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Stadt Luzern

«Die ABL ist zu gewissen Teilen eine Bank»: Linke wollen die Baugenossenschaft umkrempeln

Eine Gruppe rund um SP-Mitglieder will an den Statuten der Allgemeinen Baugenossenschaft Luzern (ABL) weitreichende Änderungen anbringen. Der Vorstand befürchtet starke Einschränkungen.

Der Allgemeinen Baugenossenschaft Luzern (ABL) steht eine entscheidende und kontroverse Generalversammlung bevor: Am 20. Oktober werden die ABL-Mitglieder über eine Revision der Statuten abstimmen.

Die Liste der Änderungsanträge ist lang: 31 von ihnen sind eingegangen, ein Grossteil stammt von der «Gruppe für eine soziale, faire und ökologische ABL». Vertreten wird die Gruppe nicht ausschliesslich, aber vor allem von aktiven SP-Politikerinnen und -Politikern, unter ihnen Luzerner Kantonsräte und Grossstadträte.

Die ABL-Überbauung Himmelrich.
Bild: Bild: Manuela Jans-Koch (Luzern, 29. April 2021)

Das erstaunt nicht, haben doch die Sozialdemokraten vor einem Jahr die ABL öffentlich kritisiert: Sie sei «intransparent und wohl zu teuer», schrieb damals die SP Kanton Luzern. Die Anträge der Gruppe lassen sich auf folgende Punkte herunterbrechen, welche der ABL-Vorstand allesamt zur Ablehnung empfiehlt:

Die Genossenschaftsanteile eines Mitglieds dürfen 25’000 Franken nicht überschreiten. Zurzeit liegt das Limit auf 50’000 Franken. «Die Genossenschaft soll nur so viel Kapital anziehen und verzinsen, wie sie braucht, ansonsten wird sie zur Investitionsanlage», sagt David Roth auf Anfrage. Er ist Präsident der SP Kanton Luzern, betont aber, als ABL-Mitglied zu sprechen. Wer Geld in die ABL investiere, dem winke ein Zins von 2 Prozent, was Banken nicht bieten können. «Die ABL ist zu gewissen Teilen eine Bank», hält er fest. Das sei aber nicht ihr Sinn und Zweck.

Der Bruttolohn der Vorstandsmitglieder soll auf jährlich 180’000 Franken beschränkt und transparent gemacht werden. Es sei stossend, dass die Löhne nicht öffentlich zugänglich seien, findet Roth. Selbst bei Grossbanken wie der UBS und der Credit Suisse sei das mittlerweile der Fall.

Der Erneuerungsfonds soll gesamthaft auf 10 Prozent der Anlagekosten plafoniert werden. Eine höhere Einlage sei betrieblich nicht notwendig. Und bei einer Begrenzung könnten die Mieten viel rascher gesenkt werden. «Mit diesem Fonds wird unnötig Geld zur Seite geschaufelt, um die Mieten nicht senken zu müssen», so Roth. Finanzexperten hätten der Gruppe gegenüber bestätigt, dass eine Äufnung von 15 Prozent unüblich und zu hoch sei.

Wirbel um Modus der Abstimmung

David Roth (SP)
Bild: Bild: Urs Flüeler / Keystone (Luzern, 2. Oktober 2019)

Zu reden gibt auch der Modus der Abstimmung selbst. Am 20. Oktober werden die ABL-Mitglieder in der Messe Luzern über jeden einzelnen Antrag abstimmen. Die Gruppe stellt den Ordnungsantrag, dass nach der GV die revidierten Statuten als Gesamtpaket an der Urne abgesegnet werden. Der Vorstand hingegen will alle Anträge, die nicht im Sinne des Vorstands entschieden wurden, einzeln bestätigen lassen. Die Entscheidungen im Sinne des Vorstands hingegen sollen gemeinsam bestätigt werden. Roth nennt dieses Vorgehen «statutenwidrig».

Mit dem Ordnungsantrag wolle man dem demokratischen Entscheidungsprozess vor Ort das Gewicht verleihen, das es verdiene. Auch die Geschäftsprüfungskommission (GPK) der ABL ist der Auffassung, dass der Ordnungsantrag den Statuten entspreche. Im Umkehrschluss heisst das: Die GPK ist der Meinung, dass der Vorschlag des Vorstandes nicht den Statuten entspreche.

Vorstand fürchtet Einschränkungen

Würden einige spezifische Anträge angenommen, sehe der Vorstand ein weiteres Wachstum als gefährdet, sagt ABL-Präsidentin Marlise Egger Andermatt auf Anfrage. Insbesondere verweist Egger Andermatt auf den Antrag, die Personal- und Verwaltungskosten auf dem Niveau von 2021 einzufrieren.

Das würde für die ABL eine «grosse Einschränkung in der Umsetzung ihrer gezielten Wachstumsstrategie» bedeuten – zum Beispiel in städtischen Schlüsselgebieten wie Kleinmatt/Biregg, wo sich die ABL mit Interesse engagieren würde. Das wiederum würde die Umsetzung der «Initiative für gemeinnützigen Wohnbau» erschweren.

Diese verlangt, dass bis 2037 mindestens 16 Prozent des Stadtluzerner Wohnungsbestands gemeinnützig sein müssen. Auch die Umsetzung der Klimaziele müsste «auf einen längeren Zeitraum verschoben werden», so Egger Andermatt, was «nicht im Interesse unserer Bemühungen für die Nachhaltigkeit» sei.

ABL will ein «Mehr an Demokratie»

Zum Vorwurf der Überkapitalisierung sagt Egger, dass die ABL per Ende 2021 eine Eigenkapitalquote von knapp 18 Prozent hatte. Das entspreche einem gesunden Unternehmen.

«Die ABL braucht genügend Kapital, um den Unterhalt und die Entwicklung ihrer Liegenschaften gewährleisten zu können.»

Die Verzinsung nennt Egger «fair gegenüber den treuen Mitgliedern». Dank dem Eigenkapital könne zudem der Pflichtbetrag, den Mieterinnen und Mieter für ihre Wohnungen einzahlen müssen, vergleichsweise tief gehalten werden.

Die Kritik am gewählten Abstimmungsverfahren weist Marlise Egger Andermatt zurück. Genossenschaftsrechtliche Expertinnen hätten bescheinigt, dass das vom Vorstand gewählte und von Anfang an kommunizierte Vorgehen rechtmässig sei. Egger Andermatt betont das Ziel des Vorstands, mit seinem Vorgehen ein «Mehr an Demokratie» zu gewährleisten. Denn dadurch erhielten alle rund 12’000 stimmberechtigten Mitglieder die Gelegenheit, an der Urabstimmung auch zu den umstrittenen Fragen Stellung zu nehmen.

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