Pascal Studer
Die Lage um die Corona-Pandemie spitzt sich immer mehr zu. Nachdem der Bundesrat beschlossen hat, die Massnahmen gegen die grassierende Ausbreitung des Virus weiter zu verschärfen, scheint die ganze Region wie gelähmt. Die Strassen von Luzern sind fast vollständig leergefegt und nur Betriebe, welche für die öffentliche Gesundheit elementar sind oder die Ernährung sicherstellen, haben noch geöffnet.
Die Restriktionen schlagen ein – in alle Gesellschaftsschichten und jegliche Wirtschaftszweige. In der Gastronomie gilt dies vielleicht etwas weniger für die Take-away-Läden – diese sind weiterhin geöffnet. Vor allem die Restaurant-Betriebe sind stark betroffen. Nachdem der Luzerner Gastro-Präsident Ruedi Stöckli bereits letzten Freitag – also noch vor den verschärften Massnahmen des Bundesrates – auf eine «fatale und nicht haltbare Situation» hingewiesen hatte, sieht er die derzeitige Situation noch prekärer: «Ich bin geschockt, dass es so weit gekommen ist», sagt er. Natürlich habe man im Verlauf der letzten Tage mitbekommen, wie verschiedene Kantone wie der Tessin oder Jura den Notstand ausgerufen hätten. Nun tue die Politik ihr Möglichstes, um die Pandemie einzudämmen. Für Stöckli ist dennoch klar:
«Die Auswirkungen sind fatal. Der Grossteil der Betriebe wird dies nicht überleben.»
Besonders die Betriebe, welche ungenügend versichert seien, würden unter den Auswirkungen des Corona-Virus leiden. So erzählt Stöckli, dass der Grossteil der Verbandsmitglieder derzeit in einem Disput mit den jeweiligen Versicherungen stehe. Der Zankapfel: Die Restaurantbetreiber haben sich nur gegen eine Epidemie, nicht aber eine Pandemie versichert – im Alltäglichen meist Synonyme, im Juristischen jedoch nicht zwingend gleichbedeutend. Hier drohen den Wirten sehr hohe Verluste.
Wie lange dauern die Massnahmen?
Neben den formalen Fallstricken befeuert die akute Ungewissheit die Existenzängste der Gastronomie-Betriebe. Auch wenn die Verordnung des Bundes vorerst bis am 19. April dauert, ist noch ungewiss, ob die Restriktionen über dieses Datum hinauslaufen werden. «Dann würde es richtig schlimm werden», sagt Stöckli. Nun fordert er von der Politik schnelles Handeln, das derzeitige Klima schaffe nämlich eine Ungewissheit, die man «aus dem Raum geschafft haben will». Zu den zehn Milliarden, die der Bundesrat als Sofortmassnahme gesprochen hatte, sagt Stöckli: «Das Geld muss nun schnell kommen!»
Im Restaurant Maihöfli in Luzern ist die Lage entsprechend angespannt. Inhaberin Nadine Baumgartner zeigt sich trotz allem zuversichtlich. Sie sagt: «Wir stecken den Kopf nicht in den Sand.» Wie so viele Betriebe habe auch sie zusammen mit ihrem Geschäftspartner Kurzarbeit angemeldet, um die nächsten Wochen zu überbrücken. Derzeit sei man daran, die Lebensmittel so gut wie möglich zu lagern. Esswaren, die schnell gebraucht werden müssen, nehmen sie und ihre zwei Mitarbeitenden nach Hause. Trotz der angespannten finanziellen Lage hat Baumgartner noch nicht an Kündigungen gedacht. Sie stellt klar:
«Wir werden unsere Mitarbeitenden nicht entlassen.»
Mit Blick in die fernere Zukunft konstatiert aber auch Baumgartner eine nagende Ungewissheit. Man habe zwar finanzielle Reserven und man könne die nächsten Wochen überstehen. Was geschieht aber, wenn der Bundesrat seine Massnahmen verlängert? «Sollte es so kommen, wird auch für uns die Lage prekär.» Besonders dann sei man auf die Bundesgelder angewiesen.
Auch Luzerner Detaillisten stehen mit dem Rücken zur Wand
Für den Detaillistenverband des Kantons Luzern (DVL) ist die Lage ebenfalls ernst. Die weiteren Restriktionen der Bundesregierung kamen für Geschäftsführer Rolf Bossart nicht überraschend. Der SVP-Politiker ist neben seiner Funktion beim DVL Gemeinderat von Schenkon und sitzt im Kantonsrat sowie im Vorstand des KMU- und Gewerbeverbands des Kantons Luzern. Entsprechend informiert er sich laufend über die politische Lage. Zur derzeitigen Situation sagt er:
«Das Ausmass ist erschreckend.»
Es drohten unzählige Konkurse, die Existenzängste seien akut, Arbeitnehmer und Arbeitgeber befänden sich im Ungewissen. Bossart sagt: «Jetzt trifft es alle.» Besonders prekär sei die derzeitige Situation für die Branchen, die in der aktuellen Saison normalerweise den grössten Umsatz erzielen – beispielsweise die Skigebiete, welche ohnehin bereits von einem milden Winter gebeutelt sind. In Luzern leiden derzeit aber insbesondere auch der Tourismus sowie die Textil-, Gastro- oder etwa die Uhrenbranche. Bucherer habe beispielsweise als eines der ersten Unternehmen Kurzarbeit angemeldet. Bossart appelliert: «Es ist eine Zeit, in der Solidarität und aktive Mithilfe von allen notwendig ist.» Panikmacherei diene jedoch keinem.
Auch in bürokratischer Hinsicht seien viele Betriebe derzeit überfordert. «Es gibt derzeit unglaublich viele Informationen. Es herrscht sowohl ein Papierkrieg als auch eine E-Mail-Flut», sagt Bossart. Viele stünden derzeit im luftleeren Raum, wüssten nicht, von wo die relevanten Informationen kämen, um beispielsweise Anspruch an die Bundesgelder zu erheben. Der Detaillistenverband will daher Klarheit schaffen, gibt sich gegenüber der Politik aber auch fordernd:
«Wir wollen, dass die Unterlagen und Dokumente zur Verfügung stehen und die Behörden möglichst unbürokratisch agieren.»
Mit gutem Beispiel vorangegangen ist diesbezüglich die Luzerner Kantonalbank: Wie Finanzdirektor Reto Wyss an der Medienkonferenz der Luzerner Regierung bekanntgegeben hatte, stellt die LUKB dem Kanton per sofort 50 Millionen Franken als «unbürokratische Soforthilfe» zur Verfügung.