Paul Gwerder
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Der starke Wind blies am Samstagmittag in Gletsch die letzten Nebelfetzen weg. Danach konnten die zahlreichen Gäste die Faszination der Dampflokomotiven in vollen Zügen geniessen. Bei viel schwarzgrauem Rauch und dem typischen Pfeifen kamen die Dampfbahnfans bei zahlreichen Extrafahrten am Jubiläumsfest vom Wochenende voll auf ihre Rechnung.
In der Nähe des Bahnhofs stand ein Festzelt und daneben gab es an einigen Marktständen einheimische Produkte zu kaufen. Alphornklänge, Drehorgelspieler und drei Ländler-Musikanten sorgten für gute Stimmung auf dem Gelände. Auf einer Mini-Dampfeisenbahn durften die Kinder mitfahren und die Erwachsenen konnten in der Zwischenzeit die restaurierte Dampfschneeschleuder R 12 und die Dampflok HG 2/3 «Breithorn» besichtigen.
Seit zehn Jahren ist gesamte Bergstrecke befahrbar
Die Dampfbahn Furka-Bergstrecke (DFB) hat dieses Jahr Grund zum Feiern – und dies gleich dreifach. Am 12. August waren es zehn Jahre her, seit der Streckenabschnitt Gletsch bis Oberwald und damit die gesamte ehemalige Bergstrecke in Betrieb genommen werden konnte. Seither gehören historische Dampflokomotiven auf der Furka zum gewohnten Bild. Gleichzeitig sind es 20 Jahre her, seit die Strecke Realp bis Gletsch durchgehend befahrbar ist. Und zu guter Letzt sind es inzwischen bereits 30 Jahre her, seit mutige Pioniere der DFB in einer spektakulären Aktion mehrere verrostete Zahnrad-Dampfloks aus dem vietnamesischen Hochland in die Schweiz zurückholten.
Die Gäste wurden bei einem Apéro im kleinen Saal des Hotels Glacier du Rhône von Peter Lerch, Verwaltungsratsmitglied der Dampfbahn Furka-Bergstrecke (DFB), empfangen. «Heute haben wir viel zu feiern, denn ein paar Männer haben vor 30 Jahren anlässlich der Aktion «Back to Switzerland» mehrere Dampflokomotiven aus Vietnam in die Schweiz zurückgeholt, um dieses Kulturgut zu erhalten», sagte der Verwaltungsrat. Es waren Tausende von Helferstunden und viel Geld notwendig, um die Lokomotiven zu revidieren. So waren zum Beispiel 5'2000 Stunden Freiwilligenarbeit und fast 2 Millionen Franken nötig, bis die Dampflokomotive HG 4/4 nach der Bewilligung des BAV einsatzbereit war.
«Es war für mich ein unbeschreibliches Gefühl, als die erste Lokomotive auf dem Schiff verladen war»
«Auf der Suche nach Dampfloks für die Furka-Bergstrecke ist der gebürtige Erstfelder Ralph Schorno im Jahr 1990 in Vietnam fündig geworden», erzählt Joseph Koch, der damals Botschafter in Bangkok und zudem auch in Vietnam akkreditiert war. Dank dem Verhandlungsgeschick von Koch konnte sich die Schweizer Delegation mit der Direktion der Staatsbahnen nach intensiven Gesprächen einigen und die Lokomotiven in einer schwierigen Aktion in die Schweiz zurückführen. «Es war eine wunderbare Sache und wir brauchten aber auch viel Glück, damit alles klappte. Es war für mich ein unbeschreibliches Gefühl, als die erste Lokomotive auf dem Schiff verladen war», erinnert sich Koch.
Die Schweizer Dampflokomotiven sind im Jahr 1923 von der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik in Winterthur nach Indochina, dem heutigen Vietnam geliefert worden, wo sie bis zur Stilllegung der Bahn im Jahr 1976 im Einsatz standen.
Am späten Samstagnachmittag gab es mit drei dieser Lokomotiven mit ihrer Besatzung einen Fototermin auf dem Bahnhofgelände. Es waren dies die Loks HG 3/4 Nr. 1 und 9 sowie die stärkste Schmalspurdampflok HG 4/4 Nr. 704, welche nach ihrer Revision im letzten Juni in Oberwald getauft worden ist und dann ihren Betrieb aufnahm. Die beiden HG 3/4 Dampflokomotiven waren vor ihrem Verkauf nach Vietnam bereits bis 1947 auf der Furka-Bergstrecke eingesetzt worden und stehen seit 1993 wieder an ihrer früheren Wirkungsstätte in Betrieb.
Wie Peter Lerch sagte, hat die DFB insgesamt 7 Dampflokomotiven in ihrem Besitz, wovon 5 einsatzfähig sind. «In zwei Jahren sollte die HG 4/4 Nr. 708 nach der Revision wieder dem Betrieb übergeben werden können», so Lerch.
Bilderbuch erzählt unglaubliche Geschichte
Am Dampfbahnfest ist das 40-seitige Bilderbuch «Liam, Lara und die Furka-Dampfloks» vorgestellt worden. Es erzählt die abenteuerliche Geschichte von der Rückholung der alten Dampflokomotiven aus Vietnam zurück in die Schweiz. So wird im Bilderband beschrieben, wie eines Tages eine Gruppe Schweizer Dampflokexperten im Dschungel von Vietnam aufgetaucht sind, welche nach den verschollenen Furka-Dampfloks suchten.
Die Lokomotiven aus dem Urwald in die Schweiz zurückzuholen, das scheint mehr als verrückt! Und als Fazit kann man aus dieser unglaublichen Geschichte ziehen: «Die besten Geschichten schreibt das Leben selber».