notifications
Stadt Zug

Der «Schräge Mittwoch» überraschte mit akrobatischen Texten, verpackt in Liedern, Gedichten und Witzen

Die offene Bühne in der Galvanik unterhielt das Publikum prächtig – unter anderem dank einem Zuger Improvisationstheater, das auf hohem Niveau spielte.

Innert Sekunden hat der Liedermacher den voll besetzten Saal der Galvanik im Sack. Seine Spezialität: Neuinterpretationen von Mundartklassikern – am vergangenen Mittwochabend zum Thema «alternative Energieträger». Was zur Folge hatte, dass aus dem «chline Hippigschpängschtli» (Peter Reber) «en chlini Wärmepumpi» wurde. Und Gölä anstatt seinen Schwan eine Leuchtquelle besang («En Lampe wiis wie Schnee, dere seit mr – L E D»). Herrlich!

Liedermacher Andreas Fröhlich aus der Ostschweiz, heute in Bern lebend, markierte definitiv einen Höhepunkt am vergangenen «Schrägen Mittwoch» in der Galvanik. Die offene Bühne für Anfänger und Profis ist laut der Zuger Künstlerin und Organisatorin Maria Greco die Älteste der Schweiz. Vom – man darf wohl sagen – Erfolgsrezept, wich sie in den 22 Jahren nicht ab: Jeder Kunstschaffende erhält zehn Minuten Zeit, um das Publikum, das nicht weiss, was es erwartet, in seinen Bann zu ziehen.

Spontan bis minutiös geplant

Monika Berger, Comedy-Kabarett-Künstlerin aus Sursee, berichtet in ihren zehn Minuten humorvoll über «den Besuch einer Vernissage, der braucht Courage!», an der sich die unterschiedlichsten Mitmenschen den Kopf darüber zerbrachen, was das ausgestellte Bild wohl darzustellen vermag: So identifiziert der Ornithologe im Gemälde eindeutig «Exkremente einer Meise» und «die Bäuerin Gabi, die sieht nichts als Kohlrabi». Der sorgfältig einstudierte Text, der vor lauten Binnenreimen nur so strotzt und alles andere als korrekt sein will, erinnert an die Chansons der 1920er-Jahre.

Was für ein Wortschatz: Comedy-Kabarett von Monika Berger.
Bild: Bild: Matthias Jurt (Zug, 12. April 2023)

Alles andere als einstudiert: Der Auftritt von der Zuger Improvisationstheater-Gruppe «ab und zufällig» basiert auf den Stichwörtern aus dem Publikum (das Lebensmotto «la solution existe»). Was mit der Besichtigung eines zu teuren Einfamilienheims mit Swimming Pool beginnt, endet damit, dass die Interessentin ihren Finanzberater heiratet, der für das nötige Kapital sorgt. Der Clou: Wann immer dem Publikum nach einem Lied zumute ist, beginnt das erfahrene Trio aus dem Stegreif auch noch zu singen! Diese Spielart des Impro-Theaters ist wohl nicht jedem gegeben, «ab und zufällig» beherrschen sie souverän.

Verwerten spontane Einfälle meisterhaft: Die Zuger Improvisationstheater-Gruppe «ab und zufällig».
Bild: Bild: Matthias Jurt (Zug, 12. April 2023)

Im den folgenden zehn Minuten besingt das Berner Duo «Prostatrara» – ja genau, die beiden Herren sind etwas älter – die verschiedenen Phasen eines Menschenlebens. Roger Strub, der mit seinem Strohhut für Urlaubsstimmung sorgt, zückt dazu seine Textsammlung «Sturm & Harndrang», während Christian Maeder am Klavier mit einem virtuosen Intro startet.

Bietet philosophisch-witzige Texte über das Leben dar: Das Duo «Prostatrara» mit Roger Strub (links) und Christian Maeder.
Bild: Bild: Matthias Jurt (Zug, 12. April 2023)

Von «Einfach mit dir durch das Leben streifen/ und immer von neuem nach den Sternen greifen» über «Welcome to the midlife, messerscharfe Worte bei Kaffee und Torte» bis «ein Wrack das mir entgegenblickt/die Zeit tickt». Die zwei 66-Jährigen sorgen mit ihrer durch viel Lebenserfahrung geprägte Perspektive für Abwechslung.

Das eher ältere Publikum geht dermassen mit, wie man es sonst nur von jüngeren Generationen zu kennen glaubt. Das hat wesentlich damit zu tun, dass es dem Moderator gelingt, die jeweils entstandene Energie ohne grosse Umschweife in den nächsten Auftritt überzuleiten. Der Kabarettist und Slam-Poet Jan Rutishauser (Thurgau) wärmte den Saal nach der Pause mit einem Text über das Aufgeben auf: «To lose ist mehr als eine Stadt in Frankreich».

Verantwortlich für gelungene Intermezzi: Moderator Jan Rutishauser.
Bild: Bild: Matthias Jurt (Zug, 12. April 2023)

Sein Fazit, ein Ratschlag so ernst wie humorvoll, lautet «Wer nicht aufgibt, scheitert länger». Aufgeben will Rutishauser auch die vielen Ansprüche sich selbst – zum Beispiel jener auf eine gelungene Schlusspointe am Ende seines Textes.

Der «Schräge Mittwoch» besucht die Galvanik dieses Jahr nochmals am 26. April und 10. Mai – Beginn jeweils um 20 Uhr.

Kommentare (0)