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Zentralschweizer zögern bei der Registrierung für Organspenden

Seit knapp drei Monaten kann man in einem Onlineregister seinen Spenderwillen angeben. Erste Zahlen zeigen: Das Ziel der Stiftung Swisstransplant wird längst nicht erreicht.
Ein Spenderherz wird im Operationssaal des Kinderspitals Zürich aus der Kühlbox genommen. (Symbolbild: Keystone/Gaetan Bally)

Roseline Troxler

Kaum ein Warten mag unerträglicher sein als jenes von Personen, die auf ein Spenderorgan angewiesen sind. 1416 Patienten waren im vergangenen Herbst schweizweit auf der Liste eingetragen. Das ist zwar nicht der Höchststand der letzten Jahre – 2016 waren es noch 1480 Personen. Doch es gibt aktuell deutlich mehr Wartende als noch in den Jahren 2013, 2014 oder 2015.

Das Warten ist für knapp zwei Personen in der Woche sogar tödlich, weil das passende Organ nicht rechtzeitig gefunden werden konnte. Die Schweiz hinkt bei den Organspenden europäischen Ländern hinterher. So hat etwa Spanien eine dreimal so hohe Spenderate wie die Schweiz.

So viele Personen haben sich bisher registriert

Das Onlineregister der Stiftung Swisstransplant soll die Warteliste verkürzen. Es wurde am 1. Oktober lanciert (Ausgabe vom 2. Oktober 2018). Auf der Plattform kann jede Person über 16 Jahren angeben, ob sie ihre Organe spenden will oder nicht. Ausserdem kann der Entscheid einer Vertrauensperson übertragen werden. «Wir hoffen, dass wir bis Ende Jahr 100 000 Menschen im Organspenderegister haben», sagte Franz Immer, Direktor von Swisstransplant, bei der Lancierung. Doch kurz vor Ende Dezember zeigt sich: Es haben sich erst rund 42 000 Personen registriert. Franz Immer räumt denn auch ein: «Wir werden das Ziel wohl nicht erreichen.»

Im Kanton Luzern ist die Rate klein

Doch wo hapert es? Ein Blick in die Kantone zeigt: Die Zentralschweizer gehören zu den Registrierungsmuffeln. Im Kanton Luzern haben sich bisher erst rund 0,35 Prozent der Bevölkerung, das heisst 1426 Personen, registriert. Franz Immer sagt: «Das Register wird vor allem in der Romandie stark benutzt. Dort hat sich in den ersten acht Wochen in den meisten Kantonen bereits mehr als 1 Prozent der Bevölkerung registriert.»

Franz Immer glaubt hingegen nicht, dass die Haltung gegenüber der Organspende in der Deutschschweiz ablehnender ist, er sagt aber: «In der Deutschschweiz haben die Menschen offenbar mehr Mühe, über den Tod zu sprechen und in diesem Bereich Entscheidungen zu treffen.»

Hohe Spenderzahlen in katholischen Ländern

Spielt auch der katholische Hintergrund der Zentralschweizer Kantone eine Rolle? «Die Religion wird von den Menschen, welche vermerken, keine Organe spenden zu wollen, tatsächlich manchmal als Grund angegeben.» Franz Immer unterstreicht aber: «Die katholische Kirche ist die einzige, welche sich explizit für die Organspende ausgesprochen hat.» So hätten die Päpste in der Vergangenheit immer wieder im Sinne der Nächstenliebe dazu aufgerufen. «Das widerspiegelt sich auch in den hohen Spenderzahlen in den traditionell katholischen Ländern wie Spanien oder Italien.»

Obwohl sich Innerschweizer im Vergleich zu anderen Kantonen seltener registriert haben, betont der Direktor von Swisstransplant: «Der Ja-Anteil ist auch in der Zentralschweiz sehr hoch. Nur gerade rund fünf Prozent haben ein Nein im Register festgehalten.»

Spitäler prüfen Einrichtung von Kontaktstelle

Swisstransplant will sich im neuen Jahr noch stärker für die Bekanntheit des Registers einsetzen. Hand bieten könnten auch die Spitäler. «Gut ein Dutzend Spitäler sind sehr interessiert daran, als Kontaktstelle aufzutreten.» Dazu gehört auch das Luzerner Kantonsspital. Dieses will sich auf Anfrage noch nicht dazu äussern, da man die Option noch intern am prüfen sei. In Spitälern, die mitmachen, könnten Besucher oder Patienten sich künftig an einer Station noch einfacher registrieren lassen. Doch nicht nur Spitäler wollen mitziehen. «Die Gemeinde Montreux ist unsere Pilotgemeinde. Die Verwaltung erledigt für Registrierungswillige den administrativen Aufwand wie das Scannen von Dokumenten für die Registrierung», erklärt Franz Immer.

Sammelfrist für Initiative läuft noch bis im April

Dem Register Schub verleihen könnte auch die Volksinitiative «Organspende fördern – Leben retten». Sie stammt von der Bewegung Jeune Chambre Internationale (JCI) Riviera von jungen Unternehmern. Die Sammelfrist läuft noch bis am 17. April 2019. Bisher wurden rund 129 350 Unterschriften gesammelt – nötig wären deren 100 000 gewesen.

Die Initiative verlangt einen Wechsel des Systems hin zur «vermuteten Zustimmung». So würde jeder als Spender gelten, solange er sich nicht explizit gegen eine Spende geäussert hätte oder die Angehörigen Kenntnis davon haben, dass der Verstorbene seine Organe nicht spenden wollte. In der Schweiz gilt aktuell hingegen das System der Zustimmung. Als Spender kommt nur in Frage, wer einen Organspendeausweis hat, sich im Onlineregister explizit für die Spende ausgesprochen hat oder die Zustimmung der Angehörigen vorliegt.

Eintrag wird trotz Spenderausweis empfohlen

Der Anteil der Personen mit einem Organspendeausweis ist mit 15 bis 20 Prozent deutlich höher als die Zahl der Registrierungen im Online-Register. Immer rät Personen mit einem Ausweis dringend, sich dennoch online zu registrieren. Er betont: «Im Ernstfall werden im Spital nur rund fünf Prozent der Spenderausweise gefunden. Ein Online-Eintrag kann Klarheit schaffen.»

Hinweis: Weitere Infos finden Sie hier.

Die Warteliste und Transplantationen im 2017

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