Es braucht noch etwas Zeit, bis man sich an das neue Angebot gewöhnt hat. Sollten die Probleme bestehen bleiben, überlegen wir uns weitere Schritte», so Raschle. Auf www.stadtzug.ch hat die Stadt seit heute weitere Infos aufgeschaltet – auch die Nummer des Anbieters, den man bei störenden Trottis informieren kann. Meldungen über herumliegende E-Trottis hat auch Drin Alaj, Vorsteher Verkehr und Sicherheit in Cham, erhalten.

«Aber die positiven Rückmeldungen – insbesondere aus der jüngeren Bevölkerungsschicht – überwiegen. Zudem konnten wir seit der Einführung kein erhöhtes Risiko im Strassenverkehr feststellen.»

Die E-Trottinetts hätten das Potenzial, eine gute Ergänzung zum öffentlichen Verkehr zu sein. Daher habe die Gemeinde Cham Circ eine einjährige Bewilligung im Sinne eines Versuchs erteilt. Abhängig von den weiteren Erfahrungen werde sich zeigen, ob das alternative Mobilitätsangebot weitergeführt wird.

Auch die SBB wittern in den E-Trottinetts eine Chance. Wie gestern bekannt wurde, plant das Bahnunternehmen eine Mobilitätsapp, mit der auch E-Scooter von Circ und andere Fortbewegungsmittel gemietet werden können. Zudem kommt mit Nextbike ab September ein weiterer Player nach Zug, der seine Velos im Free-Floating-System anbietet. Deshalb sei es umso wichtiger, dass man bereits jetzt funktionierende Regeln umsetze, bekräftigt Urs Raschle.

Schweizer Städte ergreifen Massnahmen

Auch andere Städte kämpfen mit dem Free-Floating-System. In Zürich müssen die vor Ort tätigen Firmen bis Ende Monat einen Sicherheitsnachweis erbringen, dass die Roller alle Vorgaben der Strassenverkehrsgesetze erfüllen, wie die «NZZ am Sonntag» schreibt. Circ habe den Nachweis bereits erbracht. Zudem haben die Stadtpolizei Zürich und jene in Winterthur, wo es seit Juni drei E-Trotti-Unfälle mit Verletzten gab, je ein Präventionsvideo veröffentlicht.

In Basel Stadt prüft die Kantonspolizei laut dem «Tagesanzeiger», ab 2020 Fahrkurse für E-Trottis anzubieten. Die Kantonspolizei Bern sieht derzeit keinen Bedarf für Massnahmen.

Die Luzerner Regierung hat das Thema E-Trottinett vorerst ausgebremst. Der Fahrzeugverleih auf öffentlichem Grund wird erst in etwa zwei Jahren neu ausgeschrieben. Angedacht ist laut dem städtischen Verkehrsplaner ein System mit stationären und stationsungebundenen Abstellplätzen. Ein solches könnte sich wohl über kurz oder lang auch im Kanton Zug durchsetzen.

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