Ismail Osman
Ismail Osman
Ismail Osman
An diesem Wochenende öffnen sich landesweit die Tore der örtlichen Feuerwehrposten. Statt dass der Löschwagen herausgetürmt kommt, soll dann jedoch die Bevölkerung hereinströmen und gemeinsam mit den Brandbekämpfern feiern. Grund dafür sind die Jubiläumsfeierlichkeiten des Schweizerischen Feuerwehrverbandes (siehe Box unten).
Schweizweit veranstalten rund 700 Feuerwehren einen Tag der offenen Tür. Auch im Kanton Luzern laden zahlreiche Feuerwehren dazu ein, die Fahrzeuge und Geräte zu besichtigen und sich mit den Feuerwehrleuten auszutauschen.
Dass die Feuerwehrleute zum Jubiläum ihres Verbandes einen Blick hinter die Kulissen gewähren, kommt nicht von ungefähr, wie der Direktor des Schweizerischen Feuerwehrverbandes, Urs Bächtold, erklärt: «Jeder kennt die Feuerwehr. Wir sind so wiedererkennbar wie Coca Cola. Genau das ist aber auch das Problem. Wir sind zu einer Selbstverständlichkeit geworden.» Bächtold spielt damit auf die schweizweit bekannten Probleme in Sachen Rekrutierung und Nachwuchs bei der freiwilligen Feuerwehr an. «Das Milizsystem wird derzeit auf eine harte Probe gestellt. Sich in der Freizeit gemeinnützig zu engagieren, lehnen immer mehr Personen zugunsten anderer, eigener Interessen ab», so Bächtold. Die Begegnungen, Gespräche und Einblicke in den «Feuerwehralltag» an diesem Wochenende sollen dem entgegenwirken.
Als der Mensch dem Feuer hilflos ausgeliefert war
Dass die Feuerwehr nie zur Selbstverständlichkeit erklärt werden sollte, illustriert kaum etwas so nachdrücklich, wie die Katastrophenchronik der Stadt Sursee. «Seit der Stadtgründung im 13. Jahrhundert wurde das Städtchen überdurchschnittlich oft von Brandkatastrophen heimgesucht», wie Historiker Georges Zahno weiss. Zusammen mit dem ehemaligen Feuerwehrkommandanten Marcel Büeler, organisierte er unlängst Stadtführungen, die zu den Schauplätzen der bekannten Grossbränden führten.
In den Brandgeschichten Sursees spiegeln sich auch die Wurzeln der organisierten Feuerwehr. Am Anfang steht der Nachtwächter. Wie in anderen mittelalterlichen Städten behielt auch in Sursee ein Nachtwächter die Stadt und Umgebung im Auge. Bei Feuer alarmierte er mittels eines Feuerhorns.
Gemäss der 1998 erschienen Publikation «Vom Feuereimer zum Tanklöschfahrzeug – Stadtbrände und Feuerwehrwesen der Stadt Sursee vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart» ereignete sich ein erster verheerender Stadtbrand 1363. Nur ein einziges Haus soll damals von den Flammen verschont geblieben sein. Knapp 100 Jahre später, 1461, verschlang ein zweiter Stadtbrand wiederum das gesamte Städtchen.
Das Feuer, welches das Gesicht Sursees und auch die Brandbekämpfung für immer veränderte, ereignete sich im Jahr 1734. Um 7 Uhr morgens brach in der Harnischgasse wegen «Nachlässigkeit beim Backen» ein Feuer aus. Innert fünf Stunden waren 116 Wohnhäuser, zwei Türme, zwei Waschhäuser und vier Scheunen abgebrannt. Zwei Drittel der Stadt innerhalb der Ringmauern wurden vernichtet und 505 Menschen obdachlos.
Beim Wiederaufbau wurden einschneidende Veränderungen vorgenommen. Gassenlinien wurden verschoben und vergrössert, Bauparzellen neu eingeteilt und die Häuser der Oberstadt so zurückversetzt, dass die einst enge Gasse dort zu einem veritablen Platz wurde. Zudem zog man starke Brandmauern hoch, die über die Dächer hinausragen. Man erkennt sie heute noch an ihren treppenartigen Abschlüssen. Die Häuser mussten fortan aus Stein gebaut werden, während hölzerne Anbauten verboten und vor allem alle Scheunen aus der Stadt verbannt wurden.
Was sich in den Jahren danach ebenfalls entscheidend änderte: die Brandbekämpfung. Bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts bildete man von der Sure oder von den Brunnen aus Reihen und reichte Wassereimer, genannt Feuereimer, von Hand zu Hand weiter. In Sursee wurde 1776 die erste Feuerspritze angeschafft. Bis zur Anschaffung einer Saug- und Druckspritze, wodurch die Feuereimer überflüssig wurden, dauerte es dann noch bis 1863.
Auch organisatorisch professionalisiert hat sich die Feuerwehr erst im Verlauf des 19. Jahrhunderts. 1822 bestand das Aufgebot der Surseer Feuerwehr bereits aus 138 Mann. In dieser Grösse ist sie auch heute aufgestellt. Die Technik hat sich augenfällig stetig weiterentwickelt. Man ist diesbezüglich heute Welten entfernt von mittelalterlichen Feuereimern und einfachen Feuerspritzen.
Aktuell sollen auch organisatorische Neuerungen in Angriff genommen werden. Tatsache ist, dass heute nur 10 Prozent der rund 85 000 aktiven Feuerwehrleute Frauen sind. «Doch hier sind wir auf einem guten Weg. Die Zahlen steigen stehtig, sagt SFV-Direktor Urs Bächtold. Ein Beispiel, um die Tagesverfügbarkeit zu erhöhen, biete etwa die Feuerwehr im aargauischen Eggenwil, welche eine dreiköpfige Betreuungsgruppe einsetzt, die auf die Kinder der Feuerwehrleute im Einsatz aufpasst. Eltern könnten, so die Hoffnung, eher gewillt sein, sich bei der Feuerwehr einzusetzen.
Alle Infos zum Tag der offenen Tür
Rund 700 Schweizer Feuerwehren öffnen am 30. und 31. August ihre Tore. Informationen zu den Feierlichkeiten finden Sie auf www.swissfire.ch. Ob auch die Feuerwehr in Ihrer Gemeinde mitmacht, sehen Sie auf der interaktiven Schweizer Karte. Das Onlineportal luzernerzeitung.ch berichtet am Samstagnachmittag aus dem Feuerwehrlokal der Stadt Luzern.