Roseline Troxler
Der Basler Peter Matt (45) ist am Luzerner Kantonsspital (Luks) kein Unbekannter. Bis im Mai 2020 war der Professor als Co-Chefarzt und Chefarztstellvertreter in der Klinik für Herzchirurgie am Herzzentrum tätig. Nach einem kurzen Abstecher ans Universitätsspital Zürich ist er per Anfang März als Chefarzt der Herzchirurgie zurückgekehrt. Im Interview spricht Matt über seine Ziele für das Herzzentrum, in dem die Herzchirurgie und die Kardiologie eng zusammenarbeiten und das jährlich rund 8000 Patienten behandelt, sowie seine Rolle als Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Herzchirurgie.
Was bedeutet Ihnen die Rückkehr ans Luzerner Kantonsspital?Peter Matt: Es ist ein Heimkommen. Die Herzmedizin am Luks ist sehr innovativ und genauso modern und umfassend wie in Zürich oder Basel. Das Einzige, was in Luzern nicht gemacht wird, sind Herztransplantationen. Die persönliche Betreuung der Patientinnen und Patienten ist in Luzern viel enger als in Zürich. Darauf freute ich mich besonders.Das Verfahren wurde zwar vor kurzem eingestellt. Doch welche Rolle spielten bei Ihrer Rückkehr die Untersuchungen gegen den früheren Leiter der Herzchirurgie des Unispitals Zürich?Die Vorwürfe haben keine Rolle gespielt. Als ich das Angebot vom Luks erhalten habe, war für mich sofort klar, dass ich die Chance packen wollte.Welche Ziele verfolgen Sie mit dem Herzzentrum am Luks?Ich möchte zusammen mit meinem Team und jenem der Kardiologie das innovative Umfeld noch stärken und die Herzchirurgie näher mit der Kardiologie verknüpfen. Während Herzchirurgen unter grossen operativen Eingriffen Herzkrankheiten und Herzverletzungen behandeln, sind Kardiologen auf Behandlungen mittels Kathetern über die Blutgefässe spezialisiert. Künftig rücken die Disziplinen näher zusammen, weil immer weniger grosse Herzoperationen nötig sein werden. Dereinst geht es in vielen Fällen mit minimalinvasiven Eingriffen oder ganz ohne Schnitte.Welche Folgen hat dies für Spezialistinnen und Spezialisten?Vor allem die Herzchirurgie ist unter Druck, da künftig Operationen, die in den letzten zwanzig Jahren Standard waren, weniger durchgeführt werden. Von dieser Eigenständigkeit wegzukommen, ist nicht für alle Ärzte einfach. Doch für die Patientinnen und Patienten bedeuten geringere Eingriffe weniger Traumata. Es wird aber auch neue Krankheitsbilder geben, etwa wenn implantierte Katheterklappen nach einigen Jahren Probleme verursachen.Sie präsidieren die Schweizerische Gesellschaft für Herzchirurgie. Laut der Gesellschaft genügen in der Mehrheit der 17 Herzzentren die Fallzahlen den europäischen Richtlinien nicht. Hat es in der Schweiz zu viele Herzzentren?Ja, schweizweit gibt es ein gewisses Überangebot. In der Zentralschweiz ist dies aber nicht der Fall, denn für die über 700'000 Einwohner im Einzugsgebiet des Luks braucht es ein grosses Herzzentrum. Man kann den Patienten nicht durch die halbe Schweiz fahren. Insofern ist eine Aufteilung in medizinische Regionen aber sinnvoll.Sind die Fallzahlen entscheidend für die Qualität?Die Qualität lässt sich nicht nur an den Fallzahlen messen. Eine Herzoperation ist immer eine Teamleistung. Die Qualität ist von der Professionalität der Zusammenarbeit abhängig. Die Schweizerische Gesellschaft für Herzchirurgie hat daher ein Register zur Qualitätskontrolle aufgebaut, das seit diesem Jahr im Einsatz ist und alle Herzoperationen und deren Ausgang dokumentiert.Heute können im Luks 80 Prozent der Patientinnen und Patienten mit einem Herzinfarkt oder Herzanfall innert 30 Minuten behandelt werden. Die 60-Minuten-Empfehlung der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie wird unterboten. Wie wird das erreicht?Das liegt an der guten Organisation und der Kompetenz am Luks. Bereits im Krankenauto wird die Diagnose gestellt und das Spital informiert. Damit wird Zeit gewonnen.Welche Anliegen beschäftigen Sie als Präsident der Gesellschaft für Herzchirurgie weiter?Die Nachwuchsförderung. Wir haben eine Nachwuchsakademie gegründet, in der junge Herzchirurgen Operationen simulieren und die neusten Therapien kennen lernen. Gerade für junge Chirurginnen und Chirurgen hatte die Pandemie negative Auswirkungen. Viele Operationen wurden verschoben, um die Intensivstationen zu entlasten. Ärzten in Ausbildung fehlte es an Möglichkeiten, sich praktisches Wissen anzueignen.Welches sind für Sie als Herzchirurg besondere Erfolgserlebnisse?Wenn es uns zum Beispiel gelingt, dass eine Mutter oder ein Vater von kleinen Kindern überlebt. Dann hat unsere Arbeit einen Einfluss auf deren ganzes Umfeld. Schön ist es auch, wenn ich Patienten, die keinen «Schnuf» mehr haben, helfen kann, dass sie wieder biken oder langlaufen können. Ein sehr spezielles Erlebnis war für mich auch die Herztransplantation, die ich am Unispital Zürich vornehmen durfte. Es ist etwas ganz Besonderes, wenn der Patient nach zwei Wochen mit einem neuen Herzen das Spital verlässt.