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Luzern

Die Frau hat zwei Traumberufe – am und im Pilatus

Nadine Mühlemann hat als Flugbegleiterin einen Job, von dem viele junge Frauen träumen. Nun hat die 34-Jährige aus Ennetmoos eine weitere Arbeit in der Region gefunden. Diese würde vor allem Männern zusagen.
Die in Nidwalden wohnhafte Nadine Mühlemann ist sowohl als Flight Attendant für Edelweiss als auch als Triebwagenführerin der Pilatus-Bahnen tätig. (Bild: Christian Dancker/Edelweiss)

Roger Rüegger

Wer da arbeitet, wo andere ihre Freizeit verbringen, hat fast sicher den richtigen Beruf gewählt. Für Nadine Mühlemann trifft dies gleich im doppelten Sinne zu. Die 34-Jährige ist Flugbegleiterin bei der Schweizer Fluggesellschaft Edelweiss – und neuerdings Fahrerin bei den Pilatus-Bahnen.

Eine Frau mit zwei Berufen ist nicht aussergewöhnlich. Weil aber beide Jobs nicht 0815-Format haben, nimmt es uns schon wunder, warum sie diese Anstellungen gewählt hat. Mühlemann antwortet: «Ich mache einfach das, was für mich stimmt.»

«Weder wollte ich Stewardess werden, noch kam mir als Kind je in den Sinn, Fahrerin eines Triebwagens zu werden.»

Nadine Mühlemann, Ennetmoos

Man könnte nun annehmen, dass Nadine Mühlemann schon als Kind die Idee hatte, in schicker Uniform Flugpassagiere zu begrüssen und ihnen die Sicherheitsanweisungen zu präsentieren. Oder aber – als Zentralschweizerin – bei einer der vielen Bergbahnen der Region Touristen und Ausflügler in die Höhe zu transportieren. Doch mitnichten. «Weder wollte ich Stewardess in einem Flugzeug werden, noch kam mir als Kind je in den Sinn, Fahrerin eines Triebwagens zu werden. Auf dem Pilatus sowieso nicht. Wer in Weggis aufwächst, geht, wenn schon, auf die Rigi», erklärt die Frau, die mittlerweile mit einem Stansstader in Ennetmoos, nahe dem Pilatus, wohnt.

Nadine Mühlemann spricht leise, aber deutlich. Sie tut dies in einer ruhigen Art, wie sie eine Flugbegleiterin vermutlich ausstrahlen muss. Jene Person, die bei einem holprigen Flug mit Turbulenzen die Ruhe bewahrt, und an deren Auftreten die Flugpassagiere abschätzen können, wie kritisch die Situation sein könnte.

Gelernter Beruf war ihr zu einseitig

Ohne Vorstellung über ihren künftigen Beruf machte Nadine Mühlemann die Matura. Eine Uni oder Hochschule hat sie freilich nie besucht. «Studieren, nur damit ich ein Studium habe, wollte ich nicht», sagt sie bestimmt. Als Ausbildung sei für sie alles Mögliche in Frage gekommen. Gelernt hat sie schliesslich Podologin. «Das ist ein guter Beruf. Nur nicht für mich. Ich arbeitete nie als solche», gibt sie lächelnd zu. Den ganzen Tag in vier Wänden auf einem Stuhl sitzend zu verbringen, sei ihr dann doch etwas zu einseitig vorgekommen, meint sie.

«In meiner Familie aber gibt und gab es keine Piloten oder Angehörige einer Fluggesellschaft.»

Das war vor zehn Jahren. Damals sei das Thema Flugbegleiterin aufgekommen. Sie hatte sich bewusst bei der Edelweiss beworben und wurde zu einem eintägigen Selektionsverfahren mit Tests und Gesprächen eingeladen. Nur wenige würden die Zusage erhalten, das wussten alle. «Dass ich eine davon sein würde, war für mich so gut wie ausgeschlossen. Fast alle anderen redeten davon, dass ihr Vater Pilot sei oder die Mutter als Kabinenchefin arbeitet. In meiner Familie aber gibt und gab es keine Piloten oder Angehörige einer Fluggesellschaft», schildert sie ihre Gedanken von damals. Wie man weiss, hat sie es auch ohne Beziehungen geschafft, oder vielleicht gerade deswegen.

Flugzeug und Triebwagen haben eines gemeinsam

Zehn Jahre hatte sie sich in einem Vollzeitpensum als Flugbegleiterin engagiert. Die heutige Bezeichnung ihrer Tätigkeit lautet Senior Cabin Crew Member. Seit diesem Jahr fliegt sie nur noch Teilzeit auf Freelance-Basis. Im Herbst 2017 reichte sie bei den Pilatus-Bahnen ihre Bewerbung ein und im Sommer legte sie die Prüfung ab. Sie arbeitet derzeit im 65-Prozent-Pensum als Fahrerin eines Triebwagens.
So sehr unterscheiden sich die beiden Berufe gar nicht, wie Mühlemann festhält. «Wie im Flugzeug ändert sich auch beim Fahren mit der steilsten Zahnradbahn der Welt nach Pilatus Kulm der Luftdruck, weshalb man stets mit dem Druckausgleich konfrontiert ist. Und in beiden Berufen begrüsse ich die Fahrgäste beim Einsteigen persönlich. Ich tue das auf Schweizerdeutsch. Es ist erstaunlich, wie viele Leute Antwort geben», sagt sie.

«Es muss wahnsinnig schön sein, die Nebeldecke mit der Bahn zu durchstossen.»

Die Jobs tangieren einander nicht. «Am 18. November wird der Fahrbetrieb der Zahnradbahn auf den Pilatus bis Ende April eingestellt. Dann geht es mit der Fliegerei wieder los», erklärt sie. Wie sehr die Frau ihren Triebwagen dann vermissen wird, kann sie noch nicht abschätzen, da sie sich ja in ihrem ersten Jahr befindet. «Aber vermutlich bin ich nach dem Winter froh, wenn die Frühlingssonne die neue Saison anzeigt. Ich bin schon sehr gerne in den Bergen.» Zuerst aber freue sie sich auf ein spezielles Herbstszenario. Nämlich auf den Nebel, der bald vom Tal her hochsteigt. «Es muss wahnsinnig schön sein, die Nebeldecke mit der Bahn zu durchstossen. Das haben mir meine Kollegen bereits bildhaft geschildert.»

Insgesamt bedienen bei den Pilatus-Bahnen 30 Personen einen Triebwagen, davon drei Frauen. «Es wäre nicht schlecht, wenn mehr Frauen Freude am Fahren hätten», meint sie. Im Umkehrschluss würde sie es begrüssen, wenn die Mannschaft über den Wolken durch den einen oder anderen Mann ergänzt würde.

Im Winter muss Nadine Mühlemann übrigens nicht ganz auf den Pilatus verzichten. Die Airline Edelweiss hat ihren neusten Flieger, einen Airbus A340, nach dem Berg benannt.

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