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«Die Anfangsphase der Triaplus AG war turbulent»

Als CEO der Triaplus AG, Integrierte Psychiatrie Uri, Schwyz und Zug, hat Erich Baumann für 439 Mitarbeitende die Verantwortung. Im Interview blickt er auf das erste Jahr zurück und äussert sich zu laufenden Projekten.
Erich Baumann, CEO der Triaplus AG, in seinem Büro in Oberwil. (Bild: Stefan Kaiser, Oberwil, 7. Juni 2019)

Interview: Christopher Gilb

Gestern verschickte die Triaplus AG die Medienmitteilung zu ihrem Jahresbericht 2018. Das Jahr sei durch viele Veränderungen, neue Prozesse und grössere und kleinere Erfolge geprägt gewesen. Finanziell, so zeigt sich aber, resultierte ein Verlust.

Der Betriebsökonom Erich Baumann, der zuvor während elf Jahren Spitaldirektor und Vorsitzender der Geschäftsleitung der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich war, leitet den neuen Betrieb. Das Interview mit dem 58-Jährigen findet in der Psychiatrischen Klinik Zugersee statt, wo die Geschäftsleitung ihre Büros hat. Es bietet sich eine wundervolle Aussicht auf den See und die umliegenden Gemeinden.

Wie häufig sind sie an einem der anderen Standorte?Erich Baumann: Dass nicht nur die Strukturen und Systeme, sondern auch die Angestellten zusammenwachsen, ist eine meiner Herausforderungen. Wir haben deshalb unter anderem eine Betriebszeitschrift lanciert, für die ich das Editorial schreibe. Das reicht aber nicht. Ich versuche deshalb alle zwei Wochen, einen der anderen Standorte zu besuchen. Schliesslich soll ich als Chef physisch spürbar sein. Auch steht meine Türe für die Anliegen der Mitarbeitenden immer offen. Sie reden von Strukturen und Systemen. Ist da schon alles zusammengewachsen?Nein, das zu behaupten wäre reine Augenwischerei. Beispielsweise sind die Klinik-Informationssysteme der verschiedenen Standorte noch nicht alle miteinander kompatibel. Und gerade Vernetzung ist etwas sehr Wichtiges für uns. Von unserem nördlichsten Standort in Lachen zu unserem südlichsten in Schattdorf fährt man gut eine Stunde. Was sehen sie da für Möglichkeiten?Beispielsweise Videokonferenzen durchzuführen. Die Mitarbeiter können nicht immer hin und her reisen. Für die Patientenbetreuung aber muss man natürlich physisch vor Ort sein, das ist in der Psychiatrie sehr wichtig. Reden wir übers erste Geschäftsjahr. Sind Sie zufrieden?Thomas Edison hat einmal gesagt, dass es besser ist, unvollkommen anzupacken als perfekt zu zögern; das war mein Leitmotto. Und erwartungsgemäss war die Anfangsphase turbulent und spannend. Aber langsam konsolidiert sich alles.Es resultierte aber ein Verlust von rund 1,2 Millionen Franken.Was auch mit dem Eingriff des Bundesrats beim Abrechnungssystem Tarmed zusammenhängt. Davon sind alle Kliniken betroffen. Die Politik kann nicht dauernd verlangen, dass mehr ambulant gemacht wird, wenn die Finanzierung nicht stimmt. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: In der ambulanten Kinder- und Jugendpsychiatrie werden einerseits Gespräche mit dem Patienten und seinen Eltern geführt, gleichzeitig sind aber oft auch Abklärungen mit dem Sozialarbeiter der Gemeinde, Lehrern oder der Schulbehörde nötig. Früher wurde dies vergütet, heute nicht mehr. So ist es schwierig, kostendeckend zu arbeiten. Das führt zu Anpassungen bei den Leistungsaufträgen?Ja, denn diese wurden abgeschlossen, bevor dieser Eingriff bekannt war. Wir werden die Erfahrungen mit dem Tarif also in den nächsten Verhandlungen mit den Kantonen einfliessen lassen. In der Mitteilung zum Geschäftsjahr wird die schwache Bettenbelegung in der Klinik Zugersee genannt.Diese war letztes Jahr mit durchschnittlich 87 Prozent etwas tiefer als sonst. Im ersten Quartal 2019 war sie dafür mit teilweise über 100 Prozent überdurchschnittlich hoch. Feststellen lässt sich, dass die Schwankungsbreite bei der Belegung immer grösser wird. Heute ist diese regelmässig zweistellig. Wir haben deshalb ein Flexibilisierungskonzept lanciert. Das heisst, wir haben einen Pool von Pflegefachmitarbeitern geschaffen, die kurzfristig – wenn sich die Belegung erhöht – zur Verfügung stehen. Das sind Leute, die beispielsweise sechs Monate im Pool arbeiten und dann zwei Monate reisen, also die Flexibilität schätzen.Das ist aber nicht die einzige Veränderung?Stimmt, wir haben beispielsweise eine neue ambulante Alterspsychiatrie aufgebaut. Also jemand, der sich speziell um ältere Patienten kümmert. Diese Person wechselt zwischen unseren Ambulatorien hin und her, behandelt die Patienten vor Ort und unterstützt die Mitarbeiter. Triaplus heisst, Mehrwert zu schaffen, und das ist nun so ein Angebot, welches wir dank unseres Know-hows in allen Konkordatskantonen anbieten können. Vor allem ist gerade für ältere Menschen die Verlegung etwas sehr Stressiges, so kann auf diese verzichtet werden. Und es stehen einige Projekte an. In Uri betreiben wir ein Ambulatorium in Altdorf und eines in Schattdorf. Da es am jetzigen Standort Altdorf schon jetzt zu eng ist, planen wir die Standorte auf Mitte 2021 in einem neuen Zentrum beim zukünftigen Neat-Bahnhof Altdorf zusammenlegen. Und auch bei den Standorten in Ausserschwyz, Pfäffikon und Lachen prüfen wir Zusammenlegungen. In der Klinik Zugersee eröffnen wir zudem auf 2020 eine eigene therapeutische Station für junge Erwachsene. Wir haben je bis zu 13 Patienten aus dieser Altersgruppe, so lohnt es sich. In den Jahren vor ihrem Antritt erlebte die Klinik Zugersee eine turbulente Zeit. Auf dem Direktorenposten gab es Wechsel, teils verbunden mit Kritik an der Klinikleitung und auch die Ergebnisse einer Mitarbeiterbefragung waren teils tiefrot. Zudem musste die Position des Chefarztes neu besetzt werden.Ich habe dort eine konstruktive Stimmung angetroffen und bin froh, dass mit Josef Jenewein auch zügig der passende Chefarzt gefunden wurde, was auch für Stabilität sorgte. Und gab es schon eine weitere Mitarbeiterbefragung?Da alles neu ist und erst einmal zusammenwachsen muss, hätte das keinen Sinn gemacht. Wir haben aber für dieses Jahr eine im Gesamtbetrieb geplant. Sie haben vorhin von Videokonferenzen gesprochen. Dabei geht es indirekt auch um das Thema Digitalisierung. Wie sehr beschäftigt diese den Betrieb?Die Digitalisierung ist natürlich auch für uns die Herausforderung schlechthin. Und sicher wird es auch das ein oder andere Tool geben, das bei der Behandlung unterstützend sein kann, beispielsweise aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz. Neue Systeme bergen aber auch ein gewisses Risiko. Wenn etwa ein Patient felsenfest davon überzeugt ist, dass die Diagnose, die ihm eine App gestellt hat, stimmt und die des Arztes nicht. Aber eben, es entwickelt sich so viel und es wird sich noch zeigen, welche Geschäftsmodelle Erfolg haben.
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