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Luzern

Demoscope in Adligenswil geht in neue Hände

Das Marktforschungsunternehmen Demoscope erhält eine neue Führung. Sie setzt sich aus bisherigen Kadermitarbeitern zusammen.
Von links: Stefan Klug, Michael Buess und Albert Amrein kaufen die Firma von Roland Huber, Erwin Steiger und Jürg Wehrli. (Bild: PD)

Rainer Rickenbach

In der Chefetage der Demoscope-Gruppe kommt es in diesen Tagen zum grossen Personalwechsel. Die bisherigen Eigentümer Erwin Steiger (64, Verwaltungsratspräsident und Stiftungsratspräsident bei der Wirtschaftsförderung Luzern), Roland Huber (58) sowie Jürg Wehrli (64) verkaufen das Unternehmen an ihre bisherigen drei Mitarbeiter Michael Buess (34), Stefan Klug (47), und Albert Amrein (45). «Wir übergeben Demoscope als gesundes Unternehmen an fähige Kaderleute. Der Zeitpunkt ist vom Alter der Beteiligten sowie der guten Auftragslage her betrachtet genau der richtige», sagt Erwin Steiger. Er, Wehrli und Huber hatten die Firma vor über zehn Jahren ebenfalls mit einem Management Buy Out übernommen.

Das neue Triumvirat ergänzt sich gemäss eigener Aussage in den entscheidenden Kernkompetenzen bestens: Buess ist der Denker und Koordinator und betreut am liebsten anspruchsvolle Kundenprojekte. Klug fühlt sich am wohlsten, wenn er neue Konzepte und Ideen in Forschung und Entwicklung sowie bei der Digitalisierung vorantreibt. Amrein schliesslich gilt als das Organisationstalent, das es mag, auch mal gross angelegte Interviews mit über 100'000 Teilnehmenden zu organisieren.

Demoscope erforscht die Preisentwicklung

Die Markt- und Sozialforschungsgruppe Demoscope hat ihren Sitz in Adligenswil sowie einen Standort in Freiburg und beschäftigt gegen 70 Festangestellte sowie mehrere hundert freie Mitarbeitende. Sie ermittelt im Rahmen der Haushaltsbudgeterhebung unter anderem die Zahlen für den nationalen «Warenkorb». Er gilt als Grundlage für zahlreiche Statistiken und damit auch politischer Entscheide. So bildet er unter anderem eine der Grundlagen für die Zusammenstellung und Berechnung des Landesindex der Konsumentenpreise.

Einen Teil dieser Konsumentenpreise – über 20'000 einzelne pro Monat – erhebt wiederum Demoscope für das Bundesamt für Statistik. Diese Zahlen sind wichtig, weil sie für Entscheide des Bundesrates, seiner Verwaltung, der Nationalbank und den Eidgenössischen Räten als Grundlage für die Kostenentwicklungen dient und bei den Lohnverhandlungen der Sozialpartner jeweils für die eigene Sicht der Dinge bemüht wird.

Diese und weitere Aufträge machen Demoscope zu einem führenden Player in der Branche. Zu den wichtigsten Mitbewerbern des Unternehmens zählen das Link Institut und das GFS Bern. Sie alle betreiben Markt- und Sozialforschung auch telefonisch, haben mit Werbung oder Marketing aber nichts zu tun.

Neue Wege wegen weniger Festnetztelefonen

Beruflich warten einige Herausforderungen auf die neue Unternehmensführung in Adligenswil und Freiburg. Die Leute zu befragen, wird zusehends schwieriger, weil die guten alten Festnetztelefone bereits weitgehend den Handys gewichen sind, deren Nummern sich nicht einfach in einem Telefonbuch nachschauen lassen. «Selbst der Bund erreicht heute nicht mehr als 70 Prozent der Bevölkerung über Festnetzanschlüsse», weiss Buess. Demoscope geht darum mehr und mehr dazu über, Befragungen mit verschiedenen, kombinierten Teilnahmemöglichkeiten anzubieten. Sie können sich zum Beispiel auf telefonisch und online eingeholten Antworten zusammensetzen. Auch für die jährliche Strukturerhebung stellt Demoscope zusätzlich zum Papierfragebogen einen Online-Fragebogen zur Verfügung. An der Nachfolgeerhebung der früheren Volkszählung beteiligten sich im vergangenen Jahr von knapp 200'000 der rund 300'000 teilnehmenden Personen online.

«Die technologischen Fortschritte entwerteten zwar das herkömmliche Telefon bei den Umfragen, doch sie eröffnen gleichzeitig auch neue Wege», sagt der scheidende Verwaltungsrat Roland Huber. Trotzdem: Das Telefon spielt in Adligenswil und Freiburg weiterhin eine Rolle. «Es bietet nach wie vor einen wichtigen Befragungskanal. Es stellt sich viel mehr die Frage, wie wir die Telefongespräche organisieren und den Befragten zum Beispiel auch die Möglichkeit geben, uns anzurufen und nicht nur wir sie», erklärt Buess.

Verkehrszählung auf den Bergpässen

Zuweilen müssen die Mitarbeitenden freilich auch raus und selbst bei kalten Temperaturen auf Bergpässen in Grenzregionen ihrer Arbeit nachgehen, um Autofahrer zu ihren Herkunftsorten und Fahrzielen zu befragen. Die Ergebnisse landen dann auf den Tischen der Bundesverwaltung, die sich so ein Bild von den Frequenzen des alpen- und grenzquerenden Personenverkehrs machen können.

Mehr als die Hälfte des Umsatzes generiert Demoscope mit seinem wichtigsten Auftraggeber, dem Bund. «Grosse Dienstleistungsunternehmen wie Migros, Coop oder SBB sammeln mit ihren Kundenkarten Cumulus, Super Card und Swiss Pass in Eigenregie schon so viele Daten von ihren Konsumenten, dass sie immer weniger Bedarf an klassischen Umfragen haben.» Trotzdem zählen aber neben den öffentlichen Institutionen auch Konsumgüterfirmen zu wichtigen Kunden von Demoscope.

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