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Asylwesen

«Die Gemeinden werden gegeneinander ausgespielt» – Luzerner Gemeinden wehren sich gegen Ersatzabgaben

61 Luzerner Gemeinden müssen Ersatzabgaben bezahlen, da sie innert der Frist nicht genug Geflüchtete aufgenommen haben. Zwar wurde die Strafzahlung reduziert, doch nicht alle Gemeinden sind zufrieden mit dem Kompromiss.

Nach dem Hin und Her um die Aufnahmepflicht von Geflüchteten und der damit verbundenen Strafzahlung ist es nun klar: 61 Gemeinden müssen die zwischenzeitlich sistierten Ersatzabgaben bezahlen , 39 davon haben auch per Ende Dezember ihr Aufnahmesoll noch nicht erreicht. Jedoch steigt der Betrag der Strafzahlung nicht wie ursprünglich definiert schrittweise an, sondern ist auf 15 Franken pro Tag und nicht aufgenommene Person festgelegt .

Das beschloss der Luzerner Regierungsrat nach einer Kurzvernehmlassung. Das Geld kommt jenen Gemeinden zu Gute, die ihr Kontingent übererfüllt haben.

Im Kanton Luzern herrscht eine Notlage im Asyl- und Flüchtlingswesen. Hier zu sehen sind Asylsuchende in der Zivilschutzanlage in Dagmersellen.
Bild: Bild: Manuela Jans-Koch (Dagmersellen, 4. Januar 2023)

Mit Ausnahme von sechs Gemeinden hat die grosse Mehrheit der Vereinheitlichung zugestimmt, die der Verband der Luzerner Gemeinden (VLG) vorgeschlagen hatte. Entsprechend positiv seien auch die Rückmeldungen an den Verband ausgefallen, sagt Präsidentin Sibylle Boos. Aber: «Der VLG ist nach wie vor der Ansicht, dass diese Strafgebühren letztlich sinnlos sind.»

Die Gemeindepräsidentin von Malters und FDP-Kantonsrätin geht davon aus, dass einige Gemeinden rechtliche Mittel gegen die Strafzahlung ergreifen werden. Dies, weil sie Unterkunftsplätze angeboten hätten, die von der Dienststelle für Asyl- und Flüchtlingswesen (DAF) jedoch abgelehnt wurden. «Das werden einige Gemeinden nicht akzeptieren», sagt Boos.

Horw geht möglicherweise den Rechtsweg

Ein Beispiel dafür ist Horw: Sozialvorsteherin Claudia Röösli (L20) erzählt von einer Unterkunft im «Anstatthotel», das über die Wintermonate Platz für ungefähr 60 Schutzbedürftige hätte bieten können. Die DAF habe die möblierten Wohnungen abgelehnt mit der Begründung, sie seien als Asylzentrum nicht geeignet. «Wir haben Rekurs eingelegt, konnten damit aber nichts bewirken», so Röösli.

In Ebikon gibt es bald 160 zusätzliche Plätze

Auch in Ebikon steht ein Hotel, das nicht als Asylunterkunft akzeptiert wurde: Die Zimmer im Hotel Löwen werden im Normalfall monatsweise an Bedürftige einer temporären Unterkunft vermietet. Dem DAF habe Betriebsleiter Ruedi Manzenauer Platz für maximal 48 Geflüchtete angeboten. «Der Kanton war nur an einer gesamten Übernahme des ‹Löwen› interessiert.» Er könne die Absage aber nachvollziehen, da sich die Vorgaben der DAF etwa mit den Hausregeln des «Löwen» beisse.
Die Gemeinde Ebikon muss aufgrund der fehlenden Unterkunftsplätze gut 31'000 Franken bezahlen. «Wir akzeptieren die Rechnung und werden keine rechtlichen Schritte einleiten», sagt der Kommunikationsverantwortliche Anian Heierli. Mit der geplanten Asylunterkunft auf dem Areal Risch wird die Gemeinde das aktuelle Pflichtsoll bald erreichen: Gemäss Heierli wird die Siedlung mit 160 Plätzen voraussichtlich Anfang März dem Kanton Luzern übergeben. Die Unterkunft werde aus 175 Wohncontainern bestehen und sei ausbaufähig auf 210 Plätze.

Das sei einer der Gründe, weshalb Horw die Rechnung unter Umständen nicht zahlen werde. «Wir wünschen uns ein konstruktives Miteinander, weil wir ja gemeinsam Lösungen finden müssen. Doch dafür muss der Kanton nochmals über die Bücher», sagt Röösli. Horw prüfe nun rechtliche Schritte gegen die Rechnung, allenfalls gemeinsam mit anderen Gemeinden.

Neben Horw gehört auch Triengen zu den Höchstzahlern – die Gemeinde hat eine Rechnung über 78'000 Franken erhalten. Ob sie Rechtsmittel dagegen ergreifen wird, sei noch in Abklärung. «Im Moment sehen wir keine Chancen, mittels weiterer Anfragen bei Grundeigentümern Wohnraum zu finden», sagt Gemeindeschreiber Urs Manser. Triengen prüfe deshalb den Kauf einer Liegenschaft sowie eine Containerunterkunft.

Aus Sicht der Gemeindeverwaltung sei das Bonus-Malus-System zu hinterfragen. Trotz Bemühungen würden viele Gemeinden im ausgetrockneten Wohnungsmarkt keinen Wohnraum finden. «Das Anreizsystem funktioniert so nicht und die Gemeinden werden gegeneinander ausgespielt.» Manser stellt auch die Verwendung der Malus-Zahlungen in Frage: «Anstatt jene Gemeinden, die in einer glücklichen Situation sind, zu belohnen, könnten Investitionen in zusätzlichen Wohnraum getätigt werden.»

Wolhusen will keine tieferen Ersatzabgaben

Wolhusen ist eine von sechs Gemeinden, die ihr Aufnahmesoll per Ende Dezember bereits übertroffen haben. «Wolhusen hat vor dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine bereits viele bedürftige Menschen aus diversen Krisengebieten aufgenommen und somit das Soll überschritten», sagt Gemeindepräsident Bruno Duss (parteilos).

Der vereinheitlichten Ersatzabgabe von 15 Franken hat Wolhusen nicht zugestimmt. Der Gemeinderat gehe davon aus, dass der Anreiz, Personen aufzunehmen durch eine tiefere Ersatzabgabe verloren gehe oder zumindest sinke, sagt Duss. «Wir würden uns mehr Solidarität und Zusammenarbeit unter den Gemeinden, innerhalb des Kantons und über dessen Grenzen hinaus wünschen.»

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