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Zug

Der Zuger Wald, unser zuverlässiger Beschützer

Fast die Hälfte des Waldbestandes im Kanton Zug hat eine Schutzfunktion vor Naturgefahren. Pflege und Instandhaltung dieser Waldgebiete sind aufwendig, aber absolut unerlässlich. Der Bund lobt die vorbildliche Arbeit, die im Kanton Zug diesbezüglich geleistet wird.

Andreas Faessler

Der Wald ist uns Ort der Erholung, er lehrt uns Grundlegendes über Flora und Fauna, er liefert Nahrung wie auch Baumaterial, ist Lebensraum zahlreicher Tier- und Pflanzenarten, er ist auch Ort der Märchen und Mystik, erzählt uns abenteuerliche wie unheimliche Geschichten. In dieser letzten Ausgabe unserer Serie über die Zuger Wälder, welche knapp einen Drittel des Kantonsgebietes ausmachen, widmen wir uns einer weiteren Aufgabe, welche die hiesigen Forste wahrnehmen: derjenigen des Schutzes der Zivilisation und Infrastruktur vor allerlei Naturgefahren wie Steinschlag, Überschwemmungen, Lawinen, Murgängen und Erosion.

Im Kanton Zug sind 45 Prozent der gesamten Waldfläche als Schutzwald eingestuft, dies auf Basis von einheitlichen Bundeskriterien. Seit 2008 unterhält der Kanton Zug mit dem Bund die «Programmvereinbarung Schutzwald», welche für eine Zeitspanne von jeweils vier Jahren die Programmziele und die Höhe der Bundesbeiträge definiert. Und 2011 wurden der nach einheitlichen, wissenschaftlich überprüften Bundeskriterien ausgeschiedene Schutzwaldperimeter im kantonalen Richtplan beschrieben und die flächenmässigen Ausdehnungen festgelegt.

2016 hat der Kanton ein sogenanntes Schutzwaldkonzept erarbeitet, welches Schutzwäldern eine erste (Schutz von Menschen und hohen Sachwerten) und eine zweite (indirekte Schutzwirkung) Priorität zuordnet. Die Bedeutung des Schutzwaldes im Kanton Zug nimmt angesichts des Bevölkerungswachstums und der immer dichter werdenden Besiedlung zu. Jährlich pflegt der Kanton Zug rund 140 Hektaren Schutzwaldfläche.

Je steiler der Hang, desto grösser die Herausforderung

Der flächenmässig grösste Schutzwaldkomplex des Kantons zieht sich der Ostseite des Zugersees entlang, von der Stadt Zug bis Walchwil. Er schützt neben den an den Seeufern angelegten Siedlungsgebieten gleichermassen die Bahnlinie und die Kantonsstrasse. «Ein besonders wichtiger Abschnitt dieses Waldgebietes liegt oberhalb der Räbmatt bei Oberwil», sagt Martin Ziegler, Leiter Bereich Wald/Naturgefahren beim Amt für Wald und Wild.

«Dies, weil hier die Hänge besonders steil sind. Der nach klaren Vorgaben gepflegte Schutzwald hält Steinschlag zurück und armiert den Boden, um dessen Abgleiten zu verhindern.»

Ende 2018 führte der Kanton hier eine grosse Pflegeaktion des Schutzwaldes durch. Im Laufe der Zeit war das sehr steile, «Nüflue» genannte Stück im Seewald Zug zu dicht geworden. Viele alte, hochgewachsene Bäume bargen erhebliches Risikopotenzial und hätten bei einem der nächsten Stürme umfallen können. Und in ihren Schatten hatte der Jungbaumbestand zu wenig Licht bekommen. Auch Neophyten wie Waldreben oder Sommerflieder wucherten in diesem Abschnitt übermässig und beeinträchtigten den Aufwuchs junger Bäume. Unterstützt von Bund und Kanton schlug die Waldeigentümerin, die Korporation Zug, 3800 Kubikmeter Holz und brachte den Seewald soweit auf Vordermann, dass dessen Schutzfunktion wieder vollumfänglich gewährt war. Dabei musste wegen der durch die Steilheit des Geländes schwierige Erschliessungssituation auf zusätzliche Hilfsmittel wie Seilkran und Helikopter zurückgegriffen werden.

Der grosse Effort des Zuger Amtes für Wald und Wild wird denn auch gewürdigt: Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) lobt den Kanton Zug für seine effizienten Schutzwaldmassnahmen und bestätigt somit auch die volle Erfüllung der Programmvereinbarung.

Als sich der «Seewald» bewährt hat

Weitere ausgedehnte Schutzwaldungen mit hoher Priorität liegen oberhalb Oberägeri im Gebiet Alosen-Gottschalkenberg. «Und auch im Hürital südlich von Unterägeri steht ein grosser Schutzwaldkomplex», so Ziegler weiter.

«Dieser wirkt hier vor allem indirekt, indem er steile Bacheinhänge und Uferbereiche im Einzugsgebiet des Hüribachs stabilisiert und so Unterägeri bei Starkniederschlägen vor Überschwemmungen schützt.»

Das Wahrnehmen der Schutzfunktion fordert zuweilen jedoch auch vom Wald selbst seinen Tribut, wie etwa im Juli 2016, als oberhalb von Oberwil ein so starker Gewitterregen niederging, dass sich selbst im Schutzwaldbereich an mehreren Stellen Erdpakete lösten und mehrere Böschungen entlang von Waldstrassen ins Rutschen gerieten. Kleine Gerinne entwickelten sich zu geröllführenden Wildbächen. Der Wald trug folglich grossen Schaden davon, welcher daraufhin über Wochen hinweg behoben werden musste. Dennoch hat er bei diesem Naturereignis seine Schutzfunktion für die Zivilisation zuverlässig erfüllt, «denn ohne den Schutzwald hätte dieses Gewitter noch viel schlimmere Auswirkungen gehabt», ist Martin Ziegler überzeugt.

Intakte Wälder für eine zuverlässige Schutzfunktion

Die Instandhaltung von Schutzwäldern hat hohe Priorität: Etwa 5 Prozent der Gesamtarbeitszeit beim Zuger Amt für Wald und Wild würden direkt für den Unterhalt der Schutzwälder aufgewendet, erklärt Ziegler. «Doch die Schutzwaldpflege ist ein Verbundaufgabe zwischen dem Bund, dem Kanton und der Waldeigentümerschaft. So leisten Die Förster und Forstwarte der Korporationen einen sehr grossen Beitrag.» Sie sorgen laut Ziegler dafür, dass die Wälder intakt bleiben, damit sie ihre Schutzfunktion zuverlässig erfüllen können. Sie prüfen die Bäume auf ihre Stabilität: Das heisst, diese müssen tief beastet, standfest und gesund sein.

Im Zuge dessen werden instabile Bäume entfernt, die Personen und Sachwerte gefährden können. Es wird darauf geachtet, dass der jeweilige Schutzwald aus mehreren standorttypischen Baumarten besteht und stufig aufgebaut ist ohne grössere Lücken. Und damit der Wald längerfristig wirksamen Schutz bietet, braucht es eine ausreichende Waldverjüngung, sprich, es müssen stets genug Jungbäume nachwachsen.

Weiserflächen liefern grundlegende Erkenntnisse

Eine konkrete aktuelle Massnahme hinsichtlich Pflege der Zuger Schutzwälder ist die Einrichtung von elf sogenannten Weiserflächen, welche vor kurzem abgeschlossen worden ist. Es sind dies markierte, zirka einen Hektar grosse Flächen, die eine Beurteilung der Wirkung von Pflegemassnahmen zulassen und Auskunft über die Veränderungen der Schutzwirkung des Waldes geben. Martin Ziegler erklärt:

«So dienen die Weiserflächen denn auch der Weiterbildung und dem Austausch aller in der Schutzwaldpflege involvierten Personen auf kantonaler wie auch auf nationaler Ebene»

«Diese elf Weiserflächen», fährt Ziegler fort, «sind so über die Zuger Schutzwälder verteilt, dass sie repräsentativ die unterschiedlichen Waldpflegemassnahmen über alle Naturgefahren abbilden.» Ein Wald etwa, der vor allem effizient Steinschlag zurückhalten soll, muss anders gepflegt werden als ein Wald, der primär dafür dient, Murgang zu verhindern, führt Ziegler ein Beispiel an.

Schutzwaldpflege im Spiegel des Klimawandels

Die fortschreitende Klimaerwärmung stellt allerdings neue Anforderungen an Pflege und Unterhalt von Schutzwaldflächen. Ziegler: «Aufgrund der höheren Temperaturen werden die Bäume vermehrt Trockenheitsstress ausgesetzt sein. Das schwächt Waldbestände, so dass sie anfälliger sind auf diverse Schadorganismen wie beispielsweise den Borkenkäfer.» Da aber die Unsicherheiten hinsichtlich Auswirkungen des Klimawandels gross seien, setze man auf eine möglichst hohe Baumvielfalt und eine ebenso vielfältige Altersstruktur. «So bleibt ein Wald vitaler, das Risiko wird verteilt, und seine Regenerationskraft ist grösser. Fällt eine Baumart aus, übernehmen andere Arten dessen Funktion.»

Abschliessend lässt sich festhalten, dass die aktuellen Schutzwaldzonen im Kanton Zug ihre Funktion einwandfrei und zuverlässig erfüllen, weshalb der Kanton gemäss Martin Ziegler derzeit keine Notwendigkeit sieht, den Schutzwaldperimeter zu verändern. «Der Bau von neuen Siedlungen und Infrastrukturen jedoch kann zukünftig allenfalls zu kleinflächigen Anpassungen führen.»

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