Raphael Biermayr
Raphael Biermayr
Raphael Biermayr
Die Schweizer Staffelmeisterschaften bilden im nationalen Leichtathletikkalender üblicherweise den Saisonabschluss der Läufer. Sie finden für gewöhnlich keine breite Beachtung. In diesem Jahr ist das anders. Einerseits, weil der die Wettkämpfe durchführende LK Zug das Schweizer Aushängeschild Mujinga Kambundji (27) dafür gewinnen konnte (siehe Box). Andererseits, weil sie wegen der Covid-19-Pandemie wohl einer der wenigen stattfindenden Leichtathletikanlässe überhaupt sein könnten.
Sicher ist das noch nicht. Géraldine Frey hofft jedenfalls darauf, ihren Verein LKZ an diesen ersten Staffelmeisterschaften in Zug seit 1986 vertreten zu können. Die 22-Jährige aus Unterägeri gehört zu den schnellsten Frauen der Schweiz. In der Saison 2019 lief sie über 100 Meter in 11,47 Sekunden persönliche Bestzeit, womit sie in der Bestenliste Rang 5 einnahm.
Géraldine Frey gewinnt 2019 über 100 Meter den Schweizer U23-Meistertitel:
Damit unterstrich sie ihr Potenzial: Frey ist die Jüngste der Schweizer Top Five im vergangenen Jahr. Zur Belohnung durfte sie als Ersatzläuferin mit der Nationalstaffel zu den Weltmeisterschaften reisen. Auch Adidas traut ihr anscheinend eine gute Entwicklung zu. Anfang März gab Géraldine Frey auf Instagram bekannt, dass der Sportartikel-Gigant sie neuerdings unterstützt.
Training auf der Schulhauslaufbahn
Nur zu gern hätte sie gezeigt, was in ihr steckt. Doch statt gezielter Trainings in ihrer Gruppe in Zürich befolgt sie derzeit meist allein die – digital mitgeteilten – Vorgaben ihrer Trainerin Rita Schönenberger. Zu allem Überfluss kann Frey die Trainings nicht auf der Leichtathletikanlage in Zug absolvieren, da diese gegenwärtig saniert wird. Stattdessen sieht man sie beispielsweise auf der 100-Meter-Bahn beim Schulhaus Schönenbüel trainieren, «ab und zu auch an einer steilen Strasse», schildert sie. Mangels Wettkämpfen absolviere sie gerade einen weiteren vierwöchigen Aufbaublock, in dem auch an der Technik gefeilt werde. «Das ist cool, denn während der Wettkampfsaison ist das kaum möglich», führt Géraldine Frey aus. Die Sprinterin hat beim Alleintraining etwas über sich erfahren:
«In der Gruppe kann man sich gegenseitig und damit viel leichter motivieren. Jetzt braucht es eine grosse Portion Extramotivation, sich zu überwinden. Dass ich diese Extramotivation aufbringen kann, gibt mir ein gutes Gefühl.»
Auch auf der Ausbildungsebene gewinnt sie der aktuellen Situation Vorteile ab. In ihrem Pharmaziestudium könne sie Prüfungen vorziehen, um nächstes Jahr mehr Zeit für den Sport zu haben.
Das kann besonders wertvoll sein, denn im Sommer 2021 werden die in diesem Jahr verschobenen Olympischen Spiele ausgetragen. Und wer weiss angesichts der verlängerten Selektionszeit und ihrer körperlichen Entwicklung: Vielleicht wird die schwierige Coronasaison 2020 äusserst positive Auswirkungen auf Géraldine Freys sportliche Laufbahn haben.