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Luzern

Der Luzerner Stadtratskandidat Rudolf Schweizer setzt sich für die Kleinen ein

Der parteilose Ruedi Schweizer stellt sich am 29. März zur Wahl in die Luzerner Stadtrat. Seine Chancen sind gering; er benutzt den Wahlkampf als Plattform, um unbequeme Fragen zu stellen.
Ruedi Schweizer vor dem Schlössli Wartegg im Luzerner Tribschenquartier. 
(Bild Nadia Schärli (2. März 2020))
Rudolf Schweizer vor dreieinhalb Jahren in seiner Auto-Carrosserie in Kriens. 
(Bild: Nadia Schärli (Kriens, 22. November 2015))

Hugo Bischof

Hugo Bischof

Der Blick vom Richard-Wagner-Museum Richtung See und Berge ist grandios. «Schauen Sie die Rigi, da bin ich als Bub mit meinem Grossvater nach der Heuernte hinaufgewandert», sagt Ruedi Schweizer. Seine Augen strahlen. Dann geht der Blick zum Bürgenstock. «Warum gehört er der Stadt Luzern? Weil die Luzerner sich hier früher Baumaterial beschafften, Stein und Holz!» Jetzt hätten reiche Katarer für 550 Millionen Franken ein Ressort auf den Berg geklotzt, «und hiesige Handwerker bleiben auf ihren Rechnungen sitzen». Schon ist Schweizer bei seinem Hauptthema: Er setzt sich für die Kleinen ein, jene, die an der Basis mit viel Engagement und Sorgfalt ehrliche, harte Arbeit verrichten – und die dann von den Mächtigen, aber auch von der staatlichen Bürokratie im Stich gelassen würden.

Schweizer ist selber Handwerker. Seine Auto-Carrosserie in Kriens kann er zurzeit aber nicht betreiben. Wegen gesundheitlicher Probleme. Zuletzt kam eine Herzoperation dazu. «Sie müssen sich meinem Rhythmus anpassen», sagt er und führt mich gemächlich über die leichte Anhöhe Richtung Schlössli Wartegg. Beim Pavillon auf halber Strecke hält er inne: «Den kann man mieten, einfach und unbürokratisch. Eine tolle Sache.» Einen Halt macht Schweizer auch beim Kindergarten weiter vorne. Er redet kurz mit der Kindergärtnerin. Danach meint er:

«Hier läuft alles wunderbar, dafür braucht es keine Bürokratiekontrollen.»

Schweizer gerät in Fahrt. Die Bürokratie im Stadthaus müsste man umgestalten, die Löhne der Stadträte bei 120'000 Franken deckeln. «Das ersparte Geld würde ich in die Arbeit und ins Soziale investieren. Eine Umverteilung von oben nach unten macht Sinn; wir müssen lernen, die Arbeit zu teilen, da immer mehr Menschen den Lebensraum teilen müssen.» Das CEO-Modell nach der Abzockermethode habe ausgedient, der Kapitalkommunismus sei keine gute Idee. Schweizer fährt mit seinem Rundumschlag fort:

«Die CEOs von VBL und EWL muss man entlassen: Für ihren Lohn kann man je drei neue Stellen schaffen, die mehr bringen.»

Die Chance, dass Schweizer in den Stadtrat gewählt wird, ist klein. Das weiss Schweizer selber. «Der Wahlkampf bietet mir eine Plattform, um Missstände aufzudecken», sagt er, «damit habe ich mein Minimalziel erreicht.» Natürlich würde er gerne in die Stadtregierung, sagt er, aber wenn es nicht klappe, werde er halt weiterhin als Bürger unbequeme Fragen stellen. Im Gesundheitswesen etwa kranke es arg, sagt er. Ambulant vor stationär sei ein Fehler: «Das führt nur zu mehr Notfällen, was die Kosten wieder in die Höhe treibt.» Den Medikamentenmissbrauch habe der Kanton überhaupt nicht im Griff: «Die Pharmaindustrie macht hier auf dem Rücken der Kranken und der Prämienzahler ihr grosses Geld.»

Wichtig sind Schweizer die Arbeitsplatzerhaltung für Arbeitslose über 50 sowie eine Mietzinsobergrenzen mit Vorkaufsrecht der Mieter. Zu den leerstehenden Bodum-Villen an der Obergrundstrasse in Luzern sagt er: «Anstatt sie verlottern zu lassen, soll der Stadtrat endlich die Baubewilligung erteilen, damit der Besitzer etwas Neues bauen kann.» Das Theater solle man renovieren und «vorne geschickt anbauen», anstatt wie Stadtpräsident Züsli Studie um Studie in Auftrag zu geben: «Das kostet nur und bringt nichts.»

Ruedi Schweizer ist ein Romantiker

Zuletzt auf unserer Wanderung stehen wir vor dem Schlössli Wartegg. In dessen Minnie-Hauk-Saal führt die Musikschule heute Schülerkonzerte durch. Das Schlössli hat für Schweizer eine besondere Bedeutung. «Als ich mich vor 27 Jahren mit meiner Carrosseriespenglerei selbständig machte, brachte die damalige Schlossabwartin ihr Auto zu mir in die Reparatur», erzählt er. «Es war einer meiner ersten Aufträge und so etwas wie der Startschuss für meine Arbeit, mit der ich schliesslich meine Familie ernähren konnte.» Die Abwartin habe ihn damals auch zu einem Klavierkonzert ihres Sohnes und zu einer Ausstellung mit «wunderbaren Landschaftsbildern» ihres Mannes ins Schlössli eingeladen. Dass die Stadt das Gebäude vor kurzem renoviert hat, freut Schweizer. Dann zeigt er auf eine alte Buche, die neben der Auffahrt zum Schlössli steht und mit roter Farbe gekennzeichnet ist. «Sie ist vom Pilz befallen und muss demnächst gefällt werden.» Und wer habe das gemerkt? «Natürlich nicht die Beamten im Stadthaus, sondern der Stadtförster vor Ort.»

Er hätte für unser Gespräch auch die Rösslimatt im Tribschenquartier wählen können, sagt Schweizer. Dort habe er bei einer Carfirma einst Lehrlinge ausgebildet. Sein Credo:

«Schüler sollen so gebildet werden, dass sie im Leben mit ihrer Arbeit glücklich sind.»

Was ist das Fazit unseres Gesprächs? Schweizer ist zwar ein Politiker, aber mehr noch ein Romantiker. «Auch wenn die Stadt Luzern irgendwann Konkurs gehen mag», sagt er, «die wunderschöne Wiese vor dem Richard-Wagner-Museum bleibt.»

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