Es riecht ziemlich verkokelt. Wer die Pfahlbausiedlung Wauwil betritt, hat diesen Geruch sofort in der Nase. So muss es in den Jägerlagern der Mittelsteinzeit (8500 bis 5500 vor Christus) gerochen haben. Die Menschen durchstreiften in dieser Epoche am Rande des einstigen Wauwilersees die Region auf der Suche nach Nahrung. Wo das Angebot gut war, wurden Rundhütten aus Astwerk und Tierhäuten aufgeschlagen.
Eine solche Hütte steht neuerdings in der Pfahlbausiedlung Wauwil. Sie wurde anlässlich des 10-jährigen Bestehens der Pfahlbausiedlung durch die Gemeinde Wauwil und die Kantonsarchäologie realisiert. Am Dienstag stellten die Verantwortlichen das erweiterte Angebot den Medien vor; am Samstag kann es die Bevölkerung am Steinzeit-Fest erstmals besichtigen (siehe Hinweis).
Feuerstelle in Fellhütte
Die Rundhütte bot Schutz vor der Witterung, und es befand sich darin auch eine Feuerstelle. «Damit es möglichst authentisch riecht, hat der Bauleiter des Jägerlagers, Richard C. Thomas, die Fellhäute der Hütte geräuchert», erklärt Kantonsarchäologe Jürg Manser. Und Ebbe Nielsen, stellvertretender Kantonsarchäologe, ergänzt: «Die Menschen atmeten den Rauch in der Rundhütte ein. Lungenproben von mumifizierten Nomaden in Skandinavien aus derselben Zeit zeigten, dass sie Lungen wie Kettenraucher hatten.» Dennoch sei die Hygiene der Nomaden gesünder und besser gewesen als bei den nachfolgenden sesshaften Menschen.
Damit die Rundhütte noch authentischer wirkt, durften zwei Schulklassen aus Wauwil die Lederhäute mit steinzeitlichen Motiven bemalen.
«Mit dem neuen Jägerlager können Besucher den Kulturwandel von der nomadisierenden Lebensweise zur Sesshaftigkeit bei den Pfahlbauern erleben», sagt Manser. Lerninhalte und Materialien (Repliken von Kochtöpfen, Waffen, Kleidungen, Zelte) waren bereits vorhanden. Denn die Albert Koechlin Stiftung (AKS) führte zwischen 2012 und 2016 das Schulprojekt «Erlebnis Steinzeit» im Wauwilermoss durch, an dem 104 Klassen teilnahmen. Die AKS schenkte die Materialien danach der Pfahlbausiedlung Wauwil.
Neben der Rundhütte befindet sich unter einem zweiten Zelt eine inszenierte Grabungsszene. Sie zeigt, was von einem Jägerlager nach Jahrtausenden im Boden noch nachweisbar ist. Die Baukosten für das Jägerlager belaufen sich auf rund 30000 Franken.
Archäologische Landschaft nationaler Bedeutung
Das Wauwilermoos, ein heute vollständig ausgetrockneter See, gehört zu den an steinzeitlichen Fundstellen reichsten Regionen Mitteleuropas. Über 120 Siedlungsstellen belegen eine ununterbrochene Kulturentwicklung zwischen 14000 und 2500 vor Christus. Die Pfahlbausiedlung wurde 2009 zusammen mit dem sieben Kilometer langen archäologischen Lernpfad durchs Wauwilermoos eröffnet. Der Zutritt zur Siedlung ist gratis. Wer die drei schilfgedeckten Pfahlbauhäuser von Innen besichtigen will, kann eine Führung beim Verein ur.kultour (www.urkultour.ch) buchen. Die Führungen dauern zwischen 60 und 150 Minuten und sind kostenpflichtig.
Hinweis: Am 6. April findet in der Pfahlbausiedlung Wauwil von 11 bis 18 Uhr ein Steinzeit-Fest statt. Neben Festwirtschaft und musikalischer Umrahmung werden verschiedene Aktivitäten, unter anderem Bogenschiessen, Speerwurf oder Feuerschlagen. Zudem gibt es Kurzführungen im neuen Jägerlager und eine Tombola.